Please wait...
News / „Es geht immer ums Netzwerk.“
©Hamburger Abendblatt
05.05.2025   News
„Es geht immer ums Netzwerk.“
Der PR Club Hamburg wird 25. Zu seiner Blütezeit war er in der Hansestadt deutlich relevanter als die lokale DPRG und strahlte auch bundesweit. Ein Gespräch mit der Gründerin über Sichtbarkeit der Profession, verschlafene Trends und wie sich das Netzwerken verändert hat.
Die Lobby des Hotels Luis C. Jacob an der Hamburger Elbchaussee. Wo sonst sollte man sich mit Dagmar Winklhofer-Bülow treffen? Ein zeitloser Ort. Ein Raum, in dem die Zeit stillsteht und in dem Platz dafür ist, eine längere Spanne in den Blick zu nehmen. Das gediegene Haus am Elbufer ist auch ein Ort, an dem ganz viel Zeit gespeichert ist: Familienfeste hanseatischer Kaufleute etwa oder Panels mit Top-Leuten (nicht nur) der Hamburger Medien- und PR-Szene, bei denen hier in den Nullerjahren unter großer Anteilnahme über die Zukunft der Kommunikation sinniert wurde. Wie wenige andere Orte in Hamburg steht dieser Raum für den unbekümmerten Reichtum der Freien und Hansestadt und für ihre Eleganz – aber auch für Hamburgs arrogante Bräsigkeit und seinen tiefen Schönheitsschlaf, wenn es darum geht, mehr als eine wohlhabende, sich selbst genügende Provinz zu sein und als Wirtschaftsstandort in der Welt vorne mitzuschwimmen.
 
Was sagt eine Power-Netzwerkerin, die 1995 als junge Frau aus Leipzig in dieses Business-Biotop kam – nur ein paar hundert Kilometer, und doch eine ganz andere Welt – zur Gegenwart der Austausch-Formate in der Branche? Können wir unsere heute gefühlt sehr flüchtige und herausfordernde Zeit besser verstehen, wenn wir begreifen, woher wir kommen und was sich auf diesem Weg in einem Vierteljahrhundert getan hat?

Dagmar, wie siehst du die DPRG heute?
 
Ich finde es schön, wie sich die DPRG in den vergangenen Jahren wieder zu einem lebendigen Netzwerk für Kommunikationsleute entwickelt hat, das mit seiner inhaltlichen Agenda und seinen Formaten Orientierung im Beruf bietet. Gerade die Landesgruppe Nord, aber nicht nur die. Und ich freue mich über eine intensive Kooperation mit dem PR Club Hamburg.

Heißt das, man müsste den PR Club Hamburg, der in diesen Tagen sein 25-jähriges Bestehen feiert, heute gar nicht mehr gründen?
 
Als ich am 10. April 2000 im Interconti an der Außenalster – das ist übrigens längst abgerissen (lacht) – vor Hamburger Kommunikationsleuten unsere Idee präsentierte und 17 schlaflose Nächte später 220 Personen zur offiziellen Gründung des PR Club Hamburg kamen, ging es ja nicht bloß darum, eine Alternative zu der damals in der Tat schwachen DPRG in Hamburg zu schaffen. Wir wollten ein Forum kreieren, in dem alle PR-Leute – nicht nur die aus Agenturen – sich wiederfanden, austauschten, weiterbilden konnten. Und sichtbar wurden.

Waren sie denn vorher nicht sichtbar?
 
Nicht in Hamburg. Hamburg galt als Hauptstadt von „Multimedia“, wie man es damals nannte, und als Metropole der Werbung. Als ein befreundeter Designer unser Logo entwarf, musste ich ihm erklären, was „PR“ ist. Ich habe sogar die Aussprache buchstabiert, das musst du dir mal vorstellen. Als große Standorte der PR in Deutschland galten damals München und Köln – und Frankfurt mit der Finanzmarktkommunikation. In Berlin formierte sich die Szene gerade. Wir fanden: Hamburg sollte nicht wieder einen Zug verpassen. Hier gab es ja durchaus Top-Agenturen wie Bönig & Yamaoka, IPR&O, Wilkens oder MMK. Diese und andere große Namen mögen nach Fusionen und Häutungen inzwischen vergessen sein, aber ihre DNA und viele der dort geprägten Leute wirken heute an führenden Stellen in der Branche.

Wie war es für dich, in den Neunzigern aus der früheren DDR in „den Westen“ zu kommen? So auf „berufskultureller“ Ebene?
 
In Hamburg trugen alle Männer Zweireiher mit Goldknöpfen. Im Osten hatte ich der Gründungsmannschaft des MDR angehört, Radio Brocken und Radio SRW mit aufgebaut. Ich kam gefühlt aus der Revolution, und mir war es immer wichtig, mein eigenes Geld zu verdienen. Mein Engagement für berufliche Vereinigungen hat mich übrigens so manchen eigenen PR-Kunden gekostet. Im Rückblick war es das wert.

