Hinter den Kulissen beim Hamburg Airport
Zwischen Krisenmanagement und Klimaschutz: Ein Bericht von Fabian Virgil (Co-Vorsitzender LG Norddeutschland).
Ganz hinten im Terminal 1 des Hamburg Airports, vorbei am Reisemarkt und den Gebetsräumen im zweiten Obergeschoss, liegt etwas versteckt hinter einer Brücke über Gate C07 der Zugang zu einer Luftfahrt-Abenteuerwelt. Eine Indoor-Landebahn führt Besucherinnen und Besucher zur Modellschau des Flughafens. An diesem sonnigen Septemberabend warten hier aber nicht nur Flugzeuge, Rollwege und Fluggastbrücken im Maßstab 1:500 auf Besucher, sondern auch Katja Bromm, Leiterin Kommunikation, und Johannes Scharnberg, Kommunikations- und Politikchef der Flughafen Hamburg GmbH, gemeinsam mit ihrem Team. Der Grund: die Landesgruppe Norddeutschland der DPRG ist zu Gast, um über den kommunikativen Spagat zwischen Urlaubsfreude, Faszination Fliegen und Klimadebatte zu sprechen.
Als fünftgrößter Flughafen Deutschlands ist Hamburg Airport eine „Stadt in der Stadt“: Über 14 Millionen Passagier:innen jährlich, mehr als 120.000 Starts und Landungen, über 250 Firmen und fast 1.800 eigene Beschäftigte sorgen für unzählige Geschichten. Katja Bromm kann viele dieser Geschichten aus erster Hand erzählen. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet sie am Flughafen. In dieser Zeit hat sie viel erlebt, gesehen und für den Flughafen nach außen kommuniziert. Über mangelnde mediale Aufmerksamkeit können sie und ihr gut zehnköpfiges Team nicht klagen. Im Gegenteil, die Berichterstattung ist immens, vor allem wenn am Flughafen mal nicht alles nach Plan verläuft.
Zum Beispiel beim „Koffer-Chaos“ im Sommer 2022: Damals strandeten in Hamburg in der Spitze bis zu 2.000 herrenlose Gepäckstücke. Die Ursache? Rush-Gepäck! Personalmangel und ein erhöhtes Reiseaufkommen führten europaweit dazu, dass tausende Gepäckstücke nicht rechtzeitig verladen werden konnten und nachgeschickt werden mussten. „Das lag aber nicht originär an unseren Kapazitäten“, erklärt Bromm. Immerhin kann die Gepäckförderanlage am Hamburg Airport bis zu 8.700 Gepäckstücke pro Stunde abfertigen und sortieren. Die Verantwortung für das Gepäck liegt aber bei den Fluggesellschaften. „Und wenn die Lufthansa bei Umsteigeverbindungen das Gepäck nicht rechtzeitig verladen kann, wird es auf einen späteren Flug umgebucht. Am Zielflughafen stapeln sich dann die Koffer“, sagt Bromm. Solche komplexen Zusammenhänge den Medien zu erklären, ist manchmal schwierig. Denn im Zweifel klickt die plakative Schlagzeile mehr als der differenzierte Faktenbericht.
Schlagzeilen machte der Flughafen Hamburg auch im November 2023. Damals durchbrach ein bewaffneter Mann gegen 20 Uhr mit seinem Auto ein Tor zum Vorfeld, nahm seine Tochter als Geisel und lieferte sich über 18 Stunden ein Stand-off mit der Polizei. „Amok-Alarm in Hamburg“ titelte damals die Bild-Zeitung. Während der Geiselnahme kam der Flugbetrieb komplett zum Erliegen, der Flughafen wurde abgeriegelt. Mittendrin: Katja Bromm und ihr Team. Die ganze Nacht bearbeiteten sie Medienanfragen, verfassten in enger Abstimmung mit dem Krisenstab Stellungnahmen, bearbeiteten hunderte E-Mails und beantworteten noch mehr Anrufe. Sie unterstützten ihren damaligen Geschäftsführer Michael Eggenschwiler mit Sprachregelungen und ständiger Beratung – jedes Wording genau im Blick. Eine Nacht ohne Schlaf und – bedingt durch den Lockdown – ohne Essen, die Bromm und ihre Kolleg:innen nie vergessen werden.
Ortswechsel: Johannes Scharnberg steht mit einem Handmikrofon bewaffnet in einem Bus des Besucherservices, umringt von DPRG-Mitgliedern und Gästen in neongelben Sicherheitswesten. Die Gruppe ist vom Terminal aus zu einer Vorfeldrundfahrt aufgebrochen: vorbei an Boeing- und Airbus-Maschinen, der Flughafenfeuerwehr und dem Nordtor, Schauplatz der Geiselnahme von vor einem Jahr. Scharnberg spricht auf der Tour über emissionsfreie E- und H2-Gepäckschlepper, über CO2-freie Wärmeversorgung, smarte LED-Beleuchtung und einen eigenen Windpark zur Stromversorgung. Denn in seiner Rolle als Director Corporate Communications, Political and Environmental Affairs ist er auch für den Umweltschutz am Hamburg Airport verantwortlich und zeichnet an diesem Abend ein ambitioniertes Bild. „Schon seit 2021 wirtschaften wir am Flughafen CO-2-neutral, jetzt gehen wir noch einen entscheidenden Schritt weiter“, so Scharnberg. „Bis 2035 wollen wir komplett ohne Kompensation auskommen und die fossilen CO2-Emissionen durch technische Umstellungen und Energieeinsparungen auf null reduzieren.“
Das betrifft allerdings zunächst nur den Betrieb der Flughafengebäude, -anlagen und -fahrzeuge, also Scope 1 und 2. Scope 3, die CO2-Neutralität der Flugzeuge, ist eine ganz andere Herausforderung. Aber auch dieser stellt sich der Hamburg Airport gemeinsam mit verschiedenen Partnern. „Mit Projekten wie dem Hydrogen Aviation Lab, dem Airbus Hydrogen Hub und der Entwicklung einer Wasserstoff-Roadmap in Zusammenarbeit mit dem DLR arbeiten wir an unserer Vision einer CO2-neutralen Luftfahrt“, erklärt Johannes Scharnberg. Für Katja Bromm und ihre Kolleg*innen bedeutet die Klimaschutzstrategie „Net Zero 2035“ noch mehr spannende und inspirierende Geschichten für die Zukunft. Man darf gespannt sein, welche davon als nächstes erzählt werden.
Die Landesgruppe Norddeutschland und ihr Vorstand danken Katja Bromm, Johannes Scharnberg und ihren Kolleg*innen ganz herzlich für die einzigartigen Blicke hinter die Flughafen-Kulissen und den spannenden Austausch.
Foto:
Johannes Scharnberg (2. v. r.) spricht über die Klimaschutzstrategie „Net Zero 2035“. ©Elke Hildebrandt (Stv. Vorsitzende LG Norddeutschland)