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News / „Eins noch…“
Frank Behrendt
21.01.2024   Glosse
„Eins noch…“
PR-Leute müssen keine Angst vor der Zukunft haben!
Wenn das neue Jahr noch jung ist, hat die Zunft der Hellseher, Propheten und Wahrsager Hochkonjunktur. Auch Deutschlands größtes selbsternanntes Meinungsforschungsinstitut, also die BILD, hat pünktlich zum Jahresstart 2024 „den großen Branchen-Check“ gemacht. BILD fragte gnadenlos nach, wie es um Jobs, Löhne und die Auftragslage im neuen Jahr bestellt ist – und zwar bei denen, die wirklich an den Stellschrauben der Macht in unserer Wirtschaft sitzen – „bei verschiedenen Gewerkschaften“.
 
„WIE IST DIE LAGE WIRKLICH?“ lautete die erste Zeile. Fett, dramatisch, dem zitternden Leser suggerierend, dass jetzt mit den Beruhigungsfloskeln der politischen Märchenerzähler schonungslos aufgeräumt wird. Ich scrollte ängstlich runter und atmete auf: Unsere Branche war nicht aufgeführt. Die Auflistung begann mit A wie Auto: 781.600 Menschen arbeiten dort. Die Lage wird als „angespannt“ bezeichnet, hohe Energie- und Verbraucherpreise drücken auf die Nachfrage. Auf dem Bau ist die Lage anders angespannt, weil 12.700 Fachkräfte fehlen. Im Bäckerhandwerk ist es noch übler, da herrscht ein „massiver Arbeitskräftebedarf“, die Bäckereifachverkäufer „wandern zunehmend in den Einzelhandel ab“, wissen die Checker von BILD. Im Speditions- und Logistikgewerbe konnte die Branche „nicht an die wirtschaftlichen Erfolge der Vorjahre anknüpfen“. War da nicht irgendwas mit Corona und Lockdowns, die für einen außergewöhnlichen Online- und Delivery-at-Home-Schub gesorgt haben? Schwamm drüber. Trotzdem werden 70.000 LKW-Fahrer gesucht, transportieren kann die tolle Künstliche Intelligenz eben nix von A nach B.
 
Und wir Kommunikationsfuzzis? Sind wir schon Vergangenheit? Ein Auslaufmodell, weil wir zeitnah von smarten Tools ersetzt werden? Wahrscheinlich wollte uns die sensible BILD-Redaktion nicht mit der bitteren Wahrheit konfrontieren. Aber erfahrene PR-Player denken voraus: Ich fräste mich tief in den großen Branchen-Check hinein, um zu ergründen, wo die größten Chancen, die meiste Sicherheit und wachsende Löhne winkten. Natürlich in der IT, da fehlen schließlich 149.000 Fachkräfte. Ob die auf einen wie mich gewartet haben? Ich rief schließlich auch schon mal bei der Hotline an, um den Defekt meines Rechners zu melden. Am Ende stellte sich heraus, daß der Stecker nicht ordnungsgemäß eingesteckt war.
 
Weitersuchen. Dann ging die Sonne der Zukunftszuversicht auf: Ausgerechnet da, wo ich sie am wenigsten vermutet hätte: Im öffentlichen Dienst. Fünf Millionen Menschen sind dort aktuell beschäftigt und es fehlen unvorstellbare weitere 1.000.000 - in Worten: EINE MILLION - Leute!! Ein Eldorado. Die bekommen 2024 auch noch alle 5,5 Prozent mehr Lohn. Und pleite geht deren Arbeitgeber, Schuldenbremse hin oder her, auch nicht so richtig.
 
Wenn also die Luft dünn wird in der PR, dann wechseln wir alle in den öffentlichen Dienst. Ich habe schon mal in Köln die offenen Stellen gecheckt. Zum Beispiel beim Bundeskartellamt. Eine zentrale Anforderung lautet: „Eine gute mündliche und schriftliche Ausdrucksweise in deutscher Sprache.“ Die bringe ich nach vielen Jahren in unserer Branche definitiv mit. AHOI für 2024!
 
Kontakt zum Autor: frankzdeluxe@gmail.com
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