Inwiefern?
 
Ich wollte Dinge aufbauen und Benchmarks setzen. Und auf keinen Fall eine „PR-Husche“ werden.

Begonnen hast du dann mit Heinz Oberlach, damals Pressesprecher der HHLA, und ein paar anderen unter dem Dach des Deutschen Journalistenverbandes als „APÖ“: Arbeitskreis Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
 
Richtig. Aber wir PR-Leute fanden im lokalen Verein der Journalistinnen und Journalisten keine richtige Heimat. Um nicht zu sagen: Man war sich spinnefeind. Außerdem fanden Heinz und ich im PR-Segment des DJV ausschließlich Karteileichen, im Wortsinne. Um die Jahrtausendwende merkten wir einfach, dass die Zeit reif war für einen „PR-Club“. Von den Verbündeten, ohne die es damals nicht gegangen wäre, seien nur zwei genannt: Dietrich Schulze van Loon, der jeden von der Idee eines PR Club Hamburg begeisterte, und Heiko Floeter, damals beim Deutschen Ring, der ein wichtiger Förderer wurde.

„Hamburg macht PR“: Mit diesem etwas simplen Slogan wirbt der PR Club Hamburg noch heute.
 
Ausgedacht hat sich den mein Sohn Fabian Winklhofer. Wir wollten zeigen, dass Hamburg Schrittmacher bei dieser Disziplin ist, deren Aufstieg erst begonnen hatte. Als der damalige Wirtschaftssenator Thomas Mirow in seiner Gründungsrede unseren Berufsstand als „wirtschaftlichen Standortfaktor“ bezeichnete, ging mir das Herz auf.

Wie war die Wahrnehmung des eigentlich ja lokalen PR Clubs jenseits von Hamburg?
 
Wir hatten bundesweite Aufmerksamkeit und Speaker wie Gäste von überall. Mindestens zwei Veranstaltungen pro Woche und Wartelisten. Nach den ersten acht Jahren habe ich mal alle bisherigen Speaker aufgelistet und kam auf mehr als 250.

Heute bist du Ehrenpräsidentin des PR Club Hamburg. Aber gegen Ende der Nullerjahre bist du dort nicht im Guten ausgestiegen.
 
Reden wir bitte von etwas anderem. Es war eine schwierige Zeit, in der andere den PR Club Hamburg übernahmen. Heute bin ich froh, dass der Club lebt und interessante Themen und Veranstaltungen anbietet.

Aber wer dich kennt, könnte meinen: Dir fehlt der „bundesweite Glamour“…
 
Wie gesagt: Alles hat seine Zeit.

Stichwort: PR im Wandel der vergangenen 25 Jahre. Was waren die größten Veränderungen aus deiner Sicht?
 
Es ist schon häufig strapaziert worden, aber total zutreffend: Früher kreiste der Beruf um das berühmte ledergebundene Notizbuch mit möglichst vielen möglichst guten Kontakten zu Medien und Politik, und es wurden vorwiegend weiche Faktoren wie „Vertrauen“ betont. Heute ist Kommunikation sehr viel mehr von Technik geprägt und von harten KPIs. Früher wurden in erster Linie Botschaften gesendet, heute musst du den Adressaten und seine Welt viel mehr in den Mittelpunkt stellen. Früher konntest du erfolgreiche Medienarbeit vor allem über gute Fotos machen, heute musst du viel mehr darauf achten, dass deine Story ankommt – bei den vielen unterschiedlichen Formaten, die es inzwischen gibt. Das sind aus meiner Sicht die wesentlichen Veränderungen in ganz groben Zügen.

Und vor 25 Jahren gab es keine Social Media.
 
Stimmt. Aber das finde ich überbewertet. Social Media muss man selbstverständlich bespielen können, aber die sind nur „dazugekommen“. In meiner Welt geht es immer ums Netzwerk. Und da ist das persönliche Netzwerk durch nichts zu ersetzen.

Trotzdem scheint die Blüte regelmäßiger Präsenz-Veranstaltungen, auf die sich der PR Club Hamburg und auch die DPRG jahrzehntelang stützten, vorbei.
 
In der Masse bestimmt, auch weil sich seit der Pandemie weitere Formate eingebürgert haben, die einfach praktisch sind. Alles verändert sich. Aber es geht doch nichts über ein gutes Gespräch.

Mit Dagmar Winklhofer-Bülow sprach Sebastian Vesper

Foto:
Gründung im April 2000. Dagmar Winklhofer-Bülow mit den Kollegen Wolfgang Raike und Jürgen Braatz sowie Hamburgs Wirtschaftssenator Thomas Mirow.
Branchenpartner
Die NEWS der DPRG werden unterstützt von
Sie wollen immer auf dem Laufenden sein? Bestellen Sie jetzt unseren Newsletter!