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02.06.2019   Baden-Württemberg
Olaf Kramer: Wirksame PR bedeutet, die Sichtweise des Gegenübers einzunehmen
Am 15. Mai fand an der Universität Tübingen eine weitere „PR-Lecture“ der DPRG Landesgruppe Baden-Württemberg statt.
Professor Olaf Kramer (Foto), Geschäftsführender Direktor des Seminars für Allgemeine Rhetorik der Universität Tübingen, sprach zum Thema „Interesse und Motivation aufseiten der Stakeholder wecken – Erkenntnisse aus der Rhetorik“ und lud dazu ein, über die eigene Kommunikationsarbeit zu reflektieren.


In Zeiten von Dauerbeschallung und schwindenden Aufmerksamkeitsspannen auf der einen sowie Kontroll- und Steuerungsverlusten im digitalen Raum auf der anderen Seite wird es für die PR immer schwieriger und zugleich immer zentraler, zu ihren Stakeholdern durchzudringen, Aufmerksamkeit zu erhalten und ihre Ziele zu erreichen. Wo liegen Stolperfallen? Worauf sollte sie achten?


An zwei eindrücklichen Beispielen zeigte Olaf Kramer zu Beginn seines Vortrags, woran Kommunikation scheitern kann. An vorderster Stelle steht dabei eine egozentrische Perspektive der Organisation, die die Sichtweise ihres Gegenübers kaum einbezieht. Ein sogenanntes „differenziertes Adressatenkalkül“, das heißt, die Berücksichtigung von Stakeholdern und ihrer Blickwinkel auf ein Thema oder eine Situation, bleibt in der tatsächlichen Umsetzung von Kommunikation oftmals aus. Weitere Herausforderungen liegen für Kramer unter anderem darin, dass Kommunikation per se ein Instrument ohne Wirkungsgarantie ist. Sie stößt zudem auf Adressatenseite oftmals auf mangelndes Interesse. Was kann Kommunikationsarbeit vor diesem Hintergrund tun?


Nach einer kritischen Auseinandersetzung mit den Begriffen der Stakeholder und Strategie beschreibt Kramer, was aus rhetorischer Sicht für Kommunikationsarbeit zentral ist. Es gilt: „Put yourself in the other man’s shoes.“ Das bedeutet: Angemessene Kommunikation verlangt, dass die eigene Perspektive aufgegeben und jene des Gegenübers eingenommen wird. Dies ist leichter gesagt als getan. Die Rhetorik bietet dafür drei Schritte an:


  • Die niederschwellige Variante der Perspektivübernahme besteht darin, das Gegenüber und sein Handeln sorgfältig zu erfassen. Ziel ist eine „objective perspective“. Diese Variante spiegelt sich oftmals in sogenannten Situations- und Stakeholderanalysen wider, die ein möglichst umfassendes Bild vom Gegenüber und dessen Situation erbringen sollen.
  • Schwieriger ist bereits die zweite Variante (sogenannte „imagine-self perspective“). Sie erfordert, die eigene Perspektive aufzugeben und „eigene Gedanken und Gefühle in der Situation des Adressaten zu simulieren“, so Kramer. Man versetzt sich in dessen Lage.
  • Die dritte und zugleich herausforderndste Variante besteht darin, die Sichtweise des Gegenübers zu seiner eigenen zu machen und diese zu übernehmen. Die Rhetorik spricht dabei von „imagine-other perspective“. Sie sollte jeder Kommunikation zugrunde liegen.



Auf dieser Basis gilt es dann zu kommunizieren und dabei insbesondere auch zu hinterfragen, ob die eigenen Botschaften tatsächlich so verstanden werden, wie es intendiert war. Denn auch aus Sicht der Rhetorik kann PR nur dann erfolgreich sein, wenn das Gegenüber im Mittelpunkt steht – und wenn Kommunikation als zweiseitiger Prozess begriffen wird.
 
In der anschließenden Diskussion sowie beim Imbiss tauschten sich die rund 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Unternehmen, Agenturen und von Hochschulen mit Professor Kramer angeregt zu zahlreichen weiteren Fragen aus, unter anderem zum möglichen Umgang mit verärgerten Kunden, zur Umsetzung von Angemessenheit im Unternehmenskontext sowie zu weiteren Schnittstellen zwischen PR und Rhetorik.


Im Rahmen des Veranstaltungsformates „PR-Lecture“ der DPRG-Landesgruppe Baden-Württemberg geben renommierte Experten einen fundierten Einblick in und Überblick über ausgewählte Forschungsschwerpunkte zu Kommunikationsarbeit und -management. Im Austausch mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der PR-Lecture wird der Transfer zwischen Praxis und Forschung angestoßen, vertieft und fortentwickelt.


Autorin: Dr. Helena Stehle ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachgebiet Kommunikationswissenschaft und Journalistik der Universität Hohenheim und Mitglied des Vorstands der DPRG Landesgruppe Baden-Württemberg.
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