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Dr. Liane Bednarz
15.04.2024   Kommentar
Habitus matters – wie Mario Voigt mit Ruhe und Gelassenheit Björn Höcke in die Schranken wies
Auch und gerade in der Kommunikationsbranche kann man viel von Mario Voigt lernen.
Laut und schrill war es vielfach, das Geschrei in der Publizistik und in den sozialen Medien vor dem TV-Duell zwischen Mario Voigt, dem Vorsitzenden der thüringischen CDU-Landtagsfraktion, und dem Rechtsextremisten und Thüringer AfD-Chef Björn Höcke, am letzten Donnerstag. Wie könne man nur einen derartigen Mann, einen quasi politisch Leibhaftigen „salonfähig“ machen, ihm eine „Bühne bieten“, lautete der Vorwurf sowohl an Voigt als auch an den Sender „WELT TV“, der zu diesem Streitgespräch eingeladen hatte. Noch dazu hieß es, Voigt sei Höcke rhetorisch nicht gewachsen; das könne alles nur vollkommen schief gehen.
 
Nun, es kam anders. Am Ende ging Voigt nicht nur aus meiner Sicht als Sieger vom Platz und erhielt insgesamt durchaus Lob. Negativere Äußerungen sprachen von einem „Unentschieden“, aber als Verlierer sah kaum jemand Voigt. Und das hatte viel mit seinem Habitus zu tun. Anders als Höcke, der, fühlte er sich in die Ecke getrieben, fahrig wurde und etwa angeblich und wenig glaubwürdig nicht mehr wusste, was er in seinem eigenen Buch 2018 über eine heutige Bundestagsvizepräsidentin geschrieben hatte, behielt Voigt stets einen freundlichen Gesichtsausdruck bei, nannte stoisch Fakten und setze sogar Spitzen wie „Reichskanzler Höcke“ eher nonchalant und jedenfalls nicht zornig.
 
Mit dem Ergebnis, dass er landesväterlich und wie ein Mann wirkte, der auch in schwierigen Situationen einen kühlen Kopf behält. Höcke hingegen, der sich später, obwohl es in Wahrheit zeitmäßig genau umgekehrt war, zudem über kürzere Redeanteile als Voigt beschwerte, hatte sich bereits zu Beginn nicht im Griff und meinte, Voigt mit dem Spruch „Halten Sie keine Monologe“ anblaffen zu müssen. Das wirkte ausgesprochen unsouverän.
 
Habitus matters also. Auch und gerade in der Kommunikationsbranche kann man insoweit viel von Voigt lernen. Intensive Vorbereitung auf das Gegenüber, Faktenkenntnis und ein freundlicher Stoizismus sind die Geheimwaffen sowohl in Verhandlungen mit kapriziösen Teilnehmern als auch bei Stellungnahmen oder gar Pressekonferenzen zu schwierigen Themen, ganz besonders in Krisensituationen.
 
Dr. Liane Bednarz ist eine promovierte Juristin und liberal-konservative Publizistin. Sie beschäftigt sich insbesondere mit der Abgrenzung zwischen konservativem und neurechtem Denken. Im Frühjahr 2018 erschien im Droemer-Verlag ihr letztes Buch „Die Angstprediger – Wie rechte Christen Gesellschaft und Kirchen unterwandern“.

Wichtiger Hinweis der DPRG: Der „Kommentar der Woche“ ist eine persönliche Meinungsäußerung der Autorinnen und Autoren und stellt nicht die Meinung der DPRG dar. Bei Fragen, Anregungen und Wünschen zum Kommentar wenden Sie sich bitte direkt an die Autorin unter liane.bednarz@web.de
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