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News / Perspektiven auf „Haltung“ in der Kommunikation: Das war der Jahresauftakt der DPRG-Arbeitskreise in Berlin
DPRG-Vorstand Sabine Clausecker bei der Eröffnung des Jahresauftakt der DPRG-Arbeitskreise
11.06.2019   News
Perspektiven auf „Haltung“ in der Kommunikation: Das war der Jahresauftakt der DPRG-Arbeitskreise in Berlin
Mission accomplished: Mehr Haltung ging kaum beim DPRG Takeoff 2019 am 25. Januar in Berlin. Kommunikatoren als Mutmacher und Lotsen, als Menschen mit Haltung: Das Thema des Tages spielte nicht nur als Anspruch in den Keynotes eine Rolle, sondern auch ganz praktisch in den vorgestellten Fallbeispielen.
Ohne Kritik ging es nicht ab: Bei gesellschaftlichen Problemen zeigen Kommunikatoren Haltungsschwächen. Auch bei der Kommunikation mit Berufseinsteigern geht mehr. Und dann gab es vor Ort noch ein unerwartetes und tagesaktuell-politisches Beispiel für Haltung. Hier einige Eindrücke vom Jahresauftakt der DPRG-Arbeitskreise mit etwa 200 Mitgliedern und Gästen.
Eine Nachricht von erheblicher Tragweite platzte am Nachmittag im Atrium der Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Bank Unter den Linden: Im Rahmen der der Session „Lobby-Regulierung in Deutschland“ des Arbeitskreises Public Affairs gab Patrick Sensburg bekannt, dass sich seine Fraktion für eine Lobbyregulierung einsetzen werde. Sensburg (CDU) ist Vorsitzender des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung im Deutschen Bundestag. Wahrscheinlich schon im Februar werden er und seine Fraktion einen Gesetzentwurf vorstellen. 
Ein verpflichtendes Register ist seit Jahren eine Forderung, welche der Berufsverband auch im Rahmen des Deutschen Rates für Public Relations (DRPR) erhoben hat. Noch am 28. November hatte die DPRG einen ersten öffentlichen Vorstoß von Sensburg in diese Richtung begrüßt. „Wir freuen uns, dass endlich Bewegung in diese Diskussion kommt, und hoffen, dass wir den Prozess weiter konstruktiv begleiten können. Denn natürlich steckt der Teufel wie immer im Detail, das wurde heute deutlich“, erklärte Thomas Zimmerling, Mitglied des Bundesvorstands und Leiter des Arbeitskreises.


Mehr Haltung in Politik und Gesellschaft
„Schön wärs, wenn Haltung in der Kommunikation so wichtig wäre“, in vielen Etats spiele dieser Aspekt eher eine nachgeordnete Rolle: Der Campaigner, Autor und Aktivist Imran Ayata (Ballhaus West) goss in seiner Keynote der Branche reichlich Wasser in den Wein. Haltung sei konsequent werdende Meinung und erfordere Handlung, sie sei weit mehr als Leitsätze und Mission Statements. Angesichts der „tektonischen Rechtsverschiebung“ in Deutschland frage er sich, warum „unsere Branche so wenig Haltung“ zeige. „Wo waren eigentlich die Meinungsmacher unserer Branche und die verbandspolitischen Repräsentanten als CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt den Begriff ‚Anti-Abschiebe-Industrie‘ setzte?“ Die PR könne sich nicht „den Luxus zu leisten, nur Business zu machen“; die Skills der PR-Menschen seien auch gefragt, um Strategien der Rechten zu entlarven.
Haltung gegenüber dem Nachwuchs zeigen
Haltung soll die Kommunikationsbranche auch bei einem Thema zeigen, das in der PR-Welt zuletzt sehr aktiv diskutiert wurde: der Behandlung von Berufseinsteigern. Für Magdalena Rogl von Microsoft ist Haltung authentisch und verlässlich. Nicht jeder könne dieselbe Haltung haben, sagte sie in ihrer Keynote, die den Begriff weniger aus politischer, eher aus verschiedenen persönlich-menschlichen Perspektiven einkreiste. So könne Haltung mitunter auch darin bestehen, leise zu sein. Zur digitalen Transformation gelte es, eine positive Haltung zu entwickeln – und gegenüber dem Nachwuchs ohnehin. Da war es wieder, das Stichwort „Augenhöhe“. Man solle voneinander lernen, so Rogl.
 
