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09.12.2023   Bayern
Von der Terra Incognita gehts in den tiefen, weiten KI-Ozean
DPRG Bayern ruft zum KI-Reality-Check – und schon morgens sind knapp 50 Besuchende vor Ort
Ein sehr weites Feld, das Thema „Echt jetzt? Führt KI die PR in eine Vertrauenskrise?“, mit dem die DPRG Bayern am 1.12. in München gleich morgens zur Präsenzveranstaltung geladen hatte. Und überraschend viele kommen, an die 50. Es ist die erste externe Veranstaltung überhaupt in den neuen Räumen des „Lucky Punch Comedy Clubs“ im Münchener Gasteig. Gäste ebenso wie das fünfköpfige Podium nehmen die Umstände – es bleibt erst mal ziemlich kalt – mit Humor, und das Thema so praktisch konkret, wie es eben im so dynamisch sich entwickelnden KI-Markt der Möglichkeiten gerade geht.
 
Insgesamt überwiegt die Freude am Neuen, an den Möglichkeiten, die durch allzu viele Bedenken schlicht verpasst werden könnten. Auch der oft genannte Satz, nicht die KI ersetze menschliche Schaffenskraft, sondern bestenfalls ein Mensch, der wiederum KI zur besseren, schnelleren Analyse, Kreation oder Kreativität nutze, fällt einmal mehr. In jedem Fall bleibe dem Menschen die Verantwortung für Ergebnisse der KI, für Überblick und Reality-Check.
 
Die Diskussionsimpulse geben Petra Sammer, Beraterin und Buchautorin für Storytelling, ehemalige Chief Creative Officer von Ketchum und Prof. Dr. Michael Bürker, Professor für Marketing, Kommunikation und Marktforschung sowie Vorsitzender der DPRG-Landesgruppe Bayern.
 
Wie gut es doch ist, wenn sich alle an Regeln halten. Dann steht unter jedem Blog-Artikel, LinkedIn-Post und jeder Pressemitteilung, jeder Bildkomposition, die das Thema verblüffend verständlich illustriert, dass sie wenigstens teilweise mit Hilfe generativer KI erstellt wurde. So will es kurz gesagt die neue Richtlinie KI des DRPR (Deutscher Rat für Public Relations).
 
Bald auch steht auch das im Raum, was die damalige Kanzlerin „Neuland“ nannte, lateinisch die „terra incognita“, und damit die Möglichkeiten und Realitäten der rasanten Digitalisierung meinte – ein gemischtes, bisweilen mulmiges Gefühl. Im Fall der Welle generativer KI, die sich als steiler Hype gerade jährte, könnte von einem „POST OCEANUM NIHIL“, einem unheimlichen Ozean gesprochen werden. Wie die Römer angesichts der Nordsee beschleicht auch heute manche Nebenstehende die Furcht, dass sich irgendwo hinter der Wasserkante ein gähnender Orcus auftut, über den alles Dagewesene einfach hinunterfällt.
 
Doch die DPRG sorgt rasch für professionell kurzweilige Erdung. Moderator Michael Bürkers Frage „Was geht schon richtig gut?“ bekam Antworten wie „Quantität geht gut, bei der Qualität sind Menschen gefragt, die ihr Handwerk beherrschen“. Während die Handwerker noch gefragt bleiben, sieht Birgit Heinold die Künstler in der Branche unter Druck: „Dem Sprecher bleiben Analyse, Strategie und Bewertung“, sagt die Management Director bei der Markenagentur mit PR-DANN Archetype, „das Spielerische übernimmt der Computer“.
 
Was Fakes angeht, immerhin Titelthema, empfiehlt Prof. Dr. Lars Rademacher, seitens des Deutschen Rats für Public Relations (DRPR) federführend bei der Erstellung der DRPR-Richtlinie zum Einsatz von KI in der PR: Gelassenheit. Insofern dass ein gewisses Maß an Genrewissen vorausgesetzt werden könne, gerade wenn KI etwa im satirischen Kontext daherkomme. Prof. Dr. Michael Bürker gibt da zu bedenken, dass laut einer Studie 40 Prozent der deutschen Bevölkerung Nachrichten nicht von Werbung unterscheiden könnten – die Älteren verfügen sogar über weniger Medienkompetenz als die Jüngeren. Rademacher hält es schon bald für denkbar, dass umgekehrt eine Kennzeichnung von „genuin menschgemachtem“ Content stattfinden könnte.
 
Andreas Rossbach, Team Lead CorpComms bei Acronis und in der AG CommTech verantwortlich für KI, lenkt den Blick ganz auf die professionelle PR und appelliert an einen übergreifenden Common Sense. Rossbach berichtet vom Einsatz im Unternehmen, dass Stand heute „keine Bots“ eingesetzt würden, andererseits angesichts von über 3.000 KI-Lösungen im Markt die große Frage inzwischen sei: „Was davon nutzt man?“ Produktiv eingesetzt werde KI in seinem Unternehmen im Media-Monitoring (im Sinne von Analysen), der Content Produktion (etwa Produkt-Beschreibungen und Headline-Variationen), der Foto-Generierung sowie Übersetzungen und Untertitel von Videos.
 
Birgit Heinold berichtet von „vielen Experimenten mit KI“ und zeigt sich beeindruckt mit wie vielen Narrativen Sprach-KI arbeiteten. Neben dem Verarbeiten großer Datenmengen im Monitoring werde daran gefeilt, aktuelle Themen zu verifizieren, zu denen „Unternehmen Standpunkte haben sollten“. Zugleich werde an einem eigenen Tool gearbeitet, das es Unternehmen erleichtere „eigene Botschaften“ zu formulieren.
 
Als ein Zeichen, wie weit das Involvieren von KI in entscheidende Abläufe der PR bereits fortgeschritten ist, berichtet Petra Sammer von dem massiven Trend im angelsächsischen Sprachraum, wo es inzwischen üblich sei, dass Kunden Briefings an PR-Agenturen von einer KI erstellen ließen. Die Frage, ob diese in der Praxis oft recht vieldeutig, wenn nicht sogar dürftig ausfallenden Anforderungen der Kunden an das kreative PR-Produkt dank KI an Deutlichkeit und Brauchbarkeit gewinnen würden, bleibt indes im Raum. Ebenso wie der große rechtliche Rahmen.
 
Erst die anstehenden Entscheidungen auf europäischer Ebene werden wohl auch bislang zögernden Unternehmen belastbare Fundamente für ihre individuellen KI-Strategien liefern – oder eben auch nicht. Eines ist an diesem Dezembertag 2023 in München völlig unstrittig: Umgang und Nutzung von KI wollen beherrscht sein. Die PR bedient sich bereits mit hoher Energie der neuen Werkzeuge. Probiert dabei noch aus, ob und wie weit sie als Sieben-Meilen-Stiefel taugen.
 
Ohne den Einsatz von LLM-KI genuin erstellter Content von Josef Schmaus


Foto: Prof. Dr. Michael Bürker, Birgit Heinold, Andreas Rossbach, Prof. Dr. Lars Rademacher, Petra Sammer (v.li.n.re.)
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