Voneinander lernen
Frisch gewählt zur Präsidentin der DPRG: Sabine Clausecker ist weitaus mehr als die erste Frau an der Spitze des Berufsverbandes seit dessen Gründung 1958. Im Gespräch verrät sie, wie sie die DPRG in die Zukunft führen möchte.
Sabine, wann und warum bist du in die DPRG gekommen?
Ich bin 2013 in die DPRG eingetreten und habe damals im Vorstand der Landesgruppe Berlin-Brandenburg unter Steffen Ritter, der mich quasi „akquiriert“ hat, die Arbeit im Verband kennengelernt. Die Menschen in der DPRG und die Aufgaben als Ehrenamtliche haben mich gereizt, weil ich – wie wir wahrscheinlich alle – zu der Zeit die aufkommenden Veränderungen durch die Digitalisierung gesehen habe. Das erste Smartphone kam 2007 auf den Markt, und die rasante Transformation der PR- und Medienbranche begann. Es war mehr als das Ende der gefaxten Pressemitteilung, und mir hat der Gedanke gefallen, im und mit dem DPRG-Netzwerk diesen Prozess mitgestalten zu können.
In der Zeit von Norbert Minwegen war ich schon als Schatzmeisterin im Präsidium, um die Restrukturierung der Finanzen des Verbands auf solide Beine zu stellen. Als in Berlin ansässige Agenturchefin war ich das ehrenamtliche Bindeglied zur Geschäftsstelle. Gemeinsam haben wir den Verband zu einem digitalen Netzwerk umgebaut. Für mich war und ist die DPRG als einziger Kommunikationsverband, in dem Unternehmensvertreter:innen, Freiberufler:innen und Agenturleute gemeinsam die aktuellen Herausforderungen diskutieren und voneinander lernen, von Beginn an ein spannender „Melting Pot“.
Die ehrenamtliche Arbeit im Vorstand umfasst viele Aufgaben. Welche Schwerpunkte gehst du als erstes an?
Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich mich unglaublich auf diese Aufgaben freue. Die DPRG ist ein großartiger Verband mit vielen schlauen Köpfen, und es ist eine Ehre für mich, ihm vorzustehen.
Die DPRG hat unter Norbert Minwegen wesentliche Konsolidierungsschritte unternommen und ist in seiner Ära wieder zu einem starken Berufsverband geworden. Danach hat Nils Haupt mit seiner Content-Offensive maßgeblich dazu beigetragen, dass die DPRG sichtbarer wurde. Ich möchte gemeinsam mit dem aktuellen hochkompetenten Bundesvorstand, der Geschäftsstelle, den engagierten Landesgruppen und Arbeitskreisen auf diesen Fundamenten aufbauen und weitere Akzente setzen.
Welche konkreten Akzente sind das?
1. Politische Themen und Angebote in der DPRG stärken.
Wir benötigen meines Erachtens ein breiteres Verständnis von Politischer Kommunikation jenseits von Public Affairs. Damit meine ich zum Beispiel die Beratung von Aufgaben rund um die immer stärker werdende politische Verantwortung von Unternehmen und Organisationen. Dazu zählen Themenkomplexe wie „Die politischen CEOs“, Corporate Political Affairs oder aber auch die Relevanz von Interner Kommunikation mit Bezug auf die Einordnung politischer Ereignisse.
2. Digitalisierung und AI als „Gamechanger“ begrüßen.
Künstliche Intelligenz wird unsere Branche disruptieren. Wir befinden uns bereits mitten in diesem Prozess. Wir werden nicht von der KI ersetzt werden, aber wir müssen erkennen, wie und wann wir mit KI arbeiten werden. Das bedeutet weitreichende Veränderungen in den Arbeitsprozessen, aber auch in der Ausbildung und unseren Stellenprofilen. Diese Transformation sollten wir selbst für uns managen.
3. Readiness für aktuelle und kommende Krisen der Unternehmen und Organisationen sicherstellen.
Der permanente Krisenmodus der vergangenen Jahre bedingt, dass die Organisationen und Unternehmen besser auf Krisen vorbereitet sein und sie in ihrer Haltung antizipieren müssen. Die DPRG kann Methodik und Praxis anbieten, um ihre Mitglieder zu unterstützen. Weiterentwickelte Krisenkommunikation mit einem strategischeren Verständnis sichert Unternehmen in ihrer Handlungsfähigkeit ab.
Die DPRG ist ein Berufsverband, in dem es auch darum geht, den Mitgliedern aktuelles Know-how und Werkzeug mitzugeben. Das möchten wir bezogen auf die genannten Themen neben den bereits vorhandenen gerne angehen. Mitgliedergewinnung, Nachwuchsarbeit, Mentoring, Sichtbarkeit und Netzwerken bleiben zentrale Aufgaben der DPRG und sollten noch weiter ausgebaut werden. Ebenso wie die Kooperation mit anderen Verbänden sowie die bereits gestarteten Projekte zu Demokratiestärkung, Akzeptanzkommunikation, History Comms etc.
