Akzeptanz als Mutter aller Kommunikationsziele? Ja, eine von mehreren.
„Einen klaren Standpunkt einnehmen und klare Kante zeigen“: 150 Teilnehmende nahmen diesen und andere Tipps vom Panel des AK Akzeptanzkommunikation auf dem DPRG Takeoff mit. Erfahren Sie hier mehr.
Auch der Arbeitskreis Akzeptanzkommunikation brachte beim digitalen
DPRG Takeoff 2021 am 28. Januar ein Panel an den Start: Mit fast 150 Teilnehmenden, die die Infrastruktur zeitweise an das Limit ihrer Kapazität brachten, hatte die Fragestellung „Akzeptanz als Mutter aller Kommunikationsziele?“ ganz offensichtlich einen Nerv bei vielen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren getroffen. Die von Claudia Müller, Associate Director bei Hill+Knowlton Strategies, souverän moderierte Runde brachte neben der Unternehmens- und Agenturperspektive auch Sichtweisen aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den Kirchen an den Tisch.
Primat der Akzeptanz?
Vor Beginn der eigentlichen Diskussion gab Erik Fritzsche, Forscher an der TU Dresden und Senior Consultant bei WeichertMehner, eine kurze theoretische Einführung in das Thema Akzeptanz. Darin formulierte er die These vom Primat der Akzeptanz: Soziologisch gesehen strebten Menschen primär nach Akzeptanz. Auf Organisationen übertragen hieße dies, Akzeptanz sei eine notwendige Bedingung für deren Erfolg.
In der darauffolgenden Paneldiskussion arbeitete Claudia Müller gemeinsam mit den Panelisten – allesamt mit langjähriger Erfahrung in der Akzeptanzkommunikation – heraus, inwiefern sich die These auf ihre Arbeit anwenden lässt.
Unternehmenswirklichkeit muss zur Kommunikation passen
Timo Krupp, Leiter Presse/PR beim Chemieparkbetreiber Currenta, betonte die zentrale Bedeutung authentischer und wahrhaftiger Kommunikation für die Akzeptanz: Auch wenn das nicht immer einfach sei – „Wenn Sie akzeptiert werden wollen, müssen Sie liefern.“ Die Unternehmenswirklichkeit müsse zu dem passen, was kommuniziert werden solle. „Es funktioniert nicht, sich Akzeptanz einzukaufen.“ Akzeptanzkommunikation müsse Unternehmens- und nicht nur Kommunikationsstrategie sein. Bei aller Gesprächs- und Kompromissbereitschaft gebe es auch Grenzen: „Es kommt darauf an, einen klaren Standpunkt einzunehmen und im Zweifel klare Kante zu zeigen.“ Man dürfe sich im Umgang zum Beispiel mit Nachbarn oder Kunden nicht unglaubwürdig machen. Sonst verspiele man in der Folge deren Akzeptanz.
Am Anfang stehen Zuhören und Verstehen
Für Bernd Tiggemann, Leiter der Stabsstelle Kommunikation der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), ist das Verstehen des Gegenübers unerlässliche Grundlage aller Akzeptanzkommunikation. Für die Kirchen sei der Mitgliederschwund vor allem bei jungen Menschen eines der zentralen Akzeptanzprobleme: „Wir versuchen zunächst einmal, die Gründe zu erfahren und zu verstehen.“ Auf dieser Basis könne man dann erfolgreiche Kommunikationsprojekte aufsetzen. Viele Projekte in der Kommunikation scheiterten aber gerade daran, dass der erste Schritt – die Partizipation der Anspruchsgruppen – ausbleibe. Darüber hinaus hänge die Akzeptanz auch entscheidend von überzeugenden Angeboten vor Ort ab: „Die Dachorganisation kann mit ihrer Kommunikation nur ergänzen.“
Frühzeitig den Dialog suchen, aber auch Grenzen ziehen
Aus fast vier Jahrzehnten Erfahrungen mit der Suche nach Akzeptanz in der Politik berichtete Erhard Weimann, heute Sprecher der Landesgruppe Sachsen im MDR-Rundfunkrat und früher unter anderem Referent des damaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel. Im Zuge der Pegida-Demonstrationen vor einigen Jahren sei der MDR enormen Akzeptanzproblemen in Teilen der Bevölkerung ausgesetzt gewesen. Seine Lehre aus dieser Erfahrung: Es helfe nur, frühzeitig in den Dialog einzusteigen, Netzwerke aufzubauen „und dabei Transparenz zu leben.“ Wie Krupp weist allerdings auch Weimann darauf hin, dass es Grenzen geben müsse: „Mit den Dialogbereiten muss man reden. Aber wenn es über die Grenzen des normalen Dialogs hinaus geht, wenn rote Linien überschritten werden, dann darf man den Dialog abbrechen.“
Wichtig sei zu verstehen, dass Akzeptanzkommunikation bzw. Public Value kein einfaches „Ad On“ ist, sondern von der Organisation, dem Unternehmen usw. auch von innen heraus neu und glaubwürdig gelebt werden muss – nur das schaffe Glaubwürdigkeit und Akzeptanz.
Akzeptanz lässt sich nur schwer in KPIs fassen
Die Erfolge von Akzeptanzkommunikation seien nur schwer quantifizierbar, stellte Minou Tikrani, Geschäftsführende Gesellschafterin bei der Konstruktiv PR-Beratungsgesellschaft, fest. Zu häufig werde Akzeptanzkommunikation als Anhängsel des Marketings betrachtet und dann mit entsprechend wenig passenden KPIs belegt. Oftmals gehe es zum Beispiel darum, den Stakeholdern überhaupt erst einmal Angebote zu machen: „Wenn man nur die Nutzung eines Angebotes misst, passt das nicht.“ Das Vorhandensein eines solchen Angebotes bringe „oft schon eine positive Grundstimmung.“ Zentral sei aber bei allen Angeboten in der Akzeptanzkommunikation die Wahrhaftigkeit, „sonst bringt alles nichts.“
„Eine der Mütter aller Kommunikationsziele“
In der Schlussrunde auf die Ausgangsfrage nach der Bedeutung der Akzeptanzkommunikation angesprochen, waren sich die Teilnehmenden einig, dass Akzeptanz für Organisationen von überragender Bedeutung sei. Timo Krupp brachte die Einschätzung in der Aussage, Akzeptanz sei „zumindest eine der Mütter aller Kommunikationsziele“ auf den Punkt. Akzeptanz sei die wichtigste Basis, um sich als Unternehmen überhaupt legitimieren zu können.
Ulla Herlt, Berlin
Kontakt zum Arbeitskreis:
akzeptanzkommunikation@dprg.de