Haltungsbeispiel Nummer 1: Mitarbeiter als Unternehmensbotschafter
Kommunikatoren sind heute in vielen Fällen Mutmacher und Lotsen. Beispiel: Mitarbeiter als Unternehmensbotschafter in Social Media. Auch wenn es hier reichlich Erfahrungswerte gibt, bedeuten solche Vorhaben für viele Unternehmen einen Sprung ins Ungewisse. Der Kontrollverlust über die Kommunikation droht, so die landläufige Befürchtung. Christian Bölling, Head of Corporate Communication bei MediaMarkt Saturn, und Christian Witt, Director Corporate Communications bei Breuninger, konnten diese Ängste in ihren Unternehmen ausräumen. Mehr über die Session des DPRG-Arbeitskreises Interne Kommunikation, Change und Leadership Communication ist in einem separaten Beitrag von Christian Buggisch zu erfahren.
Die von Witt vorgestellten Key-Learnings zu der bei Breuninger eingeführten Mitarbeiter-App stehen beispielhaft für mutige Projekte der Kommunikation: Ein Team bilden aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen, Gelassenheit („Let it go“), Konkurrenzkanäle abschaffen („kill the dinosaur“), neue Möglichkeiten nutzen, (Mehr-)Wert schaffen und nicht zuletzt „einfach mal machen“. Haltung bedeutet für Witt „innere Unabhängigkeit“, ohne Mut komme man nicht voran. Für Bölling ist es die „Offenheit für Neues“.
 
Haltungsbeispiel Nummer 2: Den Kommunikations-Einzelkämpfern helfen
Die Gründung eines neuen Arbeitskreises in der DPRG erfordert auf jeden Fall Mut und Durchhaltevermögen. Vor allem, wenn es den betreffenden Arbeitskreis schon einmal gab und jetzt ein Neuanfang gemacht wird. Auf dem DPRG Takeoff fiel der Startschuss für den Arbeitskreis Mittelstandskommunikation unter der Leitung von Ninette Pett und Manuela Seubert. Folgerichtig ging es in Berlin erst einmal darum, die Grundlagen der weiteren Arbeit zu legen.
Was ist Mittelstand, was kennzeichnet dessen Kommunikation? Welche Ziele sollte der Arbeitskreis verfolgen? Der Mittelstand lerne sehr schnell aus der Situation heraus, ohne alles im Detail niederschreiben zu müssen, sagte Lothar Rolke, Professor für BWL und Unternehmenskommunikation an der Hochschule Mainz. Stichwort Führung: Eine „Gutsherrenmentalität“ mit den gelegentlich damit verbundenen irrationalen Vorgehensweisen sei im Mittelstand immer noch anzutreffen. Ein Riesenproblem, meint Rolke.
Eine weitere Besonderheit sei, dass im Mittelstand vielfach Menschen mit der Kommunikation betraut seien, die im Unternehmen noch weitere Verantwortungen hätten, sagte Thomas Pleil, Professor für Public Relations an der Hochschule Darmstadt. Diese Quereinsteiger stehen heute vor zunehmenden Herausforderungen im Unternehmen. Früher lagen die Schwerpunkte vor allem in der Fachpressearbeit und der Messekommunikation. Heute rede man über Pull-Kommunikation.
Kommunikatoren im Mittelstand brauchen Mut und Diplomatie, erklärte Julia Oppelt von marconomy. Denn Silodenken und mangelnde Beweglichkeit der Geschäftsführung setzten ihnen enge Grenzen.
 
Mehr Sessions, kürzere Taktung?
Der DPRG Takeoff zeigte die große Bandbreite der Themen in der DPRG auf. Das lockere Format erleichtert den Austausch, vielfältiger Input war garantiert. Sollen die Sessions kürzer sein, wie auf Twitter vereinzelt angeregt wurde? Eine solche Entscheidung sollte wohlüberlegt sein. Denn die Erfahrungen vor allem von Barcamps zeigen, dass größere Vielfalt und höhere Taktung zwar mehr Eindrücke bringen, aber nicht unbedingt mehr Substanz.
Übrigens: Ein besonderes Highlight in diesem Jahr aus Sicht der DPRG hatte Vorstandsmitglied Sabine Clausecker bereits zu Beginn angesprochen: Rund ein Viertel der angemeldeten 200 Teilnehmer waren nicht Mitglieder des Verbandes – noch nicht.