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Mirjam Berle
13.07.2024   Glosse
Eins noch...
Bist du interessant oder interessiert?
"Die besten Meetings sind die, in denen ich gar nichts sage", so neulich eine Kundin. Ihre Begründung: "Ich stehle nicht gern anderer Menschen Zeit.“ So weit so löblich. Die Crux: Die Zeit, die sie nicht stiehlt, stehlen oft aber andere Menschen.
 
All diejenigen, die in Runden ungebremst das Wort ergreifen und die Zeit der anderen verschlingen. Egal ob durch ausschweifende Reden oder aufgeblasene Attitüden. Ihre Botschaft: "Schaut her, ich bin am interessantesten!"
 
Dabei sind wir doch häufig viel eher fasziniert von Menschen, die uns durch echtes Interesse beeindrucken – nicht durch Selbstbeweihräucherung. Die versierten Fragenden, die geschickten Zuhörenden. Diejenigen, die uns mit wachen Augen und offenen Ohren begegnen. All jene, die den Unterschied zwischen interessant und interessiert kennen und umsetzen.
 
Denn ist es nicht genau diese respektvolle Neugier, die uns das Gefühl gibt, relevant zu sein? Dass jemand unsere Perspektive oder unsere Ideen verstehen will? Woraus dann Verbindungen, Vertrauen und tragfähige Beziehungen (er)wachsen können?
 
Diese Haltung der Zugewandtheit und des Zuhörens erfordert Mut. Denn wir müssen in gewisser Weise die Kontrolle abgeben. Wir müssen uns einlassen auf Antworten, die wir eventuell so nicht erwartet haben. Aber indem wir anderen Raum geben und sie wirklich zu Wort kommen lassen, erfahren wir unendlich viel mehr als durch Selbstinszenierung.
 
Hand aufs Herz, wir kennen alle die Versuchung, ein bisschen mehr zu sagen, als wir wirklich zu sagen haben. Vielleicht nicht, weil wir uns für die Tollsten halten, sondern vielleicht, weil wir gesehen und wahrgenommen werden wollen. Ein Bedürfnis, an dem nichts auszusetzen ist. Auf die Umsetzung kommt es an. "Kluge reden, weil sie etwas zu sagen haben. Narren, weil sie etwas sagen müssen", meint der alte Platon dazu.
 
Also nächstes Mal, wenn die Verlockung groß ist, uns selbst mit billigen Wortblasen aufzublähen: Erinnern wir uns an unsere Rolle als interessierte Fragende und Zuhörende. Wer weiß, welche wertvollen Erkenntnisse auf diesem Weg möglich werden – für uns und andere? Und vielleicht gewinnen wir genau so dann das Interesse und die Aufmerksamkeit, die wir suchen.
 
Kontakt zur Autorin: kontakt@mirjam-berle.de
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