„I'll have what she's having" – der legendäre Satz aus "Harry und Sally" bringt es auf den Punkt: Wir Menschen sind kompliziert, wenn es ums Gönnen geht.
Neidisch sein und Schadenfreude sind seltsam populär – sei es beim Anblick der Nachbarsfamilie, die ihren SUV kaum in die Garage bekommt, oder des Lastenradfahrers, der auf dem Bürgersteig scheitert. Echte Mitfreude hingegen? Die fällt vielen erstaunlich schwer.
Interessant, dass ausgerechnet wir Deutschen der Welt das Wort "Schadenfreude" geschenkt haben – ein Begriff, der es unübersetzt ins Englische geschafft hat. Vielleicht, weil diese besondere Freude am Missgeschick anderer so typisch deutsch ist, dass sich dafür keine passende Übersetzung finden ließ.
Doch während wir die Schadenfreude exportiert haben, blieb die "Freudenfreude" – die Fähigkeit, sich aufrichtig am Glück anderer zu erfreuen – ein wenig auf der Strecke. Im Englischen kommt sie vor, aber kennen tun sie nur wenige. Womöglich, weil echtes Gönnen können eine Kunst ist, die auch über Landesgrenzen hinweg mehr Übung braucht als ein schadenfrohes Grinsen?
"Gönn dir!", rufen wir anderen zu – und ergänzen insgeheim: "Aber bitte nicht zu viel!" Denn sobald jemand sich mehr gönnt als wir selbst, wird's schwierig mit der Freude. Da wandert der Blick schnell vom eigenen Teller zum Nachbartisch – und plötzlich schmeckt das eigene Essen nur noch halb so gut.
Dabei könnte es so einfach sein: Wenn andere sich freuen, multipliziert sich die Freude – kostenlos und ohne Nebenwirkungen. Eine Win-win-Situation, die keine Verlierer kennt. Außer vielleicht das eigene Ego, das kurz schlucken muss.
In diesem Sinne: Gönnen wir uns doch öfter mal die "Freudenfreude". Damit auch sie in der Welt eine Heimat findet – als Gegengift zur Schadenfreude. Denn mal ehrlich: Was fühlt sich besser an? Das hämische Grinsen über fremdes Pech oder das warme Gefühl im Bauch, wenn wir uns mitfreuen dürfen?
Also: Gönn dir! Und anderen auch. Die Freude wird's dir danken.
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