Stefan Wachtel, einer der renommiertesten Coaches für Führungskräfte, hat bei Hanser sein zehntes Buch veröffentlicht: „Executive Modus. 12 Taktiken für mehr Führungswirkung“. Auf knapp 200 Seiten verdichtet er Erfahrungen aus 20 Jahren Arbeit mit Spitzenmanagern der deutschen Wirtschaft – in flottem Stil und beherzter Atemführung.
Dieses Buch, geschrieben aus der Praxis für die Praxis, verbindet einprägsam Rhetorik, Persönlichkeits-PR und Führungsstil. Damit schält Wachtel den Kern gelungener Rhetorik heraus, welche die Tradition „Psychagoge“ nennt, „Seelenführung“. Rede ist Führung. Und der Redner führt, wenn er nicht als „Experte“ auftritt, sondern als „Executive“. Was beide voneinander unterscheidet und welche Kunstgriffe den „Executive-Modus“ ausmachen, