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News / Neues gelernt, Verborgenes entdeckt und viel Raum zum Reden
23.09.2021   Niedersachsen/Bremen
Neues gelernt, Verborgenes entdeckt und viel Raum zum Reden
Unterhaltsam und lehrreich war der Stadtspaziergang der DPRG-Landesgruppe Niedersachsen/Bremen am 13. September in Hannover. Tatja Stülten berichtet.
Zwischen den Stationen bot sich viel Gelegenheit zum kollegialen Plausch. Dies nutzten die Teilnehmenden so reichlich aus, dass das Programm kaum pünktlich zu schaffen war. Und viele interessierte Rückfragen und Ergänzungen verzögerten das Programm ihrerseits und zeigten: Das Interesse der Teilnehmenden am Thema »Das soll ein Denkmal sein?« war groß.
 
Hannover aktiv erkunden und sich dabei mit anderen DPRG-Mitgliedern austauschen – das ermöglichte der Stadtspaziergang der DPRG-Landesgruppe Niedersachsen/Bremen. Coronabedingt im kleinen Kreis. Am bekannten Treffpunkt »Unter'm Schwanz« des Ernst-August-Denkmals am Hauptbahnhof ging es los – der Stadtspaziergang unter dem Motto »Das soll ein Denkmal sein?«.
 
Was wir schnell lernten: Die Denkmalpflege hat ein Image- und Vermittlungsproblem. Denn viele Menschen wissen nicht, was ein Denkmal ausmacht, und so halten sich hartnäckige Vorurteile. Anders als die landläufige Meinung sind nicht nur Denkmäler im öffentlichen Raum sowie sehr alte oder sehr schöne Häuser Denkmale. Alles Mögliche kann ein Denkmal sein – darunter auch Dinge, von denen man es vielleicht nie erwartet hätte: Brunnen, Brücken, Plätze, Parkhäuser – sogar Uhren (warum Uhren – dazu später mehr)! So besitzt Hannovers Innenstadt über 350 Baudenkmale aus verschiedenen Zeitaltern; in ganz Hannover sind es über 5000. Gleich am Ernst-August-Platz wurde dies deutlich, als wir – mit Unterstützung der sympathischen Führerin Heike Albrecht von Stattreisen – 15 Denkmale rund um den Platz identifizierten.
 
Aus vier Gründen können Gebäude und andere Dinge zum Denkmal werden: Sie sind aus historischen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Gründen erhaltenswert und denkmalwürdig. Das heißt: Sie sind für ihre Zeit typisch und besonders herausragend, spiegeln den architektonischen Geschmack oder die Kultur und Technik ihrer Zeit beispielhaft wieder und sind überwiegend in der Originalsubstanz erhalten. Letzteres ist der Grund, warum Gebäude, bei denen nur eine historische Fassade erhalten ist, oder auch Nachbauten nach historischem Vorbild nicht zu Denkmalen werden. Oft sind es dann überraschend die Neubauten der 50er und 60er Jahre gleich daneben, die denkmalwürdig sind. Manchmal auch, weil bedeutende Architekten sie geplant haben.
 
Erst in den 70er Jahren wurde der Denkmalschutz per Gesetz eingeführt. Für viele historische Gebäude kam dies zu spät, die in der Nachkriegszeit den Modernisierungsbestrebungen zum Opfer fielen oder bei denen sich eine Sanierung finanziell vermeintlich nicht lohnte. Dies führt zu einem weiteren Vorurteil: Dass man als Eigentümer eines Denkmals nichts gestalten kann und sich rettungslos in Schulden stürzen muss. Denn die Erhaltungspflicht eines Denkmals findet da ihre Grenzen, wo die Wirtschaftlichkeit und dauerhafte Nutzbarkeit nicht mehr gegeben sind. In der Regel findet sich zwischen Denkmalbehörde und Eigentümer ein Kompromiss. Allerdings gibt es wenig Zuschüsse von öffentlichen Stellen – die Folgen beobachteten wir bei Hannovers ältestem erhaltenen Fachwerkhaus in der Burgstraße. Mit seinem schiefen, durchhängenden Dach und der ungepflegten Fassade sah es deutlich »in die Jahre gekommen« aus und hätte eine gründliche Sanierung verdient.
 
