Dialog, Innovation, Nachhaltigkeit: Kommunikation bei der DZ Bank
Der DPRG Arbeitskreis Kommunikationssteuerung und Wertschöpfung war am 9. Mai bei der DZ Bank Frankfurt am Main zu Gast. Das Schwerpunktthema lautete „Dialog, Innovation, Nachhaltigkeit – die Kommunikation auf dem Weg in die Zukunft“.
Mit drei Vorträgen gab die DZ Bank Einblicke in ihre Kommunikation. Silvia Conesa, Leiterin Kommunikation, stellte das Kommunikationsteam der DZ Bank vor und skizzierte die kommunikativen Herausforderungen einer Zentral-Genossenschaftsbank. Petra Denck, interne Kommunikation, Julia Holzner, Social Media & Video, sowie Friederike Seliger, Pressesprecherin, stellten neue Dialog- und Innovationsformate vor. Verena Düber, Nachhaltigkeitsmanagerin, legte dar, wie die DZ Bank zum Thema Nachhaltigkeit kommuniziert, und Friederike Seliger erläuterte die besonderen Anforderungen in einem Krisenfall.
Die DZ Bank nimmt als Zentralbank der rund 850 Genossenschaftsbanken in Deutschland eine besondere Rolle ein: Sie fördert und unterstützt die Volks- und Raiffeisenbanken in ihrer Geschäftstätigkeit, ist aber auch als Geschäftsbank für mittelständische und große Unternehmen tätig. Gleichzeitig übernimmt sie eine Holdingfunktion für die Unternehmen der DZ Bank Gruppe.
Gelten Genossenschaftsbanken eher als bodenständig, risikoarm und konventionell, so wird bei der DZ Bank deutlich, dass Innovation und Nachhaltigkeit wichtige Themen sind: „In Zukunft müssen wir traditionelle und innovative Formate beherrschen, um uns im Wettbewerb zu positionieren“, sagt Martin Roth, Leiter Kommunikation, Marketing, Nachhaltigkeit. Charakteristisch für die DZ Bank-Kommunikation ist die enge Verzahnung der verschiedenen Aufgabenfelder: Kommunikation, Social Media und Nachhaltigkeitsmanagement sind in einer Abteilung zusammengefasst und ermöglichen so die Integration von Themen und Formaten.
Dialog im Unternehmen stärken
Silvia Conesa legte zu Beginn ihres Vortrags dar, vor welchen Herausforderungen die Kommunikation der DZ Bank steht. Petra Denck und Julia Holzner stellten anschließend innovative Lösungsansätze für mehr Interaktion und Dialog im Unternehmen vor und erläuterten die Chancen und Hürden neuer Formate.
Während die Gruppenunternehmen eigenständig kommunizieren und als starke Marken wahrgenommen werden, ist die Bekanntheit der DZ Bank außerhalb des B2B-Sektors eher gering. Die Kommunikation ist zusätzlich mit langjährig gewachsenen, hierarchischen Strukturen, einem hohen Durchschnittsalter der Mitarbeiter sowie stark spezialisierten Themen konfrontiert. Mit neuen Dialogformaten soll der Austausch zwischen Hierarchiestufen und Bereichen gestärkt und damit auch der digitale Wandel des Unternehmens unterstützt werden.
Das Team bewältigt zu zehnt die Kommunikationsaufgaben und entwickelt neue Ideen für eine moderne Unternehmenskommunikation. Dabei hat jeder Mitarbeiter eine hohe Eigenverantwortung in seinem Aufgabenfeld und Freiraum, Neues auszuprobieren. Die Umsetzung erfolgt nach einer Newsroom-Logik, in der Themen- und Kanalverantwortung klar definiert sind. Die Kommunikation sieht sich selbst in einer „Übersetzungs- und Vermittlungsrolle“, so Conesa, um die teils sperrigen Finanz- und Wirtschaftsthemen intern und extern verständlich zu machen.
