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Künstliche Intelligenz: Erfolge, Chancen und Herausforderungen in der Medizin
Künstliche Intelligenz (KI) wird als Technologie aktuell bereits in nahezu allen Berei­chen des gesellschaftlichen Lebens genutzt. Ihr Einsatz in der Medzin war Thema einer Paneldiskussion auf dem DPRG Takeoff am 24. Januar in Berlin.
In seiner Auftaktveranstaltung widmete sich der neu gegründete DPRG-Arbeitskreis „Wissenschaftskommunikation“ am 05.11.2019 im Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken insbesondere den grundsätzlich neuen Herausforderungen an die Kommunikationsbranche, wie sie sich aus der teils rasanten Entwicklung des KI-Einsatzes ergeben.
 
Als Folge dieser Veranstaltung entwickelten Dr. Stephan Kühne und Reinhard Artus - Leiter der Arbeitskreise Gesundheits- und Wissenschaftskommunikation - das Konzept „Künstliche Intelligenz in der Medizin - Erfolge, Chancen und Risiken“ für den DPRG Take Off 2020. Die Umsetzung erfolgte in einer Gemeinschaftsveranstaltung der beiden Arbeitskreise am 24. Januar 2020 im Palais der Berliner Kulturbrauerei. Zu den Teilnehmern gehörten Experten aus den Bereichen Wissenschaft, Kommunikation und Journalismus.
 
Eine ausgezeichnete Einführung zum Status quo „KI in der Medizin“ bot der Wissenschaftler Dr. Roland Roller vom DFKI Berlin in seinem Fachvortrag. Mit der Darstellung der Meilensteine in der KI-Entwicklung und Erläuterungen der verschiedenen Begrifflichkeiten wie „schwache KI“ und „starke KI“ sorgte er für ein gutes Grundverständnis bei den etwa 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Veranstaltung.
 
KI als hilfreiches Werkzeug
 
In Bezug auf die Medizin, so Roland Roller, sei in den letzten Jahren beim Thema KI ein Hype in den Medien zu beobachten. Auch wenn die Publikationen teilweise spek­takulär seien, wies der Wissenschaftler darauf hin, dass eine kritische Analyse unab­dingbar sei. KI biete ausgezeichnete Lösungen für sehr spezielle Probleme. Das Transferieren dieser Lösungen gestalte sich allerdings mitunter äußerst schwierig.
 
Darüber hinaus sei derzeit eine Veränderung in der öffentlichen Wahrnehmung fest-zustellen, so der KI-Experte. Die Angst vor einem Ersetzen der Mediziner weiche der Erwartung, dass KI den Mediziner in seiner Arbeit unterstützen könne.
 
Roland Roller ist davon überzeugt, dass KI dabei helfen kann, den Herausforderun­gen des Gesundheitssystems zu begegnen. Zur Veranschaulichung stellte der Wis­senschaftler in der Folge eine Auswahl aktueller Forschungsprojekte des DFKI zur Nutzung von Big Data zur Steigerung der Produktivität im Gesundheitswesen (BigMedilytics), zur Verbesserung der Patientensicherheit nach Nierentransplanta-tionen (MACSS) und zur Optimierung der klinischen Entscheidungsfindung (vALID) vor. KI werde nicht alle Probleme lösen, so Roland Roller, aber sie könne ein hilfreiches Werkzeug bei der effizienteren Problemlösung sein.
 
Hohe Erwartungen und große Skepsis
 
Die anschließende Podiumsdiskussion eröffnete Dr. Jutta Witte, gelernte Wissenschaftsjournalistin und Fachfrau für Wissenschaftskommunikation vom Journalistenbüro Surpress. Die Kommunikationsexpertin beschrieb die Kommunikation für KI in der Medizin als große Gratwanderung, da in der Öffentlichkeit nicht nur hohe Erwartungen bestünden, sondern es auch eine große Skepsis gebe. Der Einsatz von KI in der Medizin sei eng verbunden mit einer intensiven Diskussion über Themen wie die Zukunft des Berufsstandes der Ärzte, die Verantwortlichkeiten bei KI-gestützten Therapieempfehlungen, die Zukunft der Gesundheitsforschung oder die datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen von KI-Anwendungen.
 
