Gib Gas... bremsen kannst du später!
Wir rasen durch den Alltag, und überall hören wir das neue Zauberwort: „Entschleunigung!“ Achtsamkeit, Meditation, „Slow Life“ – diese Wörter versprechen, uns den Stress zu nehmen und uns das Leben in vollen Zügen genießen zu lassen.
Doch in der Realität landet der Versuch, langsamer zu machen, oft selbst auf der To-do-Liste – zwischen „E-Mails beantworten“, „LinkedIn Post schreiben“ und „Projekt-Deadline einhalten“. Entschleunigen wird dann schnell zum neuen Stressfaktor: „Warum gelingt es mir nicht, endlich ruhiger zu werden?“
Vielleicht liegt der Fehler aber gar nicht in der Geschwindigkeit selbst, sondern darin, dass wir ständig nach dem „richtigen“ Tempo suchen. Langsam ist nicht zwangsläufig besser – schneller übrigens auch nicht. Wieso finden wir also nicht einfach unser eigenes Tempo, anstatt immer sofort auf die Bremse zu treten?
Manche Menschen blühen auf, wenn sie unter Druck stehen und schnelle Entscheidungen treffen müssen. Andere brauchen Pausen und Ruhe, um auf Ideen zu kommen. Die Kunst liegt darin, das eigene Tempo zu erkennen und es sich nicht von außen diktieren zu lassen.
Manchmal ist es der Adrenalinschub, der uns beflügelt, und manchmal die Entspannung, die uns erdet. In meinem Marathon-Trainingsplan zählen nicht nur die langen Läufe – es sind auch die Intervalleinheiten, die mich voranbringen.
Ob im Sprint oder im entspannten Schlendern – das Wichtigste ist, dass wir das Steuer in der Hand behalten und selbst entscheiden, wann wir Gas geben und wann wir uns zurücknehmen. Nur so können wir die Kontrolle über unser Leben und unsere Energie behalten.
Die wahre Kunst besteht vielleicht nicht darin, ständig langsamer zu werden, sondern darin, den Moment zu erkennen, in dem es Zeit ist, das Tempo zu wechseln. Manchmal tut es gut, das Leben in der Überholspur zu genießen. Und wenn der Moment kommt, bremsen wir – aber erst dann, wenn es für uns selbst passt.
Am Ende ist es nicht zwingend die Geschwindigkeit, die uns stresst, sondern unser ständiges Hinterfragen, ob wir überhaupt im richtigen Gang unterwegs sind. Vielleicht sollten wir uns einfach öfter erlauben, mal Gas zu geben und uns dabei wohlzufühlen – bremsen können wir auch noch später.
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