Die CDU, die Kommunikation und die bröckelnde Brandmauer
Der Freistaat Thüringen erweist sich für die CDU als schlechtes Pflaster, wenn es um eine gute Kommunikation in Sachen „Brandmauer“ zur AfD geht. Ein Kommentar von Liane Bednarz.
Bereits Ende Juli musste der Parteivorsitzende Friedrich Merz zurückrudern, nachdem er als Reaktion auf die Wahl eines AfD-Landrats im thüringischen Sonneberg verkündet hatte, im Falle der Wahl von AfD.lern zu Bürgermeistern oder Landräten müsse „nach Wegen gesucht werden, wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet“.
Seither heißt es aus der CDU, es dürfe nirgendwo eine „Zusammenarbeit“ mit der AfD geben. Aber bis heute hat sie versäumt zu erläutern, was „Zusammenarbeit“ heißt. Das fällt ihr nun auf die Füße, seit sie mit den entscheidenden Stimmen der AfD im Thüringer Landtag einen Gesetzesentwurf zur Senkung der Grunderwerbssteuer von 6,5 auf 5 Prozent durchgesetzt hat.
Statt die neuerliche Empörung ernst zu nehmen, reagiert Merz trotzig. Man mache sich nun einmal nicht abhängig von anderen Fraktionen. Geradezu genervt reagierte die eigentlich liberale stellvertretende Parteivorsitzende Karin Prien im „Deutschlandfunk“. Es gebe „keine Zusammenarbeit“. Sie sei es „langsam leid, das jeden Tag aufs Neue zu wiederholen“.
Doch es gibt nun einmal offene Fragen: warum hat die CDU das Angebot des Ministerpräsidenten Bodo Ramelow nach einer Kompromissfindung nicht angenommen? Ist es glaubwürdig, dass die CDU angeblich nichts davon wusste, wie die AfD abstimmen würde? Dass niemand mit niemandem auf den Fluren des Landtags geredet hat? Immerhin ist Merz‘ Vor-Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer 2020 krachend daran gescheitert, die Thüringer CDU-Fraktion davon zu überzeugen, dass es falsch war, gemeinsam mit der AfD den FDP.ler Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten zu wählen.
Die CDU befindet sich in einem kommunikativen Desaster. Oder, um es mit dem schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther auszudrücken: „Wenn die Kommunikation klar gewesen wäre, wäre so etwas wie in Thüringen auch nicht passiert.“
Liane Bednarz ist eine promovierte Juristin und liberal-konservative Publizistin. Sie beschäftigt sich insbesondere mit der Abgrenzung zwischen konservativem und neurechtem Denken. Im Frühjahr 2018 erschien im Droemer-Verlag ihr letztes Buch „Die Angstprediger – Wie rechte Christen Gesellschaft und Kirchen unterwandern“.
Wichtiger Hinweis der DPRG: Der „Kommentar der Woche“ ist eine persönliche Meinungsäußerung der Autorinnen und Autoren und stellt nicht die Meinung der DPRG dar. Bei Fragen, Anregungen und Wünschen zum Kommentar wenden Sie sich bitte direkt an die Autorin unter liane.bednarz@web.de