"Es gibt wenige Unternehmen, die diverser sind als wir."
Im Gespräch mit Tobias Geiger, Leiter Newsroom / Themenmanagement / Interne Kommunikation bei der Deutschen Bahn AG.
Tobias, wie divers ist die Deutsche Bahn? Und welche Rolle spielt Diversity in eurer Internen Kommunikation?
Ich denke, es gibt wenige Unternehmen in Deutschland, die diverser sind als wir. Immerhin beschäftigen wir weltweit über 300.000 Menschen, allein in Deutschland sind es Menschen aus über 100 Nationen. Damit sind wir ein Spiegelbild unserer multinationalen Gesellschaft. Diversity ist ein großer und wichtiger Schwerpunkt in unserer Kommunikation. So wurde Ende 2022 die Geschlechtertrennung der Unternehmensbekleidung aufgehoben.
Inwiefern stehen die Führungskräfte ein für Diversity Themen?
Jede Person aus dem Bahnvorstand repräsentiert eine Diversity Dimension in der Öffentlichkeit und unser Vorstandschef Richard Lutz hat sich mit großer Überzeugung für die Dimension sexuelle Orientierung gemeldet und ist damit unser Botschafter für alle LGBTQI+ Themen.
Wie sieht sein Engagement in der Praxis aus?
Die Deutsche Bahn fördert beispielsweise die Teilnahme an unterschiedlichen Christopher Street Days (CSD) in Deutschland und dann ist Richard Lutz bei mindestens einem CSD dabei oder trifft sich auch regelmäßig mit Mitgliedern unserer LGBTQI+ Gruppe „Railbow“. Er tut das aus voller Überzeugung und nicht, weil es gut für die PR der Deutschen Bahn ist.
Wie spielt ihr das Thema „Diversity“ in der externen Kommunikation?
Wir verstehen uns als weltoffene und diverse Gastgeberin, die jedes Jahr hunderte von Millionen Fahrgäste befördert. Jede und jeden behandeln wir mit der gleichen Aufmerksamkeit und der gleichen Zuwendung, unabhängig von sexueller Orientierung, Glaubensrichtung oder ethnischer Herkunft.
Trotzdem gibt es hin und wieder Herausforderungen, wenn man den Medien glauben darf.
Unsere Zugbegleiter*innen sind in den letzten Jahren durch intensives Training viel besser geworden, sowohl in in Krisensituationen, als auch im freundlichen Umgang mit Kund*innen. Es gibt natürlich hin und wieder Vorfälle, die durch die sozialen Medien geistern. Da heißt es dann, unser Personal sei nicht feinfühlig genug mit Passagieren umgegangen. Wir schauen uns jeden einzelnen Fall an an, und stellen oft fest, dass zuweilen die Emotionen an Bord hochgeschaukelt sind, ein Wort das andere gegeben hat und die Situation eskaliert ist. Und das, obwohl alle unsere Zugbegleiter*innen durch Deeskalationstrainings gehen.
Rund 25 Prozent aller in Deutschland lebenden Menschen haben einen Migrationshintergrund. Reflektiert sich das auch beim Personal der Deutschen Bahn?
Auf jeden Fall. Die Deutsche Bahn hat einen enormen Rekrutierungsbedarf. In den letzten Jahren haben wir zwischen 20.000 und 25.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt. In diesem Zusammenhang haben wir auch Menschen mit einfacher Qualifikation in Beschäftigung gebracht.. Wir arbeiten beispielsweise mit Schulen zusammen, weil wir sehr früh potentielle Auszubildende und Mitarbeiter*innen ansprechen wollen. Und wenn mal keine ausreichenden Deutschkenntnisse vorhanden sind, rekrutieren wir solche Menschen trotzdem und bilden sie dann „on the Job” aus - inklusive Sprachtraining. So können sie früh in den regulären ersten Arbeitsmarkt kommen.
Unser Personalbedarf ist so groß, dass wir mittlerweile versuchen, Busfahrer*innen aus Ägypten zu rekrutieren, weil es sie in Deutschland oder auch in Osteuropa nicht mehr gibt. Wir haben auch gezielt aus der Ukraine geflüchtete Menschen angesprochen, aber der Erfolg dieser Rekrutierungsversuche war leider überschaubar.
Wie sieht es beim Thema Diversity in Führungspositionen aus?
Momentan haben wir einen starken Fokus auf das Thema „Frauen in Führung“. Unser Ziel ist es, mehr Frauen in Leitungspositionen zu bringen. Die Deutsche Bahn hat noch immer sehr viele Männer in den entsprechenden Positionen und wir sind auf einem guten Weg, das Management insgesamt weiblicher und bunter aufzustellen.
Bunter heisst auch: mehr LGBTQI+ Menschen in Führungspositionen zu bringen?
Durchaus. Ich selbst bin offen schwul und damit geht der Konzern, gehen die Kolleg:innen insgesamt völlig normal und aufgeschlossen um. Besonders wichtig bei diesem Thema scheint mir aber, dass es in Unternehmen verschiedene Vorbilder und Identifikationsfiguren gibt, die jungen Menschen beim Coming Out helfen, die also Mut machen, zur eigenen Sexualität zu stehen.
Herzlichen Dank!