Verbandskommunikation im Spagat zwischen Politik und Mitgliedern
Guido Warlimont leitet die Kommunikationsabteilung beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Im DPRG Lunch Talk mit Bundesvorstandsmitglied Patrick Herrman beschreibt er die Kommunikationsarbeit beim BDI, "verlorene Jahre" in der Wirtschaftspolitik und die heutige Rolle der Verbände.
Im Folgenden eine kurze Zusammenfassung des Gesprächs.
Wie sehen Sie auf Ihre ersten Monate beim BDI zurück?
Intensiv, spannend, sehr politisch. Das erste Jahr im Job ist wie in der Waschmaschine. Man wird erst einmal umhergeschleudert und muss sich neu orientieren und vernetzen. Ich habe allerdings das Glück, von einem tollen Team in der Kommunikationsabteilung umgeben zu sein.
Wie würden Sie Ihre Kommunikationsarbeit beim BDI beschreiben?
Verbände sind der Bariton in der Kommunikation. Wir müssen in der Lage sein, unterschiedliche Tonarten zu spielen – mal zurückhaltend, aber eben auch klar und pointiert. Klartext zu sprechen zum Kurs der Regierung gehört dazu. Gleichzeitig sammeln sich bei uns, als Spitzenverband der Industrieverbände, auch ganz unterschiedliche Interessen der Mitglieder. Das gilt es natürlich auch zu bedenken. Wir sind also immer auch eine Art „Kompromissmaschine“.
Wenn es darum geht, pointiert Stellung zu nehmen, gerade auch im Dialog mit politischen Entscheidern, wird die gemeinsame Linie im Vorfeld mit unterschiedlichen Verteter*innen der Mitgliedschaft abgestimmt. Bei all unseren Prozessen sind wir in kontinuierlicher Abstimmung mit den einzelnen Fachabteilungen und müssen immer abwägen, ob man Mitgliedern auf die Füße tritt. Das kann man nicht immer vermeiden, aber wir versuchen, alle ins Boot zu holen, vorab zu informieren und andere Interessenspunkte zu berücksichtigen.
„Es waren zwei verlorene Jahre“. Wie kam es zu diesem Artikel in der SZ und welche Auswirkungen hatte er?
Hintergrund war eine unbeantwortet gebliebene Anfrage des BDI beim Kanzleramt. Wir als BDI haben kritisiert, dass es keine geschlossene Wirtschaftspolitik unter der aktuellen Regierung gab. Der Kanzler, der Finanzminister und der Wirtschaftsminister sprachen zu wenig aus einem Mund, obwohl gemeinsames Handeln dringend nötig gewesen wäre. Immerhin wurde nach diesem Artikel ein Dialog, ein intensiverer Austausch mit dem Kanzleramt angestoßen. Jetzt gibt es die „Wachstumsinitiative“ und wir als BDI hoffen nicht nur auf dessen Umsetzung, sondern auch auf ein geschlossenes Wirtschaftskonzept, über das wir diskutieren können, ohne jeweils mit drei verschiedenen Personen einzeln verhandeln zu müssen.
Was ist die wichtigste Aufgabe des BDI?
Der Industriestandort Deutschland hat ein massives Problem, wir haben seit Jahren mit einer fallenden Industriewertschöpfung zu kämpfen und verlieren signifikant Marktanteile. Die Verbände müssen hier wachrütteln, die CEOs sollen auch die internationale Perspektive widerspiegeln, sonst wird das Standortproblem immer größer.
Wie positioniert sich der BDI zum politischen Rechtsruck?
Wir haben uns bereits klar gegen die AfD positioniert, sind allerdings gleichzeitig gegen eine Abschottung und Diskriminierung. Wir sollten stattdessen besser versuchen, Lösungen anzubieten.
Braucht es die Verbände noch?
Ein klares Ja! Die Wirtschaft wird politischer und die Politik übergriffiger hinsichtlich der Wirtschaft. Ein Verband muss hier den Makroblick ins Spiel bringen und Ideen für eine gemeinsame Strategie und übergreifende Positionen entwickeln. In breiten Teilen der Wirtschaft herrscht große Verunsicherung, die Transformationsfrage ist nicht geklärt. Wie geht es weiter mit der Energiepolitik, mit Fachkräften und Zuwanderungsfragen?
Das führt zu einer starken Zurückhaltung bei Investitionsentscheidungen, zu einer andauernden Warteposition. So aber ist ein durchgreifender Umschwung nicht möglich. Hier müssen Verbände ihre Stimme erheben und mit Kritik und Vorschlägen ansetzen. So schwierig das manchmal sein mag - die Stimme des BDI wird wahrgenommen.