Neulich nahm ein alter Bekannter ein Wort in den Mund, das mich seither beschäftigt: ENTSCHEIDUNGS-PHOBIKER.
Mein Bekannter meint damit all jene Menschen, die sich im Job fürchten, alleine Entscheidungen zu treffen.
Die sich – aus Angst, daneben zu liegen – vor jeder Entscheidung drücken.
Die selbst bei Peanuts die Chefin oder den Chef konsultieren und sich – devot herumscharwenzelnd – 100 Mal absichern.
Die sich während der Entscheidungsprozesse kein einziges Mal fragen „Was wäre die beste Lösung für mein Unternehmen?“ – sondern: „Wer kann mir sagen, was die da ganz oben gerade empfinden?“
Und die unzählige Arbeitskreise bilden – mit dem einzigen Ziel, ihre Entscheidungsverantwortung auf das Team abzuwälzen.
Mein Bekannter meinte: „Ich stehe jetzt seit 25 Jahren im Berufsleben. Noch nie habe ich es mit so vielen Entscheidungs-Phobikern zu tun gehabt wie jetzt.“ (Er arbeitet übrigens im Journalismus.)
Als er das sagte, musste ich an einen Politiker denken, den ich einmal interviewt hatte. Der gute Mann war bekannt dafür, dass er vor jeder strittigen Abstimmung auf die Toilette verschwand, um nicht Farbe bekennen zu müssen – und sich erst dann wieder blicken ließ, als die Entscheidung (ohne ihn) gefallen war. Seine Parteifreunde verpassten ihm deshalb den Spitznamen „Klo-Heinzi“. Auch bei meinem Interview wirkte er wie ein kleiner Hosenscheißer – statt klaren Antworten lieferte er nur ermüdende Allgemeinplätze und redete drumherum.
Ich denke mir: Lieber einmal falsch entscheiden, als sich nie festzulegen und einen solchen Spitznamen zu bekommen.
Autor: Wolfgang Ainetter,
wolfgang@ainetter.com