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Tatiana Hilger
04.03.2024   Kommentar
Stressmanagement in der PR: Warum wir dringend umdenken müssen
Es ist Freitagnachmittag. Da kommt sie. Eine E-Mail, die die Vorfreude auf den baldigen Feierabend zunichte macht und vielleicht sogar die Pläne für das Familienwochenende über den Haufen wirft.
Eine dringende Anfrage mit knapper Deadline. Jeder PR-Profi hat das schon einmal erlebt. Eine Situation, die Berufsanfänger schnell in Stress versetzt, aber auch erfahrene Kommunikateure immer wieder aus der Bahn werfen kann. Was am Ende des Tages den Unterschied ausmacht, ist, wie wir in solchen Situationen reagieren und ob unsere Arbeit zum Dauerstressfaktor wird.
 
Ich beobachte immer wieder, wie Kollegen in solchen Momenten den gleichen Weg einschlagen: Feierabend streichen, Familienpläne fürs Wochenende opfern, ständig Überstunden schieben. Es scheint ein Geheimabkommen der Kommunikationsbranche zu sein: Das eigene Leben und die eigene Gesundheit an den Arbeitgeber zu verkaufen. Sofortiges Handeln und permanente Erreichbarkeit werden mit Fleiß und Zielstrebigkeit gleichgesetzt. Es ist nicht immer das Ergebnis der Arbeit, das zählt, sondern die Art, wie wir nach außen wirken.
 
Diese Einstellung fordert oft einen hohen Preis: 37 Prozent der Deutschen geben an, sich durch ihre Arbeit ausgebrannt zu fühlen - Tendenz rasant steigend. Und Hand aufs Herz: Wer kennt nicht mindestens eine Person im beruflichen oder privaten Umfeld, die von Burnout betroffen ist? Selbst wenn die Folgen nicht so dramatisch sind, liegt es auf der Hand, dass ein solcher Arbeitsstil weder unserem Familienleben noch unserer Gesundheit dienlich ist.
 
Natürlich lässt sich Stress in unserer Branche nicht vermeiden: Mehrere Projekte gleichzeitig betreuen, unter Zeitdruck arbeiten, sich immer wieder in neue komplexe Themen einarbeiten – all das gehört zur Arbeit eines PR-Profis. Aber es ist nicht der akute Stress, der uns krank macht, im Gegenteil: Studien zeigen, dass kurzzeitiger Stress unsere Resilienz stärkt. Es ist die chronische Belastung, die uns unproduktiv und langfristig krank macht, wie ein unsichtbarer Feind.
 
Wenn wir nur in der Lage wären, unter Stress einen kühlen Kopf zu bewahren, kurz innezuhalten und über die optimale Handlungsstrategie nachzudenken! Dann könnten wir Situationen kreativer angehen und hätten mehr Handlungsoptionen im Arsenal.
 
Für uns, Kommunikatorinnen und Kommunikatoren, ist die Frage also nicht, ob wir Stress bewältigen müssen, sondern wie gut wir darin sind. Wie komme ich schnell runter, um im richtigen Moment die richtige Entscheidung zu treffen? Wie regeneriere ich mich schnell und nachhaltig nach einer akuten Stressphase? Wie fördere ich meine mentale Gesundheit im Alltag, um Stärke und Resilienz zu entwickeln?
 
Wir alle in der Kommunikationsbranche täten gut daran, das Erlernen von Stressmanagement-Methoden genauso ernst zu nehmen wie die Entwicklung von Fachkompetenz. Dann wäre eine dringende Anfrage am Freitagmittag eine kleine tägliche Herausforderung, die uns wachsen lässt, statt ein weiterer Schritt in Richtung Burnout.
 
Autorin: Tatiana Hilger ist Kommunikationsexpertin im Bereich Wissenschaftskommunikation und Coach. Neben ihrer Leidenschaft für PR beschäftigt sie sich aktiv mit den Themen Work-Life-Balance, mentale Gesundheit und Produktivität. Als Vorstandsmitglied der DPRG-Landesgruppe Niedersachsen-Bremen engagiert sie sich für den fachlichen Austausch in der Region.


Wichtiger Hinweis der DPRG: Der „Kommentar der Woche“ ist eine persönliche Meinungsäußerung der Autorinnen und Autoren, und stellt nicht die Meinung der DPRG dar. Bei Fragen, Anregungen und Wünschen zum Kommentar wenden Sie sich bitte direkt an die Autorin unter info@tatianahilger.de
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