Infrastrukturvorhaben in Deutschland – Beteiligung zwischen Beschleunigung und Akzeptanz
Es ist ein Zielkonflikt: Deutschland soll schneller werden, zugleich braucht es Akzeptanz für die großen Vorhaben unserer Zeit. Denn Gegenwind bedeutet immer weniger Tempo. Diesem Thema hat sich jetzt der Arbeitskreis Akzeptanzkommunikation in einem Lunch Talk mit mehr als 45 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gewidmet.
Grundlage war ein Analysepapier der Kommunikationsberatung Johanssen + Kretschmer, das betrachtet, wie sich Beteiligung zwischen Beschleunigung und Akzeptanz wandeln muss, um gelingen zu können. Vera Grote, Partnerin bei Johanssen + Kretschmer, ging im Gespräch mit Moderator Timo Krupp vom Arbeitskreis Akzeptanzkommunikation auf die wichtigsten Erkenntnisse ein. Dazu gehört, nicht jedes Projekt einzeln abzuhandeln, sondern, dass sich möglichst viele Vorhabenträger mit ihren Projekten auf einer digitalen Plattform zusammentun. Die Chancen: eine mit jedem Einzelprojekt wachsende Community von Interessierten, gemeinsame Glossare und Erklärungen zu Verfahrensabläufen, Erkenntnisse aus zurückliegenden und ähnlichen Projekten – kurz mehr Fakten, Kontakte und Dialoge an einem Ort.
Auch die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) wurde prominent schon eingangs besprochen: Sie kann wertvolle Dienste bei der Verknüpfung von Datenschätzen leisten. Wer zudem Menschen beteiligen möchte, an denen Beteiligungsprozesse bisher vorbeigegangen sind, kann mit KI diese Gruppen besser identifizieren und gezielter ansprechen. Vera Grote betonte dabei die Bedeutung einfacher und verständlicher Sprache: KI-Tools können juristische oder technische Texte entsprechend für übersetzen und aufbereiten.
Auf Behördenseite mangelt es laut Studie an zwei Dingen: Personal und Digitalisierung. Der bereits heute vorhandene Fachkräftemangel wird laut Grote durch den Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge noch verschärft. Zugleich hält die Digitalisierung der Prozesse mit dieser Entwicklung nicht Schritt.
Mehr Geschwindigkeit in Beteiligungsprozessen ließe sich zudem durch eine frühzeitige Mitwirkung bzw. Teilnahme der Behörden erreichen, die der Gesetzgeber aktuell allerdings nicht verpflichtend vorsieht. Vera Grote brachte auch eine Task Force der Behörden für Großprojekte ins Gespräch. Neben gutem kommunikativem Handwerk in Beteiligungsprozessen gibt es also eine Reihe von weiteren Stellschrauben, die den Zielkonflikt zwischen Akzeptanz und Beschleunigung ein wenig entschärfen könnten.
Beim Lunch Talk mit Vera Grote, die seit weit über einer Dekade in der Beratung um Umsetzung rund um Beleidigungsprozesse und großer Infrastrukturprojekte tätig ist, wurde vor allem aber eins deutlich: Die neuen Rahmenbedingungen, die seitens der Politik geschaffen werden, müssen für die Kommunikationsarbeit in konkrete Maßnahmen und Leitlinien übersetzt werden. Und das Wissen darüber muss geteilt werden.
Seit Bestehen setzt sich der Arbeitskreis Akzeptanzkommunikation der DPRG eben für diese Themen ein und hat mit Vera Grote und der DialogGesellschaft e.V. starke Mitstreiter auf diesem Weg. Hier gibt es viel zu tun – und das möchten DPRG und DialogGesellschaft e.V. gemeinsam angehen.