Das aktuelle Präsidium sowie der gesamte Bundesvorstand haben ein hervorragendes Programm auf die Beine gestellt, um die genannten Themen und andere relevante im kommenden Jahr ins Schaufenster zu stellen und Angebote für unsere Mitglieder zu entwickeln.
Du bist die erste Präsidentin der DPRG und die erste Person in diesem Spitzenamt, die nicht in der früheren „Deutschland AG“, dem alten Westen, sozialisiert wurde, sondern Berliner Agenturgründerin ist. Wofür stehst du noch?
Wenn man auf der Landkarte nach den Zentralen der großen deutschen Unternehmen sucht, erkennt man, dass es noch immer einen starken Westbezug gibt. Von den aktuellen DAX-40-Konzernen sitzt genau einer in Berlin, in den neuen Bundesländern gar keiner. Die meisten dieser Konzerne sind Unternehmen mit langer und erfolgreicher Tradition. Die wenigen Neulinge sind geografisch bereits diverser verortet. Ich denke, dass es für die DPRG wichtig ist, zusätzlich zu den erfolgreichen „Silberrücken“ auch die neuen jungen Unternehmen und Start-Ups in den Fokus zu nehmen. Sie sind potenziell neue Mitglieder für uns und bringen eigene interessante Impulse ein.
Zudem bringe ich als Berlinerin eine Nähe zur Bundespolitik mit, die ich gerne in meine Arbeit einbringen möchte. Die Welt, in der wir heute leben, ist gekennzeichnet durch multiple Krisen und Veränderungen, deren Dynamik Politik, Gesellschaft und Wirtschaft stark fordert. Die Kommunikationexpert:innen sind meiner Meinung nach aufgerufen, ihren Beitrag zur positiven Entwicklung unseres Landes zu leisten. Kommunikation ist die Brücke zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Kommunikation kann die Komplexität der aktuellen Zeit reduzieren, indem sie übersetzt, erklärt und einordnet. Sie kann Dialog initiieren und Debatten moderieren. Sie kann Menschen erreichen und Krisen managen.
Und dann bin ich zuletzt auch noch Unternehmerin und sehe Kommunikation als etwas, was Wert und Werte schaffen sollte – für Unternehmen und Organisationen und ihre Stakeholder.
Dein erster Auftritt wird beim Takeoff 2025 am 30. Januar in Leipzig sein. Worauf freust du dich besonders?
Zunächst einmal freue mich darauf, viele bekannte Gesichter wiederzusehen. Das Takeoff ist seit Jahren ein schönes „Klassentreffen“ mit den Kolleg:innen. Das Takeoff ist aber auch die Plattform für die lebendigen Arbeitskreise in der DPRG und der gut orchestrierte fachliche Start in Jahr.
Für den nächsten Takeoff haben wir uns etwas Besonderes überlegt: Neben vielen spannenden Vorträgen und Panels wird es ein Kick-off zu einem Herzensthema von uns geben: Wie werde ich als Kommunikator:in „ready“ für das kommende Jahr, und zwar insbesondere mit Blick auf die multiplen Krisen, die Unternehmen und Organisationen zunehmend erschüttern. Alle DPRG-Mitglieder können mit ihrem Take-off Ticket an einer Readiness-Onbording Schulung teilnehmen, die danach in sechs weiteren Modulen das Managen von Krisen maßgeblich erleichtert.
Natürlich wollen wir auch viele Noch-Nicht-Mitglieder für uns interessieren und wünschen uns, dass sie ebenfalls mit der DPRG ready fürs Jahr werden wollen.
Zur Person
Sabine Clausecker, geborene Berlinerin, Studium an der Universität der Künste (Wirtschafts- und Gesellschaftskommunikation im Diplom), erste Karriereschritte als Account Executive bei BBDO, danach Wechsel auf Unternehmensseite Marketingleiterin bei DSB Deutsche Schallplatten GmbH. Mitgründerin der CBE DIGIDEN AG 1996 mit heute etwa 100 Mitarbeiter:innen, sie ist Mitglied des Vorstands. CBE DIGIDEN gehört seit 7 Jahren zum KREAB Worldwide Netzwerk, einer internationalen Beratungsorganisation für Strategische Unternehmenskommunikation, Public Affairs und Finanzmarktkommunikation. Sie ist außerdem seit vielen Jahren aktive Beirätin und Aufsichtsrätin. Sabine Clausecker ist verheiratet und hat drei Kinder.