Viele Gebäude verdienen einen zweiten Blick – so zum Beispiel die typischen Gebäude der 50er Jahre in der Osterstraße. Hier sieht man exemplarisch den neuen architektonischen Zeitgeist: Die neuen Häuser sollten Luftigkeit, geschwungene Formen, klare Gliederungen – oft in die Vertikale – und wenig Ausschmückungen zeigen. Dies sollte die Abkehr von den »verstaubten« Stuckfassaden des 19. Jahrhunderts demonstrieren (dessen zeitgenössicher Denke man die Schuld am Aufkommen des Nationalsozialismus gab) und den Aufbruch in eine neue, demokratische und moderne Zeit einläuten.
 
Uhren als Beispiel für erhaltenswerte Kulturtechnik: Die ersten beleuchteten Uhren im öffentlichen Raum sind Denkmale für den technischen Fortschritt am Anfang des 20. Jahrhunderts. Zu sehen sind die neun verbliebenen Falke-Uhren unter anderem in der Georgstraße, am Aegi und am Thielenplatz. Das futuristische Design der Uhr entwarf Adolf Falke 1926 für einen Architekturwettbewerb. Auch verborgene Denkmale lernten wir kennen. Ein Stück der mittelalterlichen Stadtmauer blieb erhalten und versteckt sich heute im Biergarten eines Lokals. Und in der Altstadt verbirgt sich inmitten der Fachwerkhäuser ein Bodendenkmal: Unter den Pflastersteinen ist ein mittelalterlicher Brunnen.
 
Die Endstation war eines der kontroversesten Denkmale: ein Parkhaus in der Schmiedestraße. »Das soll ein Denkmal sein?« fragen sich hier viele Bürgerinnen und Bürger. Die Erklärung: Das älteste Parkhaus der Stadt aus den 60er Jahren verkörpert exemplarisch die neue Liebe zum Auto und die Unterordnung der Städteplanung unter die Belange des automobilen Verkehrs. Außerdem entwarf es ein bekannter Architekt, und Fassade sowie Skulptur vor dem Gebäude gestaltete ein bedeutender Künstler.
 
Mit vielen neuen Erkenntnissen zu Denkmalen und deren Schutz beendeten wir unseren Spaziergang. Viele Fragen und Anmerkungen der Teilnehmenden drehten sich darum, warum manche Gebäude den Denkmalschutz erhalten und andere nicht, darunter auch Beispiele, die aktuell in Öffentlichkeit und Medien kontrovers diskutiert werden. Klar wurde uns aber auch: Der Denkmalschutz hat noch viel Arbeit vor sich, um seine Aufgaben und Themen in der Öffentlichkeit besser zu vermitteln.
 
Am nahen Leineufer klang der Abend gemütlich aus. Die Lichterketten der Restaurantterrasse leuchteten, und das Gewässer der Leine plätscherte vor sich hin. Es tat gut, sich persönlich zu treffen und dabei neue DPRG-Mitglieder kennenzulernen und vertraute Gesichter wiederzusehen.
 
Foto: Shiloo Katja Köhnke, Jens Voshage, Monika Prött, Andrea Preißler-Abou El Fadil, Tatja Stülten, Kathrin Albrecht (v.l.n.r.)
 
Bericht: Tatja Stülten
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Wie in den meisten Flächenländern hat die Kommunikationsbranche auch in Niedersachsen/Bremen ihren Schwerpunkt in der Landeshauptstadt Hannover. Dementsprechend setzen wir mit unseren rund 100 Mitgliedern hier einen Schwerpunkt unseres aktiven Networkings. Aber auch im kleineren Bundesland Bremen sind in den letzten Jahren neue Aktivitäten entstanden. Ein wichtiges Ziel der Landesgruppe ist es, die Mitglieder-Basis durch attraktive Themen und Angebote zu verbreitern. Neben bewährten Formaten, wie Abendveranstaltungen zu aktuellen Schwerpunktthemen, Unternehmensbesuchen und Podiumsdiskussionen bieten wir eine Vielzahl digitaler Veranstaltungen an.

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