Warum es manchmal gut ist, den Titel „Diversity Management“ zu vermeiden - und es dennoch zu tun?
„Diversity Management“ ist ein Begriff, der mit vielen verschiedenen Bedeutungen angefüllt werden kann. Das führt oftmals zu Missverständnissen und Fehlern, wie Andreas Gailus in seinem einführenden Referat deutlich machte.
Wer den Begriff in Google oder Social Media sucht, wird häufig auf Artikel zu Themen wie Diskriminierung, Vielfalt als gesellschaftlichem Wert, LGBTQ* etc. geleitet. Das gehört dazu, ist aber nicht die ganze Wahrheit. Deshalb, so der Rat, ist es manchmal besser, den Titel „Diversity Management“ zu vermeiden, wenn man Erfolg haben möchte. Ein Widerspruch?
Dass es nicht so sein muss, untermauerte Andreas Gailus mit Beispielen aus der aufkommenden Cancel-Culture, der zunehmend differenzierteren Stellenbeschreibungen zum Diversity-Equity-Inclusion, sowie aus den Praxisberichten von Unternehmen in Deutschland.
Richtig verstanden und angewendet, kann Diversity Management Unternehmen bei der Überwindung des Fachkräftemangels enorm helfen. Es bietet viele Lösungsansätze für Verbesserungen in der Kommunikation, im eigenen Recruiting und in der Bindung von Mitarbeiter:innen.
Und ebenso macht es Sinn, gelebte Vielfalt in einer gesunden Unternehmenskultur Wirklichkeit werden zu lassen. Allerdings sollten es Kommunikationsverantwortliche und Beauftragte für Diversity Management vermeiden, Begrifflichkeiten wie Diversity Equity Inclusion (DE&I) und andere missionarisch einzusetzen. Damit, so die Erfahrung von Andreas Gailus, werden eher Widerstände geweckt und Missverständnisse erzeugt.
„Diversity Management“ ist aus Sicht einer Unternehmung ein Konzept das Strukturen und Tätigkeiten umfasst, die Vielfalt, Respekt und Individualität zum Kern des unternehmerischen Handelns werden lassen. Doch wie lässt sich ein solches Konzept erfahrbar machen und umsetzen? Schließlich geht es um immaterielle und materielle Maßnahmen und Prozesse, die verzahnt werden sollen.
Etwas polarisiert könnten Ziele von Diversity-Investitionen eines Unternehmens sein:
- Vielfalt zu leben und damit Kreativität zu beflügeln,
- eine friedliche Ko-Existenz der Mitarbeitenden herzustellen, und damit einen reibungsloseren (Produktions-)Ablauf,
- Diskriminierungen und damit zugleich Blockaden der Zusammenarbeit abzubauen.
Die Maßnahmen und die Kommunikation des Diversity Managements unterscheiden sich demnach enorm. Beispielhaft wäre das Fest der Kulturen gut für ein Unternehmen, um das Verständnis für Verschiedenheit zu steigern und um Diskriminierungen abzubauen. Oder die intensive Bearbeitung von Diversity Blindness im Rekrutierungsprozess, um vielfältige Teams aufzubauen.
Um eine nachhaltige Unternehmenskultur zu etablieren, kommt es zu Beginn darauf an, die Ausgangssituation zu ermitteln. Auf dieser Basis kann entschieden werden, wie eine authentische Diversity-Kommunikation aufgebaut wird. Das heißt, ein analytischer Blick auf Unternehmensstrukturen ist wichtig. Dazu zählen Prozessstrukturen wie Rekrutierung von Mitarbeiter:innen, Onboarding, Bindung von Mitarbeiter:innen, Marktstrategien, Image-Themen und weitere.
In der breiten medialen Darstellung wird diese Struktur- und Management-Perspektive aber eher vernachlässigt. Zum Beispiel könnte es sehr erfolgversprechend sein, wenn Unternehmen ihre Erwartungen und Werte früh und authentisch kommunizieren, wenn sie Freiraum und Motivation für Team-Begegnungen geben und wenn sie Unterschiede sehen und wertschätzen, statt auf vermeintliche Gleichheit aller Mitarbeiter:innen zu pochen. Dies trifft auch die Erfahrungen von Teilnehmer:innen des Weiterbildungsprogramms „Diversity Developing Manager“, die von Akteuren der Hochschule Augsburg, compass international und gailus.ORG durchgeführt wird: Ein Team lernt laufen, wenn jede einzelne Person gesehen und gewürdigt wird.
Autorin: Zora Hocke-Bolte
Arbeitskreisleiterin
Gesundheitskommunikation
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