Ein wesentlicher interner Kommunikationskanal ist das 2018 eingeführte Social Intranet: Mit personalisierbaren Funktionen für Themenauswahl und Schnellzugriffen ist es für viele Mitarbeiter zu einem „zentralen Arbeitsinstrument“ geworden, so Denck. Das Social Intranet wurde in Sprints entwickelt, in die regelmäßig auch das Feedback der Mitarbeiter einfloss. Die Kommunikationsverantwortlichen sind Moderatoren des Social Intranets und koordinieren die Zusammenarbeit für die Erstellung des Contents. Der Redaktionsprozess erfolgt auf Vertrauensbasis: Gab es früher eine differenzierte Berechtigungsstruktur für einzelne Seiten mit zirka 120 definierten Rollen für insgesamt 300 Redakteure, so hat heute jeder Redakteur die Möglichkeit, Inhalte auf fast allen Seiten einzustellen.
„Wir haben bisher gute Erfahrungen damit gemacht“, berichtet Denck. Allerdings würden die Dialogfunktionen noch zaghaft genutzt: „Die Kommentarfunktion ist noch ein zartes Pflänzchen, das aber stetig wächst.“ Dabei hätten viele Mitarbeiter das Potenzial, als „Corporate Influencer“ die Kanäle der DZ Bank zu bespielen. Erste Versuche damit gibt es schon, zum Beispiel mit Twitter-Takeovern von Volksbank-Vorständen.
Mit innovativen Formaten das Image stärken
Zunehmend werden auch Live-Formate eingesetzt, um die Mitarbeiter zu informieren. Als Beispiel nennt Julia Holzner ein Skype-Interview zur Brexit-Debatte mit dem Leiter der DZ Bank in London oder ein Live-Talk mit den Co-Vorständen zur Bilanzpressekonferenz mit offener Fragerunde für die Mitarbeiter.
Ein besonderer Erfolgsmoment entsteht dann, wenn ein neues Format auch von etablierten journalistischen Medien aufgegriffen wird. Als Best Practice stellt Holzner das „Interview ohne Worte“, adaptiert vom SZ-Magazin, mit dem ehemaligen Vorstandschef Wolfgang Kirsch vor. Das emotionale Foto-Interview wurde nach der Veröffentlichung vom Handelsblatt aufgegriffen. Der Schritt in etablierte Medien gelingt auch mit dem Innovationsblog, der seit etwa zweieinhalb Jahren existiert und regelmäßig zitiert wird.
Der Austausch mit FinTechs, Experten und Vordenkern wird vor allem mit Hackathons und einem hausinternen Accelerator, dem Innovation Lab, gefördert. Ein Trendscout-Team verstärkt als Influencer die kommunikative Wirkung dieser Initiativen und tritt beispielsweise als Autoren im Blog auf. Auch externe Medien greifen diese Events regelmäßig auf. Die Wirkungsmessung der innovativen Kanäle und Formate stehe allerdings noch am Anfang, „da haben wir noch einen Weg zu gehen“, stellt Conesa fest.
Transparenz macht angreifbar
Im zweiten Teil der Veranstaltung stellte Verena Düber das Nachhaltigkeitsengagement und die zentralen Elemente der Nachhaltigkeitskommunikation vor. Die besonderen Anforderungen in diesem Themenfeld zeigte sie zusammen mit Friederike Seliger am Beispiel einer Krisensituation auf.
„Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass wir in einer Bank relativ wenig Berührungspunkte mit dem Thema Nachhaltigkeit haben, unsere Stakeholder stellen aber hohe Erwartungen an uns“, erläutert Düber. Die am häufigsten nachgefragten Themen seien nachhaltige Finanzprodukte und die nachhaltige Kreditvergabe – Schlagzeilen entstünden besonders zu Ausschlusskriterien in der Finanzierung, wie etwa Anlageprodukte mit Agrarrohstoffen und der Finanzierung von Rüstungsunternehmen.
