„Wir haben mehr als genug Daten. Wir brauchen Klarheit, Orientierung und Struktur.“
Kommunikations-Controlling ist mehr als Dashboards, Medienresonanzanalysen oder ein unstillbarer Datenmangel.
Mark-Steffen Buchele und Nadin Ernst von buchele cc zeigten, wie Kommunikations-Controlling einen echten Mehrwert für das ganze Unternehmen leisten kann – und was das Ganze mit Dr. Frankenstein zu tun hat. „Wir versuchen, ein System aus den unterschiedlichsten Elementen ins Leben zu bringen, um damit zielorientiert zu steuern“, erklärt Buchele, während die Zuhörer*innen über das Standbild aus James Whales Frankenstein (1931) schmunzeln. Buchele und seine Kollegin Nadin Ernst stellten am 6. Oktober knapp 80 DPRG-Mitgliedern und interessierten Gästen den Arbeitsbereich der Leipziger Unternehmensberatung buchele cc vor.
Der Vortrag mit dem Titel „Kommunikation messbar machen - Wie man Kommunikations-Controlling ins „Leben“ bringt“ begann mit einer Abgrenzung: Trotz der verbreiteten Assoziationen seien bunte Dashboards, interaktive Grafiken und klassische Medienresonanzanalysen nur eine Facette des Kommunikations-Controllings. Zum eigentlichen Maschinenraum der Unternehmenskommunikation würden nicht nur die Analyse der Medienresonanz, sondern die Ausrichtung, Überwachung und Steuerung aller internen und externen Kommunikationsprozesse gehören, erklärte Buchele.
In der Controllingpraxis seien Insights, Reportings und Dashboards die Spitze eines Eisbergs. Unter dem Wasser läge immer eine Anbindung an Kommunikationsziele, Unternehmensstrategie und Wertschöpfung. Erst nach ihrer Klärung könne operationalisiert werden, an welchen Messpunkten und Kanälen mit welchen Mitteln analysiert werde, zeichnete Nadin Ernst nach. Der erste Schritt ist deshalb immer das Entwickeln der richtigen Ziele. Geklärt werden muss, wo die Ziele des Unternehmens liegen und welchen Beitrag die Unternehmenskommunikation leisten kann.
„Wir haben gar kein Datenproblem. Wir haben mehr als genug Daten. Aber wir brauchen Orientierung, Klarheit und Struktur darin. Und die bekommen wir nur, wenn wir uns Zeit für unsere Ziele genommen haben.“
- Mark-Steffen Buchele
Diese Wertschöpfungsdimension hat auch Auswirkungen auf das Controlling: „Man kann für die Unternehmenskommunikation nicht den „return of investment“ errechnen und ein Preisschild dranhängen. Ihr Mehrwert liegt in den Unterstützungsleistungen gegenüber den Unternehmenszielen“, meint Buchele. Ein hilfreiches Denkwerkzeug die Erfassung dieses Mehrwerts stelle der Communication Value Circle der Uni Leipzig dar.
Seien die Ziele erst klar, müsse der richtige Weg gewählt werden, wie sie zu erreichen sind. Strategie- und Maßnahmenplanung sollen auf dem Fundament der Ziele aufbauen. Erst dann lassen sich die richtigen Dinge richtig messen. Als gutes Hilfsmittel, um Ziele, Strategie, Maßnahmen und Controllingaspekte in einen Zusammenhang zu bringen, empfahlen die Vortragenden das sogenannte Strategische Haus.
Sobald dieser Weg eingeschlagen ist, müssen Wegpunkte und Meilensteine angelegt werden: Key Performance-Indikatoren („KPIs“) würden dabei helfen, die Zielerreichung zu überprüfen und ggf. den Bedarf zur Nachsteuerung zu erkennen. Um nicht in einem Zahlenmeer ohne wirkliche Aussagen unterzugehen, sei die Auswahl der richtigen Indikatoren wichtig.
Für die Überführung des Konzeptes in die Praxis müssten Analysetools und Messverfahren aufgesetzt werden, die zu den Zielen, Strategie, Maßnahmenplanung und KPIs passen. In der Praxis orientieren sich die Umsetzungen immer an Budget und Anforderungen: Zwischen selbstprogrammierten Excel-Tabelle für die oder den Einzelkämpfer:in über Dienstleister wie Hootsuite, Scomplr oder Sprinklr bis zur maßgeschneiderten Individuallösung existierten hier alle Ansätze, führten Buchele und Ernst aus.
Wie aus den Erläuterungen der beiden Vortragenden hervorging, steht am Ende des Tages immer das Reporting. Damit hier keine Zahlenschlachten ausbrechen, ist der Zielgruppenbezug zentral: Wer benötigt welche Informationen in welcher Form? Erst, wenn die gewonnenen Informationen für die jeweiligen Adressaten ausgewählt und aufbereitet werden, lassen sich Daten als akzeptiertes Arbeitsmittel nutzen.
Nadin Ernst und Mark-Steffen Buchele gingen noch auf häufige Hürden ein, die erfolgreichem Kommunikationscontrolling im Weg stehen: Als oberstes Gebot gilt, das gesamte Team in den Aufbau von Controlling- und Steuerungssystemen einzubinden. Es gelinge sinnvoll nur, wenn das System angenommen, gepflegt und genutzt wird - ohne Ängste vor vermeintlicher Kontrolle. „Ergebnisse und Indikatoren sind immer Gesprächsanlässe, mit dem Ziel herauszufinden, warum sich das so und nicht anders entwickelt hat“ so Buchele und Ernst einvernehmlich. Diese soziale Komponente sei wichtig, Teamentwicklung immer mitzudenken. Ebenfalls zentral: Das Bewusstsein des Managements für den Mehrwehrt des Kommunikations-Controlling sowie ein geteiltes Zielverständnis.
Der Vortrag zeigte deutlich, bei Kommunikations-Controlling geht es gleich wie bei Frankensteins Monster um ein lebendes, lernendes und flexibles System. Damit es anders als bei Mary Wollstonecrafts Romanvorlage ein Happy End gebe, sei es aber nötig, den Leuten Angst vor dem zu Thema nehmen. Buchele und Ernst ist das augenscheinlich gelungen: In der anschließenden Diskussionsrunde nutzten die Teilnehmer*innen die Gelegenheit eigene Erfahrungen abzugleichen und vertiefende Fragen an die beiden Experten zu stellen. Initiatorin des Vortrags und Vorsitzende der DPRG-Landesgruppe Sybille Höhne entließ das Publikum aus dem kurzweiligen Vortrag mit dem Ausblick auf eine vertiefende Folgeveranstaltung im kommenden Jahr.
Wer bei der Veranstaltung nicht dabei sein konnte, kann sich gerne die Aufzeichnung in der DPRG-App unter Service/Mediathek anschauen.
Von: Jonas Bisshop, Leipzig