Das Intranet als Wohnzimmer für die Unternehmenskultur von Organisationen
Siemens-Kommunikationschefin Clarissa Haller im Gespräch mit dem Arbeitskreis Interne Kommunikation, Change und New Work
Volles Haus beim Arbeitskreis Interne Kommunikation, Change und New Work der DPRG am 21. Januar: Knapp 100 Kommunikateure diskutierten mit Clarissa Haller, Head of Corporate Communications bei Siemens, über Führung im virtuellen Kontext, neue Team-Formate, CEO-Kommunikation und die Rolle des Intranets in einer Arbeitswelt nach Corona.
Führung im virtuellen Kontext
Im Gespräch mit Andrea Montua, einer der Leiterinnen des Arbeitskreises, berichtete Clarissa Haller über die Herausforderungen der letzten Monate. Die Führungskräfte mussten durch Corona neue und andere Formen der Zusammenarbeit vorleben, neue Formen der Team-Kommunikation entwickeln sowie Wertschätzung über Distanz vermitteln. „Dabei ist vor allem Vertrauen ein entscheidender Erfolgsfaktor“, berichtet Haller. „Kontrollverhalten durch Anrufe wirkt toxisch und ist ein absolutes No-Go im Miteinander.“
Im Oktober bemerkte Haller eine Corona-Müdigkeit in ihrem Team. „Jeder sitzt in seiner Blase und versucht sein Bestes, damit ihm die Dinge nicht aus den Händen gleiten.“ Clarissa Haller nahm einen externen Coach dazu, um die Umstrukturierung der Abteilung anzustoßen. Zentrale Frage des Prozesses: Wie halte ich mein Leadership Team zusammen? Ziel der Veränderung wird nun sein, die Teamgröße zu schmälern. „Man muss sich in diesen Zeiten intensiver und anders um Menschen kümmern, dazu braucht es diesen Aufgaben angepasste Verantwortlichkeiten“, so Clarissa Haller.
Der Bedarf an teaminternen Lernformaten steigt
Corona erforderte in den letzten Monaten nicht nur eine strukturelle Veränderung, auch das Miteinander in den zentralen Meeting-Formaten der Siemens Kommunikation musste sich ändern. Bei der Vielzahl an virtuellen Meetings und der entstehenden Erschöpfung brauchte es mehr Entertainment und mehr Verbindung im Miteinander. Clarissa Haller legte mit ihrem Team den Fokus auf weniger Präsentationen und mehr Diskussion, Austausch und Vernetzung.
Das tägliche Hub-Meeting im Newsroom wurde freitags zum sogenannten „Weekend Wisdom“ und damit in ein Lernformat umgewandelt. Wöchentlich wurden externe Kommunikationsexperten wie Sascha Pallenberg oder ADIDAS Kommunikationschef Jan Runau eingeladen, um über ihre Herausforderungen der Kommunikation in Zeiten der Pandemie zu sprechen.
Darüber hinaus etablierte Siemens „Ask me Anything“-Sessions, in denen Kolleginnen und Kollegen ein Themengebiet ihrer Wahl vorstellten. Nach dem Prinzip „Lernen von Kollegen“ stellt jede Woche ein Teammitglied ein Herzensthema vor. Themen waren zuletzt Influencer Marketing, Clubhouse oder Analytics. Auch die globale Kommunikationskonferenz wurde neu aufgesetzt und komplett digital ausgerichtet. Dafür gab es viel positives Feedback, da es für das internationale Kommunikationsteam die Zugänglichkeit zur Konferenz und die Vernetzung zwischen den Teilnehmenden sogar erleichterte.
Krisen- und Pandemiekommunikation ist Führungsaufgabe
Neben den Veränderungen im eigenen Bereich bedurfte es auch einiger Anpassungen in der Kommunikationsarbeit im Konzern. Dabei lag der Fokus vor allem auf der Vorstands- und Führungskräftekommunikation.
Mit internationalen CEO-Chats, Vorstandsvideos, Podcasts sowie virtuellen Kaffeemeetings wurde die Vorstandskommunikation weiter ausgebaut. Siemens setzte auf eine Mischung aus Informationsformaten wie CEO-Chats sowie Mini-Townhalls und stärker emotionalen Formaten wie Videos und Podcasts.
Um die Führungskräfte in ihrer Rolle als Kommunikator bestmöglich zu unterstützen, etablierte Siemens Gesprächsformate gehostet von IT, HR und UK. Themen der virtuellen Kaffeerunden sind Tipps, neue Tools und Tricks, wie man besser virtuell zusammenarbeiten kann.
Interne Kommunikation als Vermittler der Corporate-DNA
Bei Siemens sind sich Clarissa Haller und ihre Kollegen sicher, dass die Welt nach Corona eine andere sein wird. Mobiles Arbeiten wird auch in einer Zeit nach der Pandemie bleiben. „Wenn zwei, drei Tage Homeoffice normal sein werden, dann braucht es etwas anderes als das Büro als Kulturrahmen“, so Haller. Es braucht also andere Formen der Vermittlung von Unternehmenskultur und Corporate-DNA.
Anders als zunächst erwartet entwickelte sich nicht das Social Intranet zum zentralen Erfolgsfaktor, sondern das bereits für tot erklärte klassische Intranet. Die Kommunikatoren an diesem Abend sind sich einig: Das Intranet hat eine ganz neue Rolle und Renaissance erfahren. Es ist zum Wohnzimmer des Unternehmens geworden und ist damit ein Ort für Identität und Kultur. Mit Blick auf den Content ist der Bedarf groß nach weniger Hochglanz, mehr Nähe und Authentizität sowie Spontanes aus dem realen Leben. Gleichzeitig vermittelt das Intranet Sicherheit und wird zum Ort für verlässliche Informationen.
Ohne digitale Skills geht es nicht
„Covid war ein Katalysator für viele Veränderungen, die sonst viele, viele Jahre gedauert hätten“, sagt Clarissa Haller. Und dabei ist eines klar: Auch in einer Zeit nach Corona werden digitale Skills eine essentielle Rolle im Jobprofil von Kommunikatoren spielen. Ob Events, Workshops oder Messen – Menschen zusammenzubringen wird zukünftig hybrid stattfinden und dafür müssen Kommunikatoren gerüstet sein.
Aber auch die Relevanz von digitalem Content und die Frage, kommt das an, was ich publiziere, wird den Fokus auf Analytics oder Monitoring verstärken. Clarissa Haller betont: „Jeder muss sich Zeit nehmen für Weiterbildung und jeder Mitarbeiter hat eine Verantwortung employable zu bleiben.“ Lebenslanges Lernen und das Dranbleiben an neuen Formaten, Kanälen und Themen ist in Zeiten der Pandemie zum Erfolgsfaktor geworden.
Autorin: Sara Parr