Wenn der CEO über Nacht wechselt
Ein plötzlicher Wechsel an der Unternehmensspitze gehört zu den großen Herausforderungen in der Krisenkommunikation. Als im Juli vergangenen Jahres bei C&A überraschend die CEO-Position neu besetzt wurde, stand Betty Kieß vor genau dieser Aufgabe. Wie das Traditionsunternehmen den abrupten Führungswechsel meisterte, darum ging es in unserem Lunch Talk.
C&A, eines der ältesten familiengeführten Modeunternehmen Europas, sah sich im Juli 2024 mit einem abrupten Wechsel in der Unternehmensführung konfrontiert. Die damalige CEO, die für ihre proaktive Medienarbeit bekannt war, trat zurück, um sich neuen Aufgaben zu widmen. An ihre Stelle trat interimistisch ein Mitglied der Gründerfamilie, Edward Brenninkmeijer.
Für Betty Kieß und ihr Team bedeutete dies, kurzfristig eine umfassende Kommunikationsstrategie zu entwickeln, die sowohl interne als auch externe Stakeholder adressierte. Die Kommunikationsabteilung entschied sich für eine klassische Kommunikationskaskade, beginnend mit der persönlichen und sehr zeitnahen Ansprache der Schlüsseljournalist:innen, mit denen C&A in der Vergangenheit engzusammengearbeitet hatte. “Wir wollten das Narrativ bestimmen, die Geschichte aus unserer Perspektive erzählen und Gerüchten vorbeugen”, erläutert Kieß. Die persönliche Beziehung zu den Journalist:innen half dabei, Verständnis für die Situation zu schaff en und Vertrauen zu erhalten.
Intern setzte das Unternehmen auf direkte Kommunikation durch einen persönlichen Brief des neuen CEOs an alle Mitarbeitenden. Die Tatsache, dass erneut ein Mitglied der Gründerfamilie die Führung übernahm, wurde von vielen langjährigen Mitarbeiter:innen positiv aufgenommen und als Signal der Stabilität gedeutet.
Mit dem neuen CEO änderte sich auch die Kommunikationsphilosophie des Unternehmens. Während die vorherige CEO offensiv den Kontakt zur Presse suchte, bevorzugte Brenninkmeijer eine eher zurückhaltendere, stärker interne Ausrichtung. “Es war ein 360-Grad-Schwenk in unserer Kommunikationsstrategie”, beschreibt Kieß den Wandel.
Dieser Wechsel stellte das Kommunikationsteam vor neue Aufgaben. Anstatt den CEO als Gesicht des Unternehmens zu positionieren, wurden im Rahmen einer neuen Spokesperson-Policy nun andere Führungskräfte und Expert:innen als Sprecher:innen aufgebaut.
Trotz der Herausforderungen sieht Kieß in der Veränderung auch immer die Learnings und die Chance, sich neu zu erfinden und das Beste aus der Situation zu machen.
So wurden unter anderem auch einige neue Formate entwickelt - insbesondere die sogenannten “Coffee Chats” mit dem CEO haben sich als sehr erfolgreich erwiesen: In kleiner Runde haben Mitarbeitende die Möglichkeit, direkt mit Brenninkmeijer ins Gespräch zu kommen. “Das stärkt das Vertrauen und fördert den Austausch auf Augenhöhe”, so Kieß abschließend.
Für die PR-Branche stellt sich die Frage, wie Kommunikator:innen in Zeiten ständiger Veränderungen agil bleiben und dennoch klare Botschaften vermitteln können. Der Fall C&A liefert hierfür wertvolle Einblicke und unterstreicht die Bedeutung von Flexibilität, proaktiver Kommunikation und einem starken internen Fokus.