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Prof. Dr. Lars Rademacher
06.11.2023   News
„Die Meinungsfreiheit ist in Gefahr. Wir müssen für sie kämpfen.“
In diesem Interview teilt Prof. Dr. Lars Rademacher, Professor an der Hochschule Darmstadt, seine Sicht auf die sich wandelnde Bedeutung der Kommunikation in unserer sich stetig verändernden Gesellschaft - von aktuellen Problemen wie dem Klimawandel bis zu den Aufgaben der Kommunikatorinnen und Kommentatoren in Zeiten aggressiver werdender öffentlicher Diskurse.
Nils Haupt: Was sind Deine aktuellen wissenschaftlichen Themen, an denen Du arbeitest?
 
Prof. Dr. Lars Rademacher: Wir fokussieren uns auf die Rolle der Kommunikation in gesellschaftlichen Veränderungsprozessen. Ich leite derzeit das Promotionszentrum Nachhaltigkeitswissenschaften an unserer Hochschule. Hier spielt Kommunikation eine entscheidende Rolle, denn angesichts der massiven Veränderungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Technologie müssen wir den Menschen kontinuierlich erklären, warum Veränderungen notwendig sind.
 
Beispielsweise hätten aktuelle Auseinandersetzungen rund um das neue Heizungsgesetz der Bundesregierung vermieden werden können, wenn es die Verantwortlichen besser erklärt und kommuniziert hätten. Wer professionell und umfassend kommuniziert, der gewinnt Herz und Hirn der Menschen. Das ist unsere Aufgabe, für uns Kommunikatorinnen und Kommunikatoren sowohl eine Herausforderung, als auch eine große Chance, unser Können unter Beweis zu stellen.
 
Nils Haupt: In einer Krisenzeit mit Themen wie Klimawandel, Kriegen und gesellschaftlichen Transformationen: welche Rolle spielen die Kommunikationswissenschaften?
 
Prof. Dr. Lars Rademacher: Kommunikation spielt zweifellos eine immense Rolle. Der aktuelle Zustand der Gesellschaft ist jedoch geprägt von aggressiven und polarisierenden Diskussionen, bei denen es weniger um rationale Argumente geht. Hierbei sind alle gesellschaftlichen Akteure involviert, doch es wird versäumt, Argumente auszutauschen und Konsens zu suchen.
 
Dies zeigt sich insbesondere in der Art und Weise, wie der öffentliche Diskurs geführt wird. Gegenseitige Anerkennung und die Bereitschaft, auf Argumente einzugehen, sind von entscheidender Bedeutung. Die Kommunikationswissenschaft kann solche öffentlichen Kommunikationsprozesse begleiten und überprüfen. Auch im Bereich der Aufdeckung und Beschreibung von Desinformation und Informations-Bias kann die Forschung wichtige Beiträge leisten.
 
Nils Haupt: Welche Rolle spielen Kommunikatoren in Unternehmen, Verbänden, Organisationen und Parteien? Machen sie ihre Aufgabe gut? Was sollten sie jetzt tun?
 
Prof. Dr. Lars Rademacher: Kommunikatorinnen und Kommunikatoren sollten in einer Demokratie die Meinungsfreiheit, öffentliche Diskussion und Transparenz fördern. Sie müssen die demokratischen Werte schützen und die freie Meinungsäußerung sicherstellen.
 
Aktuelle Studien zeigen, dass Teile der politischen Rechten das System stürzen möchten. Kommunikatorinnen und Kommunikatoren sollten deshalb die freie Rede und den Dialog mit Andersdenkenden verteidigen, um die Demokratie zu schützen. Das gilt besonders für PR-Profis, die von einem starken und unabhängigen Journalismus profitieren.
 
Nils Haupt: Welche wissenschaftlichen Thesen oder Veröffentlichungen haben Dich in den letzten Monaten besonders bewegt oder beschäftigt?
 
Prof. Dr. Lars Rademacher: Wir haben eine internationale Studie durchgeführt, in der wir untersucht haben, was Journalisten und PR-Profis heutzutage tun. Unsere Ergebnisse zeigen eine starke Konvergenz in ihren Aufgaben. Zum Beispiel ist das Kuratieren von Themen eine Schlüsselaufgabe für beide Gruppen.
 
Nils Haupt: Welche Rolle spielen Internet und Social Media in der Transformation?
 
Prof. Dr. Lars Rademacher: Ich sehe da eher eine negative Verschiebung. Die hohen Erwartungen an das Internet und soziale Medien haben sich für die meisten Menschen nicht erfüllt. Große weltweit agierende Konzerne haben die Kontrolle über die Plattformen. Deshalb sollte die Regulierung sozialer Medien verstärkt werden, um Meinungsfreiheit und Vielfalt zu schützen. Die Konzentration von wirtschaftlicher und Meinungsmacht war noch nie so hoch. Wir müssen deshalb alle miteinander um jeden Preis für den Erhalt der freien Meinungsäußerung einstehen und kämpfen.
 
Nils Haupt: Welche Themen siehst Du für die Zukunft der Kommunikationswissenschaft und Forschung?
 
Prof. Dr. Lars Rademacher: Künstliche Intelligenz wird zweifellos ein dominantes Thema sein, aber die Rolle der PR in sozialen und wirtschaftlichen Transformationen bleibt enorm wichtig. Die Frage, wie Menschen mit der Digitalisierung umgehen und wie sie sich auf ihre Gesundheit und Leistungsfähigkeit auswirkt, wird verstärkt in der Kommunikationswissenschaft und PR-Forschung diskutiert werden.
 
Nils Haupt: Wie siehst du das Engagement der DPRG? Was sollte beibehalten, reduziert oder verstärkt werden?
 
Prof. Dr. Lars Rademacher: Die DPRG deckt eine beeindruckende Bandbreite von Themen ab, was großartig ist. Es wäre wünschenswert, wenn die DPRG sich noch stärker auf aktuelle Forschung konzentrieren würde, insbesondere in Podcasts und Interviews. Kolleginnen und Kollegen in Baden-Württemberg machen das bereits vorbildlich. In dieser Hinsicht könnte meiner Meinung nach mehr getan werden, aber insgesamt bin ich sehr zufrieden mit der Arbeit der DPRG.
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