Was Segeln und Krisenkommunikation gemeinsam haben
Im Gespräch mit Charleen Bermann erzählt Peter Höbel, warum er in einem Sabbatical „einhand“ (solo) um die Welt segelte und welche Parallelen es zwischen der Weltumsegelung und seinem Arbeitsfeld als Krisenkommunikator gibt.
Wenn hierzulande von Krisenkommunikation die Rede ist, dauert es meist nicht lange und der Name Peter Höbel fällt. Seit mehr als 40 Jahren in der Kommunikation, davon gut 25 Jahre als Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung crisadvice in Frankfurt/Main, gilt er als einer der führenden Experten auf diesem Gebiet.
Was aber kaum einer weiß: Ausgerechnet eine Auszeit brachte den entscheidenden Wendepunkt für seine berufliche Laufbahn. Den Entschluss zu dem Mega-Urlaub fasste er seinerzeit kurzerhand, nachdem seine Karriere einen Höhepunkt erreicht hatte : Wächterpreisträger als investigativer Journalist, STERN-Redakteur, ARD-Hörfunk-Reporter in Asien, Minister-Sprecher, Lufthansa-Nachrichtenchef. Immer auf Achse, immer unter Dampf, zwölf bis 14 Arbeitsstunden täglich - das normale Pensum.
Sabbatical: Eine Reise zur Selbstfindung
Doch langsam reifte in ihm die Erkenntnis, dass er nur mit einem harten Schnitt seine Leistungsfähigkeit langfristig sichern könnte. Den Ausschlag gab dann jener Traum, den so viele träumen, aber kaum jemand wirklich wagt: „Einmal mit dem Segelboot um die Welt, das wärs“. „Die üblichen Bedenkenträger murmelten‚ ‚Karriereknick‘ und ‚verrückt‘ “, erinnert sich Höbel. Trotzdem klinkte er sich schließlich für volle fünf Jahre aus dem Kommunikationsgeschäft aus.
Heute beschreibt Höbel seine Zeit als See-Nomade als die schönsten Jahre seines Lebens. Es war eine Zeit der Selbstfindung, des Abenteuers, aber auch von Grenzerfahrungen. „Wer ganz auf sich allein gestellt, auf einer Nussschale mitten im Pazifik, drei Tage und drei Nächte einen Orkan mit Windstärke 12 abgeritten hat, lernt erstens Demut und zweitens, wie entscheidend gute Vorbereitung und mentale Kraft sind“, erklärt Höbel. Diese Erfahrungen haben ihn gelehrt, dass Angst per se nichts Schlechtes ist, solange man für Panik keinen Platz lässt.
Eigenschaften, die auch in der Krisenkommunikation zählen. Überhaupt sieht Höbel zahlreiche Parallelen zwischen dem Hochsee-Segeln und erfolgreichem Krisenmanagement. „Als Einhandsegler“, so erläuterte er, „musst Du jederzeit in der Lage sein, kritische Entwicklungen zu antizipieren und zielgerichtet zu lösen“. Das eigene Überleben hänge davon ab, in jeder Lage klar zu denken, die Kontrolle zu behalten und schnelle effektive Lösungen zu finden. Und wenn A nicht funktioniere müsse eben Plan B oder C greifen. Aufgeben sei keine Option. Die Fähigkeit, in stressigen Situationen ruhig zu bleiben, werde auf hoher See enorm geschult. „Wer das übersteht, den bringt eine Krise an Land nicht aus der Ruhe“, fügt er augenzwinkernd hinzu.
Erfolgreicher Neustart in der Berufswelt
Nach dem Extrem-Sabbatical stürzte sich Höbel in das nächste Abenteuer", wie er sagt: die Rückkehr ins Berufsleben. Sämtliche Bedenken erwiesen sich als unbegründet. Zusammen mit einem Rechtsanwalt und einem Psychologen gründete er crisadvice. Sein im indischen Ozean erdachtes (damals) neuartiges Konzept, alle zur Krisenbewältigung erforderlichen Dienstleistungen interdisziplinär aus einer Hand anzubieten, schlug sofort gut ein.
So war denn gleich einer der ersten großen Aufträge im Gründungsjahr 2000 zwar einer der belastendsten, aber gleichzeitig „der“ Türöffner: Die Organisation der Hinterbliebenen-Betreuung und Kommunikation nach dem Absturz der Concorde in Paris. Damals sind mehr als hundert deutsche Passagiere bei der Anreise zu einer Kreuzfahrt ums Leben gekommen.
Ein zentrales Thema in Höbels Ansatz zur Krisenkommunikation ist die Balance zwischen Sach- und Gefühlsebene. Er betonte, dass effektive Krisenkommunikation nicht nur auf harten Fakten und präzisen Informationen basieren kann, sondern Empathie und Eingehen auf die Ängste und Gefühle der Betroffenen ebenso entscheidende Faktoren sind. So wie auf dem Ozean, wo nicht nur technisches Know-how und sportliche Fähigkeiten zählten, sondern stets auch mentale Stärke und Resilienz.
Wie seine berufliche Laufbahn ohne Sabbatical verlaufen wäre, sinniert Höbel, bleibt Spekulation. Weitere Karrieresprünge in einem Konzern? Oder ein gesundheitlicher Absturz, wo immer häufiger und zunehmend offener als früher von Überarbeitung und Burnout berichtet wird? Für ihn jedenfalls war die Auszeit die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit mit einem am Ende richtig guten Ergebnis, sagt Peter Höbel: „Die See war ein harter aber guter Lehrmeister“.
Seit Rückkehr und Neustart sind nun fast 25 Jahre vergangen. 25 Jahre in denen Peter Höbel eine Vielzahl von Kommunikations-Chefs und Entscheidungsträgern in Konzernen, Behörden und Organisationen „an der Hand genommen“ und diskret durch vielfältige Krisen geführt hat. Und noch immer führt. Hunderte haben mittlerweile auch seine Krisen-Seminare besucht. Außerdem schreibt er kontinuierlich rund um das Thema Krise.
Peter Höbel, der übrigens auch seit mehr als zwei Jahrzehnten in der DPRG aktiv ist, will mit seiner Geschichte andere Kolleginnen und Kollegen ermutigen: „Eine umsichtig geplante und gut genutzte Auszeit kann jeden stärker und erfolgreicher machen“.