Wie erfüllen Berufseinsteiger die Erwartungen von Kommunikationsagenturen und Beratungen? Das hat Ann-Kathrin Bonin untersucht.
Das Gespräch komplettiert die dreiteilige Serie zu Bachelor-Arbeiten, die aus verschiedenen Perspektiven um dieses Thema kreisen und beim DPRG Takeoff 2025 Ende Januar in Leipzig vorgestellt wurden.
Unter dem Titel „Berufsfeld Kommunikationsberatung – Eine qualitative Befragung von Kommunikationsagenturen und Beratungsunternehmen in Deutschland zur Beurteilung von Berufseinsteigern“ hast du untersucht, wie Berufseinsteiger die Anforderungen in Kommunikationsberatungen erfüllen. Kannst du die wichtigsten Ergebnisse kurz zusammenfassen?
Für meine Bachelorarbeit durfte ich 14 HR-Verantwortliche und Geschäftsführer:innen aus Kommunikationsagenturen und Beratungsunternehmen mit Sitz in Deutschland interviewen. Die Daten habe ich anschließend qualitativ ausgewertet. Es war also ein erster Ansatz, dieses noch recht unerforschte Feld explorativ anzugehen, aber die Ergebnisse sind nicht als repräsentativ zu betrachten.
Dennoch ließen sich einige Tendenzen erkennen. Ich habe meine Interviewpartner:innen unter anderem zur Leistung der Berufseinsteiger:innen in ihrem Beratungsunternehmen oder ihrer Agentur befragt. Diese wird vom Großteil als gut bis sehr gut beurteilt, selbst wenn es natürlich immer individuelle Unterschiede gibt. Auch wurde von einer hohen Motivation der Young Professionals berichtet und von häufig deutlichen Stärken in der Teamarbeit.
Mehrere Befragte betonten, dass die Beurteilung im Wesentlichen davon abhinge, wie viel Berufserfahrung die Berufseinsteiger:innen mitbrächten – sei es durch vorherige Praktika oder Werkstudierendentätigkeiten.
Du hast festgestellt, dass Berufseinsteiger:innen in der Kommunikationsberatung in der Regel die an sie gestellten Anforderungen erfüllen. Welche Kompetenzen sind dabei aus Sicht der Arbeitgeber besonders wichtig und in welchen Bereichen gibt es noch Entwicklungsbedarf?
Als besondere Stärken der Berufseinsteiger:innen wurden beispielsweise Analyse- und Recherchefähigkeiten sowie digitale Kompetenzen, insbesondere im Umgang mit Social Media, hervorgehoben. Ein HR-Manager betonte, dass in diesem Bereich die älteren Kolleg:innen auf die jüngeren mit einem besseren Gespür für Social Media hören sollten. Außerdem nehmen die meisten Befragten wahr, dass die Berufseinsteiger:innen die in der Kommunikationsberatung besonders essenzielle Offenheit für verschiedene Themen und Aufgabenbereiche mitbringen.
Es zeichneten sich jedoch einige Bereiche ab, die ausbaufähig sind: So falle es vielen Berufseinsteiger:innen schwer, ihre Zeit und ihre Aufgaben eigenständig zu managen, hieß es. Ebenso stellen einige Interviewte Mängel bei der Sorgfalt der Arbeit, insbesondere bei der Rechtschreibung, fest. Soziale Unsicherheiten werden bei den Young Professionals ebenfalls beobachtet, zum Beispiel eine große Zurückhaltung dabei, offen und ehrlich Feedback zu geben.
Aufbauend darauf: Gibt es bestimmte Kriterien oder Schwerpunkte, die Arbeitgeber bei der Beurteilung von Berufseinsteiger:innen besonders in den Vordergrund stellen?
In den von mir geführten Interviews wurde besonders viel Wert auf die Soft Skills der Berufseinsteiger:innen gelegt. Alles Handwerkliche könne man lernen, hörte ich öfters, aber bestimmte persönliche Eigenschaften, zum Beispiel Neugier und Offenheit, ebenso wie soziale Kompetenzen sollten vorhanden sein, sonst würden beide Seiten nicht glücklich. Es fiel öfter der Begriff „Mindset“. Das trifft es wahrscheinlich ganz gut: Schließlich ist nicht jede Person für die Tätigkeit in der Kommunikationsberatung geschaffen.
Neben der Leistung hast du auch das Potenzial von Berufseinsteigern:innen untersucht. Welche Faktoren sind für die Bewertung des Entwicklungspotenzials besonders wichtig, und wie beeinflusst das die nächsten Schritte von Nachwuchskräften in der Branche?
Ebenso wie die Leistung wurde das Entwicklungspotenzial der Berufseinsteiger als sehr gut beschrieben. Dabei spielt für die Befragten vor allem die Eigeninitiative der Young Professionals eine wichtige Rolle: sei es, eigenständig mehr Verantwortung zu übernehmen, oder proaktiv herauszufinden, was für den nächsten Karriereschritt erforderlich ist. Regelmäßig könnten Traineeships oder Volontariate verkürzt werden, weil die Berufseinsteiger:innen schon weit genug für eine Juniorstelle seien. Manche Young Professionals seien aber etwas zu ungeduldig mit dem Sprung auf die nächste Hierarchiestufe; die HR-Verantwortlichen müssten dann bisweilen etwas bremsen.
