„Das Dreamteam besteht zukünftig aus Mensch und Maschine“
Die Kommunikationsberaterin Ulrike Hanky-Mehner und Charleen Bermann im Gespräch über die Zukunft der Kommunikation mit KI, Konflikte und Vorurteile der Generationen und was sich zukünftig in Agenturen ändern muss. Ulrike ist bereits seit über 30 Jahren in der PR tätig und gilt als eine der prägendsten Frauen der Branche. Sie war lange Geschäftsführerin in einer der größten Agenturen und ist nun selbstständige Unternehmensinhaberin.
Liebe Ulrike, magst du einmal über deinen beruflichen Background erzählen?
Ich bin von Haus aus ein Agenturmensch und habe nie auf Unternehmensseite gearbeitet. Ich war viele Jahre lang Geschäftsführerin der PR-Agentur Havas in Hamburg, bis ich mich entschlossen habe, ein neues Leben zu starten. Aktuell bin ich selbstständige Kommunikationsberaterin mit einer „One-Woman-Show“. Ich arbeite mit vielen tollen Kunden zusammen, die ich strategisch berate. Des Weiteren habe ich ein zweites Standbein als Coach aufgebaut: Ich gebe Seminare, biete Inhouse-Schulungen und berate viel zum Thema Künstliche Intelligenz. Mir ist die Freude an meinem Beruf und die Arbeit direkt am Kunden enorm wichtig, so dass ich nun ein neues Leben führe, das mir ausgesprochen gut gefällt.
Welcher Themenbereich wird bei dir im Moment besonders viel angefragt, wo brennt es?
Ganz eindeutig KI. Ich bin da eigentlich durch Zufall zu gekommen, da ich zum Start von ChatGPT viel getestet und mich intensiv damit beschäftigt habe. Schnell begann ich, Seminare zu diesem Thema zu geben, die sehr gut ankamen. Mittlerweile hat das eine unglaubliche Eigendynamik entwickelt: Inzwischen bin ich mindestens einmal pro Woche auf Foren unterwegs oder gebe Inhouse-Coachings zu diesem Thema.
Gibt es Entwicklungen in der Kommunikationsbranche, die dich beunruhigen?
Die Welt ist komplexer geworden und es gibt mehr Themen, die uns bewegen und für die wir Kommunikatorinnen und Kommunikatoren einstehen müssen. In Zeiten von Clickbaiting, Deepfakes und Fake News müssen wir für mehr Vertrauen sorgen. Wir haben das Handwerkszeug, die Erfahrung und das Know-How. Aber wir müssen es auch wirklich tun und da mache ich mir etwas Sorgen, ob wir das auch schaffen. Eins ist klar: Wir müssen uns fit machen für die Zukunft und nicht abwarten.
Inwieweit wird die Entwicklung von KI auch die Welt der Agenturen beeinflussen?
Es wird sich meiner Ansicht nach das ganze Geschäftsmodell von Agenturen verändern und da habe ich das Gefühl, dass das bei vielen noch nicht angekommen ist. Aktuelle Dienstleistungen und Services werden zukünftig wahrscheinlich nicht mehr gebraucht, da eine KI das viel schneller kann. Wir müssen verstehen, dass unser beruflicher Alltag sich massiv verändert und dass das eine Chance ist.
Du bist aktives Mitglied in der DPRG – was gefällt dir daran?
Ich hatte die Chance, als Referentin beim Deutschen PR-Tag und beim Take-Off in Berlin aufzutreten und das hat mir auch wirklich Spaß gemacht, da ich das Gefühl habe, etwas bewegen und meine Impulse platzieren zu können. Das, was die Ehrenamtlichen bei der DPRG leisten, finde ich sehr respektabel. Es entwickelt sich immer weiter in eine gute Richtung und auch die Veranstaltungen nehmen Fahrt auf, das ist alles schön so.
Welche Qualitäten und Kompetenzen sollten Kommunikatoren aus deiner Sicht heute mitbringen, um dieser Branche standhalten zu können?
Da hat sich über die Jahrzehnte meiner Meinung nach nicht viel geändert: Leidenschaft für das, was man tut und sich damit identifizieren können. Die Geduld, wirklich zuzuhören und auf die persönlichen Anliegen einzugehen, ohne die fertige Agenda mit Konzept und Text im Kopf zu haben. Was treibt mein Gegenüber an? Das ist etwas, was in dieser schnellen und digitalen Zeit zu kurz kommt.
Wie bewertest du die Meinungsunterschiede im Hinblick auf die GenZ? Kannst du die bestehenden Vorurteile bestätigen?
Mich ärgert dieser Konflikt, da ich diese Vorurteile nicht bestätigen kann. Ich bin als Mentorin unterwegs und habe tolle Mentees. Diese Zusammenarbeit lebt vom Austausch und wir können gegenseitig viel voneinander lernen. Wenn die Generationen mehr miteinander reden und Offenheit zeigen würden, würden sie sich gegenseitig auch besser verstehen. So ein Austausch kann Spaß machen, insbesondere, wenn man das gemeinsame Ziel hat, eine gelungene Kommunikation zu machen. Vorurteile und Stereotype haben hier einfach keinen Platz.
Warum gibt es deiner Meinung nach so viele Konflikte? Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle - vielleicht Neid?
Ich glaube, dass Neid da eine große Rolle spielt. Ich bin in einer Arbeitswelt groß geworden, in der Leistung und Leistungsdruck auf der Tagesordnung stand. Man saß bis in den späten Abend in der Agentur, da sich keiner traute, zuerst zu gehen. Die junge Generation macht es vor, dass es auch anders geht: Wenn die Arbeit erledigt ist, kümmert man sich um andere wichtige Dinge. Ich wünsche mir da mehr Respekt seitens der älteren Generation, da die Jüngeren Familienfreundlichkeit und Vereinbarkeit mit dem Privatleben fordern und auch durchsetzen. Das haben wir leider nicht geschafft.
Hast du denn einen Tipp an Agenturen, wie sie junge Nachwuchskräfte für sich gewinnen können?
Agenturen müssen sich grundlegend verändern. Es müssen bessere Rahmenbedingungen geschaffen und nicht die Schuld bei den „anspruchsvollen“ Nachwuchskräften gesucht werden. Agenturen möchten sich oft nicht verändern und halten an überkommenen Strukturen fest. Hier ist wieder KI ein gutes Beispiel: Es würde unfassbar viel Arbeit abnehmen und einiges im beruflichen Alltag erleichtern, dennoch haben da viele noch Angst, die Arbeit mit KI zuzulassen oder streiten sogar die Relevanz ab. Wir haben nicht mal den Hauch einer Ahnung, was die KI alles können wird. Bereits jetzt kann sie Krisenkonzepte, Videos, Fotos und fehlerfreie Texte erstellen.
Wo siehst du denn dann noch die Relevanz von uns Kommunikatoren?
Hier stellt sich folgende Frage: Steuern wir die KI oder lassen wir uns von der KI steuern? Es wird immer Menschen brauchen, die die KI steuert. Unsere Arbeit wird sich nur verändern und Themen entwickeln sich weiter, aber wir benötigen weiterhin Fachleute. Das Dreamteam besteht zukünftig aus Mensch und Maschine. Und das gilt gerade für die Kommunikation.