Das Nachhaltigkeitsengagement der DZ Bank geht darüber hinaus und fokussiert insgesamt vier Themenblöcke: nachhaltiges Wirtschaften, Betriebsökologie, Mitarbeiter und gesellschaftliches Engagement. Die Vermittlung der Themen erfolgt auf einer zentralen Plattform, dem Nachhaltigkeitsportal „WerteWelt“ sowie in sozialen Medien. Die Hauptzielgruppen sind die interessierte Öffentlichkeit sowie institutionelle Investoren und Rating Agenturen. Für Investoren und Rating Agenturen wurden eigene Bereiche im Portal eingerichtet, die stärker auf Zahlen fokussieren. Seit dem Relaunch im letzten Jahr strukturieren definierte Werte die Nachhaltigkeitskommunikation. Die Tradition der auf Werten gegründeten Genossenschaften wird damit fortgesetzt – die Integration der Nachhaltigkeits- mit den Unternehmenswerten ist jedoch noch nicht erfolgt. Vor dem Relaunch wurde auf dem Portal nur der Nachhaltigkeitsbericht gespiegelt, heute ist die Themenvielfalt der Werte-Welt größer und wird vor allem mit Bewegtbild aufbereitet.
Das wachsende gesellschaftliche Interesse und die höheren Transparenzanforderungen öffneten aber nicht nur Chancen für die Positionierung und neue Produkte, man werde dadurch auch angreifbarer, meint Düber. Deshalb werden potenziell kritische Themen systematisch beobachtet: „Issue Monitoring ist bei uns sehr stark ausgebaut“, bestätigt Seliger. Trotz Frühwarnsystem und engen Beziehungen zu NGOs kann es aber zum Krisenfall kommen.
Ende 2018 führte die Internationale Kampagne für die Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) die DZ Bank in einem Bericht mit Unternehmen auf, die nach Behauptung der NGO Atomwaffen finanzieren. Mit einer dazugehörigen Kampagne forderte die NGO Kunden der Volks- und Raiffeisenbanken dazu auf, eine Protestmail gegen die Finanzierung von Waffen an ihre Bank zu schreiben. Die Hürde für die Kunden war durch eine vorbereitete Mail-Vorlage gering, eine Welle von Protestmails erreichte die Banken. Zusätzlich griff Jan Böhmermann in seiner Satire-Show „Neo Magazin Royale“ die Kampagne auf. Die als „die Guten“ geltenden Genossenschaftsbanken wurden plötzlich öffentlich angegriffen. Auch wenn es in sozialen Medien kaum Reaktionen der Kunden gab, war die DZ Bank gefordert, die Kommunikation der Volks- und Raiffeisenbanken in diesem Krisenfall zu steuern und Reputationsschäden sowie Kündigungen von Kunden abzuwenden.
Das interne Vorgehen sieht in diesen Fällen drei Schritte vor: Erstens die in der Kampagne behaupteten Fakten prüfen, zweitens eine Sprachregelung festlegen und drittens die Positionierung der Bank zu den Vorwürfen an die Ansprechpartner im Unternehmen beziehungsweise bei den Volks- und Raiffeisenbanken verteilen und veröffentlichen. Mit einer engen konzerninternen Abstimmung zwischen den Kommunikationsverantwortlichen der DZ Bank und den Kundenberatern vor Ort in den Filialen gelang es, negative Effekte der Kampagne abzuwenden. Nach Seliger ist es vor allem der enge Austausch im Team, der eine kurzfristige und schnelle Reaktionsfähigkeit in solchen Fällen ermöglicht und eine schlagkräftige Kommunikation ausmacht.
Foto: Überblick über die Kommunikationskanäle der DZ Bank. Quelle: DZ Bank
Autoren: Lothar Rolke (Foto li.) ist Professor für BWL und Unternehmenskommunikation an der Hochschule Mainz - University of Applied Sciences / Jan Erik Sass (Foto re.) ist Partner bei LAUTENBACH SASS Unternehmensberater für Kommunikation PartG, Frankfurt am Main. Lothar Rolke und Jan Erik Sass leiten den DPRG-Arbeitskreis Kommunikationssteuerung und Wertschöpfung.
Dieser Beitrag ist dem „Impuls-Report Innovative Kommunikation bei der DZ BANK“ des DPRG Arbeitskreises Kommunikationssteuerung und Wertschöpfung vom Mai 2019 entnommen.