Wie nehmen Arbeitgeber die Haltung von Berufseinsteiger:innen gegenüber ihrer beruflichen Rolle wahr und welche Herausforderungen oder Chancen ergeben sich daraus für die Zusammenarbeit
Das war sehr spannend: Der Schwerpunkt meiner Arbeit lag in der Beurteilung der Leistung und des Potenzials der Berufseinsteiger aus Sicht der HR-Verantwortlichen und Geschäftsführer:innen. Dennoch haben fast alle Befragten von sich aus die Haltung der Berufseinsteiger:innen zu ihrer Tätigkeit und ihrem Arbeitgeber angesprochen. Dies bezog sich einerseits auf Erwünschtes wie etwa den positiven Beitrag der Young Professionals zur Unternehmenskultur. Gerade bei Aspekten wie Nachhaltigkeit und Diskriminierungssensibilität brächten sich die Berufseinsteiger:innen aktiv ein, wovon das ganze Unternehmen profitiere.
Andererseits wurden aber auch aus Arbeitgebersicht eher kritische Punkte thematisiert. Mehrere Befragte schilderten, dass die Berufseinsteiger:innen sich und ihre Kompetenzen oft überschätzen würden. Auch die gestiegenen Erwartungen an den Arbeitgeber bei Gehalt, Karriereentwicklung und Arbeitszeiten kamen zur Sprache. Außerdem scheint viele Kommunikationsagenturen und Beratungsunternehmen zu beschäftigen, dass die Akzeptanz von Traineeships und Volontariaten sinkt.
Aus Arbeitgebersicht meist der erste Schritt ins richtige Berufsleben, sehen viele Berufseinsteiger:innen diese Stufe scheinbar eher als Rückschritt. Es bleibt spannend, wie die Entwicklung in diesem Bereich weitergeht und wie die wechselseitigen Erwartungen angehende Arbeitsverhältnisse sowie den Berufseinstieg in der Kommunikationsberatung insgesamt formen werden.
In deiner Arbeit zeigst du Unterschiede zwischen heutigen und früheren Berufseinsteiger:innen auf. Welche Veränderungen in der Beurteilung hast du dabei festgestellt?
Ich habe die HR-Verantwortlichen und Geschäftsführer:innen gebeten, die Beurteilung heutiger und früherer Berufseinsteiger:innen zu vergleichen. Obwohl sich alle einig waren, dass die Leistung und die Leistungsbereitschaft heutiger Young Professionals hoch seien, nehmen sie doch eine sinkende Bereitschaft zu Überstunden oder zur Übernahme zusätzlicher Projekte im Vergleich zu früher wahr. Das stünde deutlich im Kontrast zu den gestiegenen Erwartungen der Berufseinsteiger:innen, so die Befragten. Ebenso sei die Stressresistenz heutzutage geringer und die Schwierigkeiten, sich als Berufseinsteiger:in in eine Vollzeitstelle einzufinden, seien größer. Gleichzeitig brächten die Young Professionals ein höheres fachliches Niveau und eine bessere Ausbildung mit.
Welche Rolle können Berufsverbände wie die DPRG aus deiner Sicht dabei spielen, den Einstieg von Nachwuchskräften in die Kommunikationsberatung zu erleichtern?
Ich kann mir vorstellen, dass vor allem die Vernetzungsmöglichkeiten eine große Chance sind. Viele Berufseinsteiger:innen haben bereits Praktika gemacht oder während des Studiums gejobbt. Dennoch ist es etwas anderes, plötzlich in Vollzeit und mit größerer Verantwortung zu arbeiten. Der Austausch mit anderen Young Professionals, die den Berufseinstieg erfolgreich gemeistert haben, ist mit Sicherheit eine große Bereicherung für alle, die frisch aus der Uni kommen und erst einmal ihren Weg finden müssen. Darüber hinaus sind natürlich Workshops, Weiterbildungen oder der Junior Award großartige Möglichkeiten, sich auszuprobieren und Kompetenzen aufzubauen, von denen die Young Professionals selbst, aber auch die Arbeitgeber später profitieren.
Zum Abschluss eine persönliche Frage: Was nimmst du aus den Ergebnissen der Arbeit für deinen eigenen Berufseinstieg mit?
Mir haben die Interviews gezeigt, wie wichtig es ist, bereits während des Studiums möglichst viel Praxiserfahrung zu sammeln, aber auch mit potenziellen Arbeitgebern in den Austausch zu gehen: Was wünschen sie sich von Berufseinsteiger:innen? Worauf sollte ich als Einsteigerin bei einer Bewerbung achten? Und was erhoffe ich mir selbst von meinem Start ins Berufsleben? Von diesem Dialog profitieren am Ende beide Seiten – die Berufseinsteiger:innen ebenso wie die Arbeitgeber.
Redaktion: Nina Höhler
Dreiteilige Serie zu Bachelor-Arbeiten: