Beteiligung ist nicht gleich Beteiligung. Die neue Richtlinie „Bürgerbeteiligung und Kommunikation“ des Deutschen Rates für Public Relations (DRPR) beseitigt nun Regelungslücken. Sie regelt freiwillige Partizipation und legt Standards fest.
Vorstellung Fachöffentlichkeit
Am 1. Dezember 2022 hat der DRPR seine neue Richtlinie den Medien sowie der Fachöffentlichkeit vorgestellt. Wissenschaftliche Erkenntnisse und Praxisberichte hatten Regelungslücken attestiert. „Auf Anregung des DPRG-Arbeitskreises Akzeptanzkommunikation haben wir eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen. Sie hat sich intensiv mit Kodizes sowie Regelwerken auseinandergesetzt“, sagt Lars Rademacher, Vorsitzender des DRPR und Professor für Public Relations an der Hochschule Darmstadt.
„Partizipation ist wichtiger Bestandteil der Bürgergesellschaft. Außerdem hilft sie oft, Projekte besser zu machen. Das möchten wir anerkennen und Bürgerbeteiligung vor Missbrauch schützen. Daher bieten wir mit unserer Richtlinie allen an freiwilligen Beteiligungsprozessen Beteiligten eine Beschwerdemöglichkeit, Verstöße gegen eine gute Praxis zu melden und können bei Verstößen nun auch selber tätig werden", erklärt Lars Rademacher weiter.
Richtlinie: Transparenz, Frühzeitigkeit, Verbindlichkeit
Inhaltlich sind Kriterien wie Transparenz über die Einflussmöglichkeiten sowie die Frühzeitigkeit und Verbindlichkeit von Verfahren geregelt. „Im Feld der Bürgerbeteiligung tummeln sich Akteure, die Beteiligung missbrauchen und Bürgerinnen und Bürger täuschen. Unserem Berufsfeld muss daran gelegen sein, dies zu sanktionieren und für eine gute Praxis einzutreten. Mit der neuen Richtlinie ist das nun möglich. Hoffentlich wird sie zum scharfen Schwert gegen schwarze Schafe“, so DPRG-Präsident Norbert Minwegen.
Praxis befürwortet Richtlinie
Kevin Zdiara, Bürgerreferent beim Stromnetzausvorhaben SuedLink, begrüßt die Richtlinie. „Die zentrale Forderung nach einer frühzeitigen sowie aktiven Einbindung potenziell Betroffener durch Vorhabenträger ist richtig. Wichtig ist es, dass nun eine Beschwerdemöglichkeit existiert, die eine Qualitätssicherung in der Ausgestaltung von Beteiligungsprozessen ermöglicht.“ Timo Krupp, Leiter Presse/PR im CHEMPARK und zugleich Vorsitzender der DPRG-Landesgruppe Nordrhein-Westfalen bezeichnet die Richtlinie als „...Meilenstein, denn sie postuliert Kommunikation auf Augenhöhe, und zwar in alle Richtungen. Zudem ist sie ein Instrument mit nachprüfbaren Kriterien“.
Dies ist aus seiner Sicht nötig, „um den Berufsstand weiter zu professionalisieren und Akteure ohne kommunikationsethisches Verhalten zu ahnden“, sagt Timo Krupp weiter. “Jetzt liegt es an uns in der Branche, die verbundenen Möglichkeiten mit der neuen Richtline auch zu nutzen!” Auch in dem anschließenden Austausch mit anderen Kommunikatoren wurde das Regelwerk begrüßt, zumal sie Vorhabensträgern Orientierung bietet. Die Richtlinie regelt Partizipation nicht nur bei Infrastrukturprojekten, sondern in allen freiwilligen Beteiligungsverfahren, etwa von Unternehmen oder auch Behörden bei Themen wie neuen Technologien, Stadtentwicklung oder gesellschaftlicher Transformation.
„Unser aller Dank gilt Professor Dr. Felix Krebber und Thomas Zimmerling, die die Richtlinie federführend erarbeitet haben“, sagt Ulf Mehner, Leiter des Arbeitskreises Akzeptanzkommunikation in der DPRG. Nun sei es an der Zeit, „...die Richtlinie in die Praxis zu führen und mit Leben zu füllen.“ Geplant ist, die Richtlinie anderen Verbänden z. B. aus den Bereichen Bauen, Energie, Behörden, Technologie und Zivilgesellschaft vorzustellen.
Hier geht es zur Richtlinie.
Autor:
Ulf Mehner