Was kann ein Museum tun, um in Pandemie-Zeiten Kunst erlebbar zu machen? Dr. Reinhard Spieler, Direktor des Sprengel Museums in Hannover, gab Einblicke in die Kommunikationsaktivitäten seines Hauses.
Der Apriltermin der DPRG-Landesgruppe Niedersachsen/Bremen stand ganz im Zeichen der Kunst- und Kulturschaffenden. Gastreferent Dr. Reinhard Spieler gab den mehr als 45 teilnehmenden Gästen und Mitgliedern einen lebhaften Einblick in die Bandbreite der digitalen Kommunikationsformate des Hauses – teils ganz neu unter dem Einfluss der Pandemie entstanden, teils umgestaltet. Dabei wurde schnell klar: Die Verantwortlichen im Sprengel haben viel Ideenreichtum und sind sehr motiviert, die Angebote in digitale Formate zu überführen. Dies hilft dabei, die Wissensvermittlung sowie den fortlaufenden Dialog mit den Kunstinteressierten maßgeblich zu unterstützen. Was die Kunst selbst angeht, so lautet die Schlussfolgerung: Trotz aller gelungener virtueller Formate braucht Kunst den Raum, in dem sie stattfindet, sowie den sozialen Dialog, um erlebbar zu werden.
Am Abend des 19. April fanden sich mehr als 45 Gäste und Mitglieder via Teams-Sitzung ein, um von Kunsthistoriker Dr. Reinhard Spieler, seit 2014 Direktor des Sprengel Museums in Hannover, mehr über die Kommunikationsaktivitäten seines Hauses in Zeiten der Pandemie zu erfahren. Dabei ging es um die externen Maßnahmen des Hannoverschen Kunsthauses im Besonderen, aber auch um die Kommunikation von Museen und Kunstgalerien im Allgemeinen. Geladen hatte die DPRG-Landesgruppe Niedersachsen/Bremen auf Initiative ihres Vorstandsmitglieds Stefan Becker, der in seiner Funktion als Vorsitzender der Freunde des Sprengel Museums ebenfalls nah an dessen Kunst- und Kommunikationsaktivitäten ist.
In einer kurzen Einführung gab Dr. Reinhard Spieler einen Überblick über Aufstellung und Organisation des Sprengel Museums. Mit 140 festangestellten Mitarbeitern und einem Budget von 8,4 Milliionen Euro richtet es jährlich 20 bis 50 Ausstellungen von internationalem Format und mit Fokus auf die zeitgenössische Kunst des 20./21. Jahrhunderts ein. Unter normalen Umständen konnte es dabei bislang auf regelmäßige Besucherzahlen setzen, die sich auf 1/3 Erstbesucher, 1/3 Hin- und Wiederbesucher und 1/3 Stammbesucher verteilen. Wie in nahezu jedem anderen öffentlichen Bereich stellte sich die Situation durch Corona anders dar, weshalb schon frühzeitig nach dem ersten Schließtag am 17. März 2020 ein Ausweichen auf andere Kanäle unumgänglich erschien.
Kunst virtuell erlebbar machen: Von „Sprengel Readymades“ über „Sprengel Talks“ bis zu „Sprengel Clips“ stehen Besuchern umfangreiche digitale Angebote offen
„Als Museum für zeitgenössische Kunst sehen wir unsere Aufgabe darin, eine attraktive Plattform für unsere Besucher zu schaffen, über die das Kunsterlebnis erfahrbar wird und auch der so wichtige soziale Austausch stattfinden kann“, erläutert Reinhard Spieler. „In Corona-Zeiten gilt dies umso mehr. Deshalb arbeiten wir weiterhin auch hinter verschlossenen Türen daran, alle Ausstellungen plangemäß einzurichten und durchzuführen.“
Um die Ausstellungsinhalte trotz Lockdown zu den Kunstinteressierten zu transportieren, entstanden im Laufe der letzten Monate verschiedene digitale Formate. Ein besonderer Schwerpunkt bildet dabei die Website „
Sprengel Readymades“, welche vielfältige Kommunikationsmittel nutzt, um Kunst und Kultur für den Besucher von zuhause aus erlebbar zu machen. Das Angebot reicht dabei von Paneldiskussionen und Impulsvorträgen über interaktive Workshops bis hin zu virtuellen Atelierbesuchen und 360-Grad-Rundgängen durch aktuelle Ausstellungen. Es steht allen Besuchern kostenfrei zur Verfügung. Die Macher hinter dieser innovativen Plattform sind die Jungen Freunde des Sprengel Museum Hannover, ein Netzwerk mit rund 160 Mitgliedern, die jungen Kunstinteressierten eine Plattform für den zeitgemäßen Austausch bieten. Auf ihre Initiative ist unter anderem das inzwischen deutschlandweit bekannte Format „Sprengel tanzt“ zurückzuführen.
Die „
Sprengel Talks“ sind dagegen ein Format, das auf Live-Gespräche mit Gästen aus der internationalen Kunst- und Kulturszene ausgerichtet ist. Die Teilnahme von interessiertem Publikum ist dabei selbstverständlich erwünscht, alle Talks werden im Anschluss online im Youtube-Kanal des Sprengel Museums hochgeladen. Zuletzt sprach Reinhard Spieler in dieser Reihe beispielsweise mit Max Hollein, Direktor des Metropolitan Museum of Art (New York), über die aktuelle Lage und die Zukunft der Museen in der weltweiten Kulturlandschaft.
In den „Sprengel Clips“ wiederum, im Instagram Account des Sprengel Museums verfügbar, stellen verschiedene Wissenschaftler*innen und Kunstexperten/*innen ausgewählte Kunstwerke vor.
Neben den hier vorgestellten digitalen Formaten gibt es weitere Online-Angebote, wie beispielsweise Kinderbuchlesungen oder einen Foto-Blog. Das international renommierte Hannoversche Kunsthaus hat damit innerhalb kurzer Zeit eine Reihe an attraktiven Angeboten geschaffen, um mit seinen Besuchern auch in Lockdown-Zeiten einen weitgehend lebendigen Austausch zu pflegen.
Das Fazit von Reinhard Spieler: „Unsere digitalen Angebote erleichtern den Zugang zu Kunst und dem Wissen darüber. Aber so richtig funktioniert Kunst nur im sozialen Miteinander. Und erst das physische Erleben von Kunst ist Sinn und Zweck derselben und bringt uns wirklich weiter.“ Abschließend gab er noch zwei Tipps zu weiteren hervorragenden multimedialen Angeboten außerhalb von Sprengel.
Mehr Informationen finden Sie unter:
www.sprengel-museum.de
https://cafedeutschland.staedelmuseum.de/
www.youtube.com/channel/UC4U1zn1YfGGhO2iOf9AJZbQ (Albertina Museum)
Autorin: Shiloo Katja Köhnke