Beim Lunch Talk am 18. September ging es um weibliche Gründerinnen. Dr. Kati Ernst sprach mit Andrea Petzenhammer.
Welche Hürden müssen Frauen beim Gründen überwinden? Welche Vorteile bringt es aber auch mit sich? Was ist das Erfolgsrezept einer erfolgreichen Kommunikation für Gründerinnen eines Start-ups?
Andrea Petzenhammer, Beisitzerin im DPRG-Bundesvorstand, sprach mit
Dr. Kati Ernst, Mitgründerin von ooia, derzeit stellv. Vorstandsvorsitzende im Startup-Verband und erfolgreiche Podcasterin des Podcasts „
Lifestyle of Longevity“.
Dies sind die Fakten mit Blick auf weibliche Gründerinnen:
- Derzeit gibt es nur 19 Prozent weibliche Gründerinnen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Diese sind einerseits kulturell, andererseits strukturell verankert. Beispielsweise spielt hier bereits die Art und Weise der Erziehung von kleinen Mädchen hinein und die allgemeine Erwartungshaltung, dass Frauen ein bestimmtes Rollenbild erfüllen sollten. Aber auch Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf können die Entscheidung für eine Unternehmensgründung erschweren. (Zu Vereinbarkeit von Familie und Beruf, siehe Positionspapier vom Startup-Verband, Verband der Unternehmerinnen in Deutschland und vom Bundesverband der Freien Berufe.)
- Über 90 Prozent des Risikokapitals in Deutschland gehen an reine männliche Gründungsteams. Die finanzielle Unterstützung von Teams mit Frauen verbessert sich allmählich, aber wir sind noch weit von einer fairen Vergabe entfernt.
- Zukünftig wird es notwendig sein, Unternehmertum als Vehikel für den gesellschaftlichen Wandel zu begreifen und zu leben. Wir sollten lernen, gesellschaftlichen Wandel und Unternehmertum zu fusionieren. Bei dieser Entwicklung können es sich Gesellschaft und Wirtschaft nicht leisten, auf den Impakt von Frauen zu verzichten.
Dr. Kati Ernst möchte folgende Erfahrungen und Empfehlungen gern an angehende Gründerinnen weitergeben:
- Bei Unternehmensberatungen kann man viel lernen und mitnehmen, was bei der späteren Gründung eines Unternehmens sehr hilfreich ist. Denn diese setzen auf Weiterbildung und vermitteln wertvollen Skills.
- Produktvorstellungen von Frauen erfahren nicht die gleiche Sichtbarkeit bzw. Aufmerksamkeit, wie die von Männern.
- Beim Pitchen werden unbewusst verschiedene Erwartungen an Frauen gestellt: sie sollen souverän und stereotyp wie Männer wirken, weil dies mit Erfolg gleichgesetzt wird. Wenn sich Frauen dann aber so verhalten, ist das wiederum suspekt (Hillary-Effekt).
Dr. Kati Ernst über Longevity
- Eine große Säule von Longevity ist die emotionale Gesundheit und ein großer Pfeiler von emotionaler Gesundheit sind Beziehungen, Begegnungen und das echte Leben. Um gesünder bzw. bewusster zu leben, ist eine Balance zwischen der Nutzung von digitalen Tools und dem realen Leben empfehlenswert. Beispielsweise SoMe-Hygiene (keine SoMe App auf dem Smartphone, sondern SoMe-Management ausschließlich am PC); eine Stunde Bewegung an der frischen Luft ohne Input, um Gedanken zu sortieren; Beziehungen im Leben priorisieren und pflegen.
Erfahrungen und Erkenntnisse zum Thema Kommunikation und Sichtbarkeit
- Frauen erfahren viel mehr Kritik und Hass im Onlinebereich als Männer. Wenn Frauen nach oben Netzwerken wird dies negativ, jedoch Männern positiv ausgelegt.
- Es hilft, eine Personal Brand aufzubauen, um das Unternehmen, aber auch das Produkt sichtbar zu machen. „Unser Erfolg bei der Gründung von ooia lag u. a. darin begründet, dass wir auf Kommunikationsebene organisches Social Media betrieben und gute PR erhalten haben. Wir erzählten unsere persönliche Gründerinnen-Story auf verschiedenen Kommunikationskanälen und fielen auf. Aber wir profitierten auch von einer guten PR-Quote, weil Gründerinnen in der Minderheit sind. Den Nachteil konnten wir in diesem Fall für uns positiv nutzen“, so Ernst.
- Dr. Kati Ernst stellt fest, dass rückblickend gesehen die Kommunikationsstrategie von ooia, die darauf fußte, die Gründerinnen in den Vordergrund zu stellen, richtig war. Dadurch ist das Unternehmen gewachsen. Es wurde gesellschaftlich sehr viel bewirkt. Auch wenn die Entkoppelung der Marke von ihr als Persönlichkeit derzeit eine Herausforderung darstellt, weil sie sich aus der operativen Geschäftsführung herausgezogen hat.
Trotz aller Widrigkeiten und Herausforderungen für Gründerinnen, lohnt sich dieser Schritt. Bei Dr. Kati Ernst überwiegen eindeutig die Vorteile: „Mein Gründen habe ich als wahnsinnige Freiheit erlebt, denn man kann alles selbst entscheiden. Das sind endlose Freiheitsgrade, die man in keinem Angestelltenverhältnis der Welt hat. Zudem ermöglicht ein Gründerdasein eine gewisse Flexibilität. Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist gegeben. Nicht zu vergessen: ein Gefühl von Selbstwirksamkeit.“