PR – Legenden – heute: Gabriele Eick
„Ein Adressbuch ist kein lebendiges Netzwerk“
„Guten Morgen aus Artà Mallorca“, sagt Gabriele Eick, als wir sie telefonisch erreichen. Eigentlich verbindet man sie und ihren guten Namen immer mit Frankfurt, denn die Mainmetropole ist ihr in den vergangenen Jahrzehnten zur Heimat geworden. Mallorca ist Zufluchts-, Erholungs- und Entspannungsort für die PR – und Marketing-Expertin, die ein Alter erreicht hat, in dem viele bereits den Ruhestand genießen.
Von 1990 bis 1993 war Gabriele Eick Chefin der Frankfurter Wirtschaftsförderung, ihr gelang der geniale Coup, die Europäische Zentralbank EZB mit ihrem Hauptsitz an den Main zu locken. Der Sprung in die PR Branche erfolgte als Vorsitzende der Geschäftsführung von Burson-Marsteller, bis sie 1998 als Leiterin des Konzernstabs Marketing und Unternehmenskommunikation zur Dresdner Bank wechselte. Über viele Jahre war sie zudem die Präsidentin des Marketing-Clubs Rhein-Main., sechs Jahre war sie Vize-Präsidentin des Deutschen Marketing Verbandes. Seit dem Jahr 2000 ist sie selbstständige Unternehmensberaterin.
„Als ich mich selbstständig gemacht habe, war meine größte Sorge, wie ich an ausreichend Informationen kommen werde. Der Marketing Club hat hierbei eine große Rolle gespielt, aber auch meine Zeit bei der Dresdner Bank. Dort habe ich alles erlebt und gelernt, was man sich vorstellen kann – vor allem Krisen-Kommunikation.“
Heute berät Eick verschiedene Top-Entscheider der Wirtschaft, über viele Jahre zählte unter anderem die EZB zu ihren wichtigen Kunden. Sie ist Multi-Aufsichtsrätin und gefragt in vielfältigen Ehrenämtern. Ihr Credo als Beraterin: „Nie herumeiern. Authentisch sein. Ehrlich sein. Und geradlinig.“ Im Rhein-Main-Gebiet ist Gabriele Eick hervorragend vernetzt. „Ich habe einen sehr guten Bekanntheitsgrad erlangt, den ich mir hart erarbeitet habe. Jungen Menschen sage ich immer, dass es extrem wichtig ist, unsere heutigen technischen Möglichkeiten zu nutzen, um eine Adressdatenbank aufzubauen und zu pflegen, um gezielt Menschen zu verknüpfen, Wissen zu erweitern oder Faktenchecks zu machen. Ich bin gerne mit Menschen zusammen und genieße den Austausch und das Lernen von andern.“
Und sie pflegt ihr Netzwerk wie kaum ein anderer: „Ich interessiere mich für die gesamte Persönlichkeit meiner Kunden und meines Netzwerkes, ich weiß um Freuden aber auch Sorgen, lebe sozusagen ein klein wenig deren Leben mit und reagiere, was immer passiert, kenne ihre Geburtstage und gratuliere, schicke persönliche Weihnachtsgrüße. Netzwerken bedeutet, Beziehungen lebendig zu erhalten. Es reicht nicht, einfach nur Namen im Adressbuch zu haben. Netzwerkmanagement erfordert auch innere Ehrlichkeit. Man muss die Menschen, die man in sein Netzwerk aufnimmt, wirklich mögen, schätzen und pflegen. Das ist zeitaufwändig, aber man bekommt auch unglaublich viel zurück.“
Das spürte Gabriele Eick, als ihr Mann im Jahr 2020 plötzlich verstarb: „In diesem Moment spürte ich, wie viele da waren, die sich um mich gekümmert haben, die plötzlich mit Essen vor der Tür standen. Ein Freund, der gerade nach schwerster Krankheit von uns gegangen ist, zeigte über Monate mit kleinen Gesten, das das Leben den Lebenden gehört. Da helfen keine leeren Floskeln, sondern es geht da um echte Unterstützung von Freunden und Kontakten.“
Noch ist sie fast täglich unterwegs, besucht Veranstaltungen, berät Kunden, pflegt ihr Netzwerk. Aber bald will sie es ruhiger angehen lassen: „Jetzt ist es ist Zeit für Jüngere. Ich möchte nicht, dass man sagt: "Wann hört sie endlich auf?" Stattdessen sollen sie sagen: "Oh, wie schade, dass sie aufhört." Loszulassen im Leben ist eine Kunst. Insofern habe ich einen klaren Plan und werde mich nach und nach zurückziehen. Ganz aufhören? Nein, das werde ich wohl nie. Dazu liebe ich meine Arbeit viel zu sehr. Und ich glaube fest daran: Wer rastet der rostet“.
Was sie jungen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren für den Berufseinstieg raten würde? „Es gibt kaum einen Beruf, der so vielfältig ist wie der unsere. Mit einer soliden Grundausbildung in Kommunikationswissenschaften, handwerklichem Können und Talent stehen einem unzählige Berufsmöglichkeiten offen. Es ist ein unendlich kreativer Beruf, der lebenslang herausfordernd bleibt.“
Und sie möchte junge Menschen aufrütteln. „Unser Land steht vor großen Herausforderungen. Manche gegenwärtigen politischen Entwicklungen sind besorgniserregend und wir dürfen nicht davor zurückschrecken, darauf hinzuweisen, Haltung zu zeigen, und zuweilen auch mal für unser demokratisches System auf die Straße zu gehen.“
„Freude und Inspiration durch ehrenamtlichen Einsatz“ hieß ein Vortrag, den sie kürzlich gehalten hat. Dieses Motto lebt sie vor. Kommende Woche geht es von Mallorca wieder nach Frankfurt. Der Terminkalender ist voll. Sie wird erwartet. Und sie wird es lieben, wieder lächelnd in ihr Netzwerk einzutauchen.