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News / Kommunizieren Familienunternehmen anders?
Dr. Bernadette Tillmanns-Estorf
12.04.2024   Review Lunch Talk
Kommunizieren Familienunternehmen anders?
Im Dialog mit DPRG-Vorstandsmitglied Dr. Andreas Möller gab Dr. Bernadette Tillmanns-Estorf Einblicke in die Philosophie, Arbeits- und Denkweise von Familienunternehmen und die kommunikativen Herausforderungen.
Rund 90 Prozent der Unternehmen in Deutschland sind Familienunternehmen. Sie stellen fast 60 Prozent aller Arbeitsplätze und erweisen sich auch in schwierigen Zeiten als stabilisierender Faktor auf dem Arbeitsmarkt. In einer Untersuchung des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn gaben diese an, dass ihre Unabhängigkeit, der Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie die Zufriedenheit ihrer Mitarbeitenden „sehr wichtige Unternehmensziele“ seien.
 
Gleichzeitig steht in den nächsten drei Jahren bei fast der Hälfte aller Familienunternehmen eine Unternehmens- oder Anteilsübertragung und damit der Generationswechsel an. Und das bei einer großen Unzufriedenheit mit dem Standort Deutschland.
 
Anders als die „großen“ globalisierten Konzerne und Unternehmen gehören die Familienunternehmen nicht zu denen, die täglich in den Medien erscheinen. In den zunehmend an Bedeutung gewinnenden sozialen Medien sind sie selten vertreten. Dennoch hat Kommunikation für diese oftmals zu den Marktführern ihrer Branche zählenden Betriebe eine große Bedeutung. Nur eben manchmal eine andere, wie Dr. Bernadette Tillmanns-Estorf, Co-Founderin der Kommunikationsberatung Familienbande im DPRG Lunch Talk erklärte.
 
Im Dialog mit DPRG-Vorstandsmitglied Dr. Andreas Möller vermittelte sie den Gästen Einblicke in die Philosophie, Arbeits- und Denkweise von Familienunternehmen und die kommunikativen Herausforderungen.
 
Was so besonders sei am Mittelstand respektive einem Familienunternehmen? Es sei die Tatsache, dass dahinter zumeist ein Inhaber, oftmals der Gründer, ein ganzer Familienstamm oft über viele Generationen hinweg für Kontinuität und eigene Werte stehe, die das Unternehmen nach innen und außen hin prägen. Gerade wenn es um die berühmte Haltung geht, gäbe es hier einen Vorteil, da „Haltung weniger von Unternehmen vertreten wird, sondern vielmehr von Personen, die für das Unternehmen stehen. Ein Familienvertreter, eine Familienvertreterin, die die Öffentlichkeit schätzt, ist natürlich für ein Unternehmen eine riesige Chance in der Kommunikation“, meinte Dr. Tillmanns-Estdorf.
 
Gefragt nach interner und externer Kommunikation und deren Wechselspiel antwortet sie, die interne Kommunikation habe für sie tendenziell einen sehr hohen Stellenwert – bevor etwas nach außen gelange, sei es in der Kommunikationsarbeit immer das Ziel, zuerst die Mitarbeiter*innen zu informieren und mitzunehmen. Und weil auch der Flurfunk eine große Rolle spiele, ginge es weniger um reine Remote-Arbeit, sondern verbreitete hybride Arbeitsmodelle mit festen Bürotagen, denn „ganz ohne Präsenz geht es nicht“. Und weiter „ich glaube, es braucht ein paar Leitplanken, um sicherzustellen, dass der persönliche Austausch erhalten bleibt, weil es letztlich der ist, der Bindung schafft. Menschen arbeiten für Menschen und Menschen verlassen nicht Unternehmen, sondern Führungskräfte.“
 
Was die Top-Themen bei ihren Beratungsanfragen seien? Employer Branding, Nachfolgeregelungen und allgemeine „Hintergrundsarbeit“ für die unternehmerische Kommunikation. Bei ihrem Beratungsansatz lege „Familienbande“ sehr viel Wert auf praktische Ansätze, auf pragmatisches Gestalten: Ärmel hoch und machen, um schnell Ergebnisse zu erzielen statt nur theoretische Konzepte abzuliefern.
 
Angesprochen auf die Bedeutung des (oftmals eher ländlichen) Standorts meinte sie, dass zwar der Standort in einer globalisierten Welt einerseits an Bedeutung verliere, andererseits aber trotzdem immer noch relevant sei, weil er nun mal auch die dort lebenden Menschen und Mitarbeitenden eines ansässigen Unternehmens präge.
 
Was allerdings früher in punkto „sich in den politischen Diskurs einschalten“ zu Themen wie Umwelt, Energie oder Extremismus fast ausschließlich auf regionaler Ebene stattfand, hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt in Richtung einer stark erweiterten Reichweite und eines gewachsenen Selbstbewusstseins der Unternehmen. Wie aber umgehen mit Parteien wie der AfD? Wohlwissend, dass sie bei Teilen der Belegschaft durchaus als wählbare Alternative gesehen werden? Gesprächsverweigerung sei hier keine tragfähige Lösung, eher ein klares Einstehen für Demokratie und Freiheit, so wie beispielsweise durch den Unternehmer Würth kürzlich sehr gelungen praktiziert.
 
Beim für alle Unternehmen wichtigen Thema Employer Branding gäbe es natürlich immer eine starke Konkurrenz zu großen, internationalen Konzernen. Gleichwohl könnten gerade hier die Familienunternehmen ihre ganz eigenen Spezifika besonders gut herausarbeiten und so gegenüber rein monetären Aspekten durchaus erfolgreich punkten.
 
Auf die Frage von Andreas Möller, wie es denn mit der Offenheit gegenüber digitalen Medien aussähe, sieht Tillmanns-Estorf eine klare Aufgeschlossenheit gepaart jedoch mit einer anderen Art des Umgangs, gerade im Bereich Social Media. Das Format müsse eben auch passen zu Firmenchef oder -chefin und – anders als bei vielen StartUps – fühle sich nicht jeder wohl als Sprachrohr auf LinkedIn. Die Rolle eines CEOs sei einfach grundsätzlich eine andere.
 
Warum es denn heute wieder cool sei, für ein Familienunternehmen zu arbeiten, wollte Möller noch abschließend wissen. „Familienunternehmen sind besondere Ökosysteme und bieten tolle Spielräume und Rahmenbedingungen, um an dem zu arbeiten, was die Identifikation für Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter für Unternehmen so braucht. Es geht um Werte, Positionen, Wertschätzung für Mitarbeitende und es geht um Chancen, die jeder Mitarbeitende dort für sich und das Unternehmen ergreifen kann“, so Tillmanns-Estorf.
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