KI werde als sehr spezielles und hoch emotionales Thema erlebt, bei dem es unterschiedliche Erwartungen seitens der Wissenschaftler und der Öffentlich­keit gebe, so Simone Falk von Löwis of Menar, Leiterin Kommunikation am Leib­niz-Institut für Wissensmedien (IWM). Das IWM setze sich intensiv damit auseinander "Verstehen zu verstehen" und es gebe zahlreiche Projekte mit KI, deren Ergebnisse sehr komplex und sehr kleinteilig seien. Für die Kommunikation liege die Herausforderung darin, so Simone Falk von Löwis of Menar, ein hohes Maß an Aufklärungsarbeit zu leisten.
 
Wissenschaftskommunikation als Türöffner
 
Angesprochen auf die Auswirkungen des neuen Grundsatzpapiers des Bundesmi­nisteriums für Bildung und Forschung zur Wissenschaftskommunikation, bestätigte Simone Falk von Löwis of Menar, dass die Forderung nach mehr Kommunikation durch die Wissenschaftler selbst, den Druck auf diese deutlich erhöhe. Aus ihrer Sicht müsse die Zusammenarbeit zwischen Kommunikatoren und Wissenschaftlern stark verbessert werden. Die Kommunikationsexpertin ist davon überzeugt, dass Kommunikatoren für Wissenschaftler einen Mehrwert bieten und sie so zu „Türöffnern“ für die Wissenschaft werden können.
 
Wie wichtig professionelle Kommunikation in diesem Bereich ist, veranschaulichten die Ausführungen von Uwe Kohrs, Mitglied des Deutschen Rates für Public
Relations (DRPR). Er berichtete, dass er in seiner Arbeit für den DRPR immer wieder erlebe, dass im Bereich der Wissenschaftskommunikation kleine Veränderungen zu Weltsensationen gemacht würden. Hier verwies Uwe Kohrs auf das aktuelle Beispiel einer seitens des PR-Rates gegenüber der Uniklinik Heidelberg ausgesprochenen Rüge. Ein Fall, bei dem sich gezeigt habe, dass es dringend notwendig sei, klare Regeln für die Wissenschaftskommunikation zu erstellen. Aktuell versuche der Rat der Systemveränderung mit einem Regelwerk zu begegnen. Man sei sich bewusst, dass die Richtlinien schnellstens weiterentwickelt werden müssten, um mit der hohen Veränderungsgeschwindigkeit Schritt halten zu können. Als zusätzlichen Treiber dieser Entwicklung sieht Uwe Kohrs die zunehmende Kommerzialisierung des Gesundheitswesens.
 
KI in der Medizin braucht Akzeptanz
 
Kommunikation von Themen rund um KI in der Medizin funktioniere zunächst genauso, wie die für viele andere komplexe Themen auch, so Veronika Höber, Geschäftsführerin der Agentur Sympra. Die Kommunikationsspezialistin beobachtet wenig bis keine Veränderungen im Kommunikationsverhalten bzw. Kommunikationsbedarf in Bezug auf KI in der Medizin. Allerdings habe vieles was aus dem Bereich KI komme, das Potenzial eine Innovation im besten Sinne des Wortes zu sein, also Altes und Bewährtes zu ersetzen. Dies führe zu berechtigten Bedenken, so Veronika Höber. Der Wissenschaftskommunikation komme hierbei die Aufgabe zu, den entstehenden Diskurs zu moderieren. Für Höber bedeutet Kommunikation rund um KI stets auch Innovations- und Change-Kommunikation. Deshalb sei es besonders wichtig, beim Thema KI in der Medizin alle Perspektiven, Erwartungen und Zweifel mit einzubeziehen und keine falschen Hoffnungen zu wecken. Der Moderator Stephan Kühne wies in diesem Zusammenhang auf die "Überzeugungskommunikation" hin, die speziell im Hinblick auf verunsicherte Ärzte geleistet werden müsse.
 
