„Ich vertraue keiner Social-Media-Plattform“
Der Jahresauftakt der DPRG machte Lust auf mehr. Mehr Veranstaltungen, die ebenso locker über die Bühne gehen wie der Takeoff am 20. Januar. Ein großer Teil der 180 Teilnehmer*innen dürfte ähnlicher Ansicht gewesen sein. Hier kommen Eindrücke.
Sascha Pallenberg steht für entspannte Auftritte. Der Chief Awareness Officer bei Aware und ehemalige Head of Digital Transformation bei der Daimler AG verband auf dem Takeoff Ruhrpott-Direktheit mit globaler Erfahrung in Sachen Tech. Griffige Aussagen gab es so einige in seinem Impuls, klare Meinungen auch.
Purpose muss von den Menschen gelebt werden
Nehmen wir den Begriff Purpose, der in letzten Jahren in der Kommunikationsbranche viel diskutiert wurde. Auch auf dem DPRG Takeoff spielte er eine Rolle. „Jede zweite Firma ohne definierten Purpose“, lautete unlängst die Headline eines Berichts im PR Report. Das klingt nach Versagen, wieder einmal Chancen verpasst.
Der gebürtige Dortmunder Pallenberg hat zu solchen Diskussionen eine klare Meinung: Purpose definiert sich nicht über Claims, sondern muss von den Menschen in den Unternehmen gelebt werden. Erst einmal. Und dann sollte man sich auch Gedanken über dessen Aussage machen - ein Seitenhieb gegen den Mercedes-Benz-Claim „First Move the World“. Ja, eine starke Positionierung ist wichtig, aber auch Ehrlichkeit und Transparenz spielen dabei eine Rolle.
Social Media: Schritte aus der Abhängigkeit wagen
Was denn bei uns in Deutschland im Bereich Social Media zukünftig eine Rolle spielen würde, lautete eine Frage aus dem Publikum. Pallenberg als Pionier und erfahrener Tech-Blogger hätte jetzt die bunte Wundertüte auspacken können, garniert mit den neuesten Trends in seiner Wahlheimat Taiwan. Nichts dergleichen.
„Es gibt keine Social-Media-Plattform, der ich vertraue.“ Nicht nur das. Nach diesem unerwarteten Intro kamen dann Empfehlungen, die eher in Richtung Social Media Detox gingen. Unternehmen wären gut beraten, Schritte zu wagen, die aus der Abhängigkeit von den Plattformen führen würden. Er habe in 2018 Facebook verlassen, und es habe „sein Leben nicht verändert“.
Auf TikTok präsent sein? Nur wenn es die Kernzielgruppe auch ist. Die Me-too-Mentalität in den Unternehmen in Sachen Social Media hält er für kritisch. Wichtiger als alle Social-Media-Kanäle ist ihm die eigene Homepage. Und dann kam schließlich doch eine Empfehlung. LinkedIn ist die Plattform, über die man „ohne Streuverluste alle erreicht“. Das mittlerweile dort zu findende Maß an Selbstdarstellung ist eine Chance für alle, die nützliche Inhalte abseits von Eigenwerbung posten. Last but not least: Wer wirklich Orientierung haben will in Sachen Social-Media-Trends, sollte sich an den Kids orientieren.
Wo steht die DPRG nach zwei Digitaljahren?
Wie digital ist (wird) die DPRG? Seit Beginn der Pandemie ist der Verband fast ausschließlich digital unterwegs. Neue Mitglieder lernen das Berufsnetzwerk nur noch in Teams-Session kennen. Langjährige Mitglieder vermissen persönliche Begegnungen. In der anschließenden Gesprächsrunde mit den DPRG-Bundesvorständen Präsident Norbert Minwegen, Vize-Präsident Philipp Schindera und Schatzmeisterin Sabine Clausecker ging Moderatorin Andrea Montua diesen Fragen nach. Die DPRG, so zeigt sich im Jahr Drei, hat sich verändert und das, so machten die Vorstände deutlich, ist gut so.
„Wir sind entspannter geworden, das spürt man quer durch die Community“, sagte Norbert Minwegen. Es gibt neue Mitglieder, trotz Corona-Lockdown und Dauer-Homeoffice. Die Lockerheit – auch in Pandemiezeiten – hat dem Verband gutgetan. Veranstaltungen und Arbeit der DPRG sind rasant ins Digitale verlagert worden. Die DPRG.mobil-App ist ein großer Gewinn, denn sie erlaubt es, diese Aktivitäten zu koordinieren.
Digitalisierung hatte ausgesprochen positive Effekte
Die Digitalisierung hatte für die DPRG ausgesprochen positive Effekte. Die Teilnehmerzahlen der Veranstaltungen sind deutlich gewachsen. Das verwundert nicht, denn um interessante Speaker zu erleben, muss man nicht mehr eine Tagesreise auf sich nehmen. Jetzt können die Mitglieder von der gesamten thematische Bandbreite des Verbandes profitieren, erklärte Sabine Clausecker. Dies sei wichtig, um zu lernen und den rasanten Umbruch in der Kommunikationsbranche besser zu bewältigen. „Wir können uns nicht mehr darauf berufen, dass wir irgendwann einmal PR gelernt haben“, so Clausecker.
Natürlich gebe es nach zwei Jahren andauernder Videomeetings auch einen deutlichen Überdruss und den berechtigten Wunsch, sich wieder zu treffen, konstatierte Philipp Schindera. Aber: „Einen Talk wie diesen mit Sascha Pallenberg hier im Takeoff vor 180 Gästen – das hätten wir analog niemals hinbekommen, weil wir ihn niemals aus Taiwan hätten einfliegen lassen können.“ Bei aller Kritik an virtuellen Veranstaltungen ermöglichte es diese Technik, an sehr lebendigen Veranstaltungen teilzunehmen. „Deshalb glaube ich, dass Verbände wie die DPRG in Zukunft eine gesunde Mischung aus virtuellen und aus Präsenzveranstaltungen brauchen werden.“
(Eine ausführliche Dokumentation des Talks mit dem DPRG Bundesvorstand wird es im Februar in der nächsten Ausgabe des DPRG Journal und in der App DPRG.mobil geben.)