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Mirjam Berle
09.03.2025   Glosse
Vertrauen verspielen leicht gemacht
Aktuell ist viel von verlorenem Vertrauen die Rede – aber wie gerät es eigentlich ins Wanken?
„Vertrau mir!“ – zwei Worte, die je nach Kontext Brücken bauen oder einreißen können. Denn während aufrichtiges um Vertrauen bitten Beziehungen stärken kann, wirkt das bloße Einfordern oft kontraproduktiv. Vertrauen entsteht nicht zuletzt durch die Balance aus ehrlichen Worten und konsequente Taten. Aktuell ist viel von verlorenem Vertrauen die Rede – aber wie gerät es eigentlich ins Wanken?
 
Die meisten Fallstricke sind erstaunlich simpel. Gern genommen ist die flexible Wahrheitsfindung. Heute so, morgen so – Hauptsache, es passt gerade. Was interessiert schon mein Geschwätz von gestern, wenn mich heute eine andere Wahrheit weiterbringt?
 
Auch heikel: Indiskretion als vermeintlichen Vertrauensbeweis. „Das bleibt unter uns, aber…“ – nichts signalisiert deutlicher, dass man Geheimnisse als Währung einsetzt. Wer einmal weitertratscht, tut es bestimmt auch wieder. Und wer jetzt an die begehrten und oft eingesetzten Durchstechereien denkt, liegt vermutlich auch nicht ganz falsch.
 
Feinsinnige Untergraber setzen auf die subtile Kunst des Bloßstellens. Ein Augenrollen in der Teamsitzung, ein süffisantes „Ach, der/die schon wieder…“ – kleine Gesten, große Wirkung. Wer andere gezielt ins Abseits stellt, darf sich nicht wundern, wenn am Ende niemand mehr das Bedürfnis hat, mitzuspielen.
 
Nicht zu vergessen: Versprechen machen – und nicht einhalten. „Ich kümmere mich drum!“ – nur problematisch, wenn das Gesagte nicht mit dem Getanen übereinstimmt. Wer regelmäßig Erwartungen enttäuscht, riskiert mehr Brücken einzureißen, als hierzulande gerade saniert werden.
 
Ein zweischneidiges Schwert: Zurückhaltung mit Informationen. Während „Da kann ich jetzt nicht ins Detail gehen" manchmal legitimen Vertraulichkeitsschutz bedeutet, kann dieselbe Phrase auch als Nebelkerze dienen. Der Unterschied liegt oft in der Intention – und die spüren wir instinktiv. Wir erinnern uns häufiger, wie wir uns beim Gesagten gefühlt haben, als an die Details des Gesagten selbst.
 
Diese genannten Gratwanderungen bringen nicht nur im Berufsalltag, sondern auch in der Politik einiges an Vertrauen ins Wanken. Wie effektiv Versprechen gebrochen, Allianzen hintergangen und Fakten flexibel ausgelegt werden können, hat der jüngste Wahlkampf eindrucksvoll gezeigt. Mal sehen, wie lange es dauert, bis aus dem hektisch zusammengezimmerten Miteinander wieder echtes Vertrauen entsteht.
 
Das Problem mit Vertrauen ist doch oft: Es kommt auf leisen Sohlen und geht mit lautem Getöse. Und während es schnell zerstört ist, braucht es oft Jahre, um wieder aufgebaut zu werden. Vielleicht sollte man also lieber von Anfang an behutsam mit diesem kostbaren Gut umzugehen – ehrlich, wenn nötig auch zurückhaltend, aber stets mit aufrichtigen Absichten.
 
Kontakt zur Autorin: kontakt@mirjam-berle.de
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