Hinterher ist man immer schlauer. Oder doch schon vorher?
Prof. Dr. Romy Fröhlich beim Feierabend-Talk der DPRG Bayern: Zur Wahl des US-Präsidenten.
Fünf Tage vor der Wahl in den USA sprach Prof. Dr. Romy Fröhlich, Kommunikationswissenschaftlerin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, im Feierabend-Talk der DPRG Bayern über „Herausforderungen der Strategischen Kommunikation“. Mehr als 80 Kommunikations-Profis aus dem gesamten Bundesgebiet hatten sich angemeldet. Und die kritische Beobachterin der internationalen PR- und Journalismus-Praxis nahm kein Blatt vor den Mund.
Der Wahlkampf habe einen neuen Tiefpunkt der politischen Kultur markiert. Die Emotionalisierung sei unerträglich. Dass dies Erfolg habe, hinge auch mit der Medienlandschaft in den USA zusammen: Die ausschließlich private Eigentümer-Struktur führe zu einer Verschärfung bestehender Gegensätze. Es gebe kaum noch lokale Tageszeitungen. Viele ländliche Gegenden seien regelrechte "news deserts". Anzeigenblätter hätten mit Journalismus nichts zu tun. Die TV-Sender hätten sich an die beiden politischen Lager angepasst und wirkten wie Katalysatoren. Und die sozialen Medien mit ihren Filterblasen und Echokammern heizten die Polarisierung weiter an.
Auf die Frage, was die deutsche Politik daraus lernen könne, outete Fröhlich sich als Fan des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Er sei aus staatspolitischen Gründen unverzichtbar. Rufen nach einer Senkung der GEZ-Gebühren hielt sie entgegen, dass es sich dabei weniger um eine Nutzungsgebühr als vielmehr um eine Abgabe handele. Straßen und Kindergärten würden auch von allen finanziert, unabhängig davon, ob sie genutzt werden.
In der Politikkommunikation sei das Erklären schwieriger geworden. Umso wichtiger sei, dass alle Akteure ohne Schaum vorm Mund agieren. Die Bevölkerung halte den ewigen Streit nicht mehr aus. Forderungen nach mehr Medienbildung für die Jugend erteilte Fröhlich eine Absage. Es werde genug unternommen. Woran es mangele, sei die Medienkompetenz der älteren Generation.
Mit Blick auf die kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten verwies Romy Fröhlich auf die unglaublichen Schwierigkeiten der Medien, neutral zu berichten. Auch wenn die Kommunikation der Akteure von Widersprüchen geprägt sei, mahnte sie die Deutschen zu absoluter Zurückhaltung.
Für mögliche Friedensverhandlungen im Nahen Osten wie in der Ukraine spielten internationale NGOs eine große Rolle. Das sei ihre zentrale Erkenntnis aus einem mehrjährigen EU-Forschungsprojekt über die Rolle der Medien bei gewaltsamen Konflikten.
Der Unternehmenskommunikation riet sie, getrennt vom Marketing zu agieren. Stile und Mechanismen seien zu unterschiedlich. Wichtiger sei, die Sprache des Managements zu sprechen. Zum Schluss forderte die Autorin der „Freundlichkeitsfalle“ mehr Selbstbewusstsein von Frauen in Kommunikationsberufen. Dass sie in der Mehrheit seien, liege nicht an ihrer Kommunikationskompetenz. Männer wollten schlicht nicht in schlechter bezahlten „Frauenberufen“ arbeiten.
Erfrischend und erhellend!
Text: Prof. Dr. Michael Bürker, Co-Vorsitzender der DPRG-Landesgruppe Bayern