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News / Vom Zorn zur Zuversicht
Titus Heyme
02.10.2023   Kommentar
Vom Zorn zur Zuversicht
Warum es jetzt auf positive Zukunftsbilder ankommt und welche Rolle die PR-Fachleute dabei spielen sollten, diese zu fördern, das erläutert Titus Heyme.
Es war einmal: Die 2020er Jahre als Dekade des Aufbruchs, das Jahrzehnt, in dem endlich ernst gemacht würde mit Klimaschutz, Digitalisierung und Innovation. „Mehr Fortschritt wagen“, wie es die Ampelparteien in ihrer Koalitionsvereinbarung bezeichneten. Von der einstigen Aufbruchserzählung ist wenig geblieben.
 
Der zaghafte Zukunftsoptimismus, der nach Corona und vor dem russischen Angriff auf die Ukraine die öffentliche Debatte um eine seltene Perle bereicherte, ist leider in großen Teilen Wut und Emotionalität gewichen, die sich in einer Art Endzeitstimmungsnebel über das Land gelegt haben. In ihm wird statt nach Auswegen allenfalls nach Schuldigen und Superlativen gesucht. Wie dicht dieser Nebel ist, zeigt eine aktuelle Civey-Umfrage. Für 37 Prozent der Deutschen ist „Wut“ der treffendste Begriff für ihre aktuelle Gefühlslage. Dahinter folgen "Unsicherheit" mit 31 Prozent und "Kontrollverlust / Machtlosigkeit" mit 26 Prozent. „Zuversicht“ schafft es mit 25 Prozent nur noch auf den vierten Platz.
 
Viel Schimpf und Schande kommt auch aus den Chefetagen der Konzerne und Verbände. Ob Deutschland auf „den Abgrund“, auf „eine Mauer“ oder die „Planwirtschaft“ zusteuert, darüber sind die Chefs der Wirtschaftsverbände uneins. Ihre Wut auf die „katastrophale“ politische Führung des Landes ist jedoch unmissverständlich. Dass eine Demokratie die kritische und intensive Debatte braucht, ist unbestritten.
 
Ebenso unbestreitbar allerdings ist, dass sich Deutschland und Europa in hochkomplexen Herausforderungssituation befinden, in der zahlreiche neuartige Probleme neue Lösungen erfordern. Dafür braucht es neben einem konstruktiven Geist und einer möglichst engen Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik auch eine Form der Kommunikation, die die Menschen motiviert, sich für die Zukunft zu engagieren, statt sie mit Schreckensbildern zu entmutigen.
 
Denn um die zahlreichen Herausforderungen wirtschaftlich und sozial verträglich zu meistern, sind wir auf jede und jeden Einzelnen angewiesen. Wer statt über Lösungen zu sprechen Existenzängste schürt und statt klarer, aber sachlicher Kritik in die Sprache von Populisten verfällt, treibt die Menschen nicht zuletzt in deren Fänge – und gefährdet damit die Zukunftsfähigkeit des Landes.
 
Weit weniger dramatisch, dafür aus der Perspektive positiver Zukunftsbilder dennoch hinderlich ist im Übrigen die übermäßige Verwendung technokratischer Begriffe wie „Transformation“ von Werbetexten bis Talkshows. Mal im Ernst: Das klingt eher nach Arbeitsplatzverlust als nach dem Aufbruch in eine Zeit neuer wirtschaftlicher Blütezeit, in der alle am Wohlstand teilhaben.
 
Natürlich ist es nicht allein Aufgabe der PR-Fachleute, gegen die negative Stimmung in der Republik anzukämpfen. Dennoch kommt ihnen eine besondere Rolle zu. Denn das, was die Öffentlichkeit als Stimme der Wirtschaft wahrnimmt, entsteht maßgeblich in den Büros der Presse- und Öffentlichkeitsteams von Unternehmen und Verbänden – und diese Stimme wird nicht nur gehört, sondern hat Gewicht: Laut dem Edelman Trust Barometer vertrauen die Deutschen Unternehmen mehr als der Politik und CEOs mehr als Regierungsführern. In einer Zeit, in der es der Politik schwerfällt, ein glaubhaftes und positives Aufbruchsversprechen zu geben, ist es umso wichtiger, dass die PR-Spezialisten und Spin-Doktoren der Wirtschaft dazu beitragen, den Blick ihrer Mitarbeiter und der Öffentlichkeit in die Zukunft zu lenken.
 
Sagen, was ist, wo die Streitpunkte liegen, welche Lösungen es gibt und welche Erfolge bereits erzielt wurden. In einer verständlichen Sprache und ohne die Wut weiter anzuheizen. Nur so kann es gelingen, das derzeitige Endzeitstimmungskarussell zu verlangsamen und damit nicht zuletzt den Populisten den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Über den Autor
 
Titus Heyme ist seit 2019 im PR-Bereich der Berliner Strategie- und Kommunikationsberatung Christ&Company tätig und verantwortet unter anderem die digitale Kommunikation des Chairmans. Parallel studiert er Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste in Berlin.
 
Titusheyme@live.de
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