In diesem Zusammenhang ist Roland Roller davon überzeugt, dass dringend ver­sucht werden müsse, ausgewählte KI-Technologien auf den Markt zu bringen und die Akzeptanz bei Medizinern zu forcieren. Doch noch, so Jutta Witte, stecke die anwendungsbezogene KI in den Kinderschuhen. Ärzte stünden dem Einsatz der KI als ergänzendem Tool oft noch vorsichtig gegenüber, weil sie in der Regel keinen Einblick in die Trainingsdaten hätten. Viele von ihnen empfänden KI als eine Blackbox, merkte Witte an. Zudem stelle sich immer noch die Frage, wer für KI-gestützte Therapieentscheidungen hafte. Die am IWM bearbeiteten KI-bezogenen Projekte zeigen, so Simone Falk von Löwis of Menar, dass KI nicht das Ziel habe, Ärzte zu ersetzen, sondern sie in ihrer Arbeit zu unterstützen.
 
Großes Interesse am Thema
 
Auf die Frage, ob KI nicht häufig zu schnell als Innovation oder Sensation betitelt würde und es nicht eine Art Kriterienkatalog geben müsste, der bei der Klassifizierung von Innovationen helfen könnte, erklärte Veronika Höber, dass dies schwierig sei. Eine wirkliche Innovation führe stets einen Paradigmenwechsel herbei. Sie führe zu einer vollkommenen Veränderung und nicht nur zu einer Verbesserung oder Weiterentwicklung. 
 
Angesprochen auf die Herausforderungen im Bereich Medizin merkte Jutta Witte an, dass in diesem Feld erschwerend hinzukäme, dass es um Menschen und deren Ge­sundheit, im schlimmsten Fall sogar um Leben und Tod gehe. Diese Kombination stelle bei der Kommunikation und dem Einsatz von KI in der Medizin eine zusätzliche Herausforderung dar. 
 
Nach aktuellen positiven Beispielen der Anwendung von KI in der Medizin gefragt, nannte Uwe Kohrs die Erfolge der Krebsforschung in Deutschland. Diese habe in den letzten Jahren deutlich von der KI profitiert. 
 
Autoren:
 
Dr. Stephan Kühne / Leitung DPRG-Arbeitskreis Gesundheitskommunikation
 
Martina Flamme-Jasper und Reinhard Artus / Leitung DPRG-Arbeitskreis
Wissenschaftskommunikation
 
Foto:
 
Diskussionspanel „Künstliche Intelligenz in der Medizin - Chancen und Risiken“ (v.li.n.re.):
 
Uwe Kohrs,  Simone Falk von Löwis of Menar,  Dr. Jutta Witte, Veronika Höber, Dr. Roland Roller, Moderator Dr. Stephan Kühne
 
Ansprechpartner für Rückfragen:
 
Reinhard Artus
Tel.: 0177-244 61 88
E-Mail: info@artuspr.de
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Arbeitskreis

Wissenschaftskommunikation

Der Arbeitskreis Wissenschaftskommunikation richtet sich an Wissenschaftler*innen aller Disziplinen, Wissenschaftskommunikator*innen von Universitäten und  Forschungseinrichtungen sowie an Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten. Der Arbeitskreis arbeitet eine mit anderen Fachgruppen in der DPRG und mit relevanten Partnern in der Wissenschaft und Kommunikation zusammen. 
 

Kontakt: wissenschaftskommunikation(at)dprg.de 

Ansprechpartner

Reinhard Artus

Kommunikationsberater, Halle (Saale)

Tel.: +49 177 2446188