Gibt es das "Sommerloch" überhaupt? Oder ist es eine Art Self-Fulfilling Prophecy, für die wir als Kommunikator*innen selbst verantwortlich sind?
Gäbe es ein „Kommunikations-Buzzword-Bingo“ in der Sommer-Edition, wäre „Sommerloch“ garantiert auf Platz 1 der meistgenannten Begriffe. Es wirkt, als komme der Begriff auf Hochtouren, sobald es Juli wird, und verschwinde wieder Ende August bis ins nächste Jahr. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich kann dieses Wort nicht mehr hören. Was ist ein Sommerloch überhaupt? Und existiert es tatsächlich? Meine These: Nein, vielmehr ist es eine Art Self-Fulfilling Prophecy, die wir als Kommunikator*innen selbst zu verantworten haben.
Schauen wir uns das mal genauer an: Woher kommt die Idee des Sommerlochs?
Neben der Tatsache, dass es bei Bad Kreuznach offenbar einen Ort gibt, der so heißt, verstehen wir darunter eine nachrichtenarme Zeit, die insbesondere durch die Sommerpause von politischen Organisationen geprägt ist.
Gegenargument 1: Es gibt weniger Themen im Sommer
Ok, dass es diese Sommerpause gibt, ist zunächst nicht bestreitbar. Allerdings sind politische und kulturelle Organisationen schon seit Jahren nicht mehr ausschließlich Nachrichtengegenstand Nr. 1. Weltweiten, ja sogar deutschlandweiten Ereignissen ist es bekanntermaßen relativ egal, ob sich die Politik in der Sommerpause befindet. Vielleicht bricht dadurch eine Nachrichtenquelle kurzfristig weg, das als Sommerloch zu bezeichnen, sehe ich allerdings nicht. Schließlich gibt es noch zahlreiche sportliche und kulturelle Ereignisse, die gerade stattfinden und am Ende macht das Wetter ja auch keine Sommerpause.
Gegenargument 2: Alle sind im Urlaub, deswegen werden weniger Medien genutzt.
Natürlich gibt es den Sommerurlaub. Laut Statista sehen wir allerdings, dass wir Deutschen nicht mehr nur „den einen Urlaub machen“, die durchschnittliche Reisedauer hat sich seit 1997 um 5 Tage verkürzt. Der Trend ist sichtbar: Wir sind immer verteilter über das Jahr unterwegs und Inlandsreisen werden immer beliebter. Juli und August sind auch weiterhin die beliebtesten Reisemonate der Deutschen, das als Basis nehmend, stößt ein postalischer Nachrichtenversand im Sommer vielleicht weniger auf Resonanz als in anderen Monaten und vielleicht sinken auch die Verkaufszahlen von Papier-Zeitungen.
Aber was ist denn mit den digitalen Kanälen? Wir leben ja zum Glück nicht mehr in 1980, wo Nachrichten nur wenige Kanäle zur Verfügung standen. Mag sein, dass sich das Mediennutzungsverhalten der Deutschen in den Sommermonaten verschiebt, das können wir im Kommunikationsplan jedoch vorausschauend beachten. Denn besonders die Nutzungszahlen der sozialen Medien sind von einem Sommerloch nicht betroffen. Mag auch sein, dass sich das Informationsinteresse der Deutschen in den Sommermonaten ändert und freizeitbezogen ist, die Frage ist jedoch: Ist das wirklich so oder denken wir das, spielen deswegen anderen Content aus und sorgen selbst dafür, dass es Realität wird?
Denn mal ehrlich: Urlaub heißt ja nicht komplette Isolation. Unser Handy ist dabei, wir sind weiterhin stetig online und aktiv. Vielleicht machen wir 1-3 Tage „Digital Detox“, aber doch keine 2 Monate?! Eine Nutzungsstatistik aus 2023 gibt Aufschluss: Nur 34 Prozent der Befragten nehmen ein Sommerloch in den Medien wahr, wovon es 40 Prozent im Fernsehen erkennen und nur 14 Prozent in den sozialen Medien. Wieso sollte man also eine Postingfrequenz reduzieren? Und wäre es nicht viel sinnvoller, sich an das vielleicht veränderte Nutzungs- und Informationsverhalten der zu Erreichenden anzupassen?
Ich denke, dass wir uns das „Problem“ des Sommerlochs oft selbst schaffen. Natürlich sind im Sommer meist weniger interne Ressourcen da, die Abstimmungsschleifen dauern länger und alles läuft irgendwie zäh. Aber das können wir (a) vorher berücksichtigen und entsprechend Content vorproduzieren und (b) beschreibt das dann mehr ein internes Sommertief als ein Sommerloch, das aufseiten der Rezipient*innen begründet wird.
Ich bleibe also bei meiner Anfangsthese, dass es ein Sommerloch, wie es einst mal definiert wurde, nicht gibt. Und vielleicht nutzen wir den Begriff auch heute noch gerne als gesellschaftlich anerkannte Rechtfertigung dafür, es im Sommer mal etwas langsamer angehen zu lassen – dass wir uns dieses vermeintliche Sommerloch damit selbst schaufeln, sollte uns bewusst sein ;)
Quellen:
persoenlich.com,
Statista (1),
WirtschaftsWoche,
Statista (2)
Kontakt zur Autorin:
lara@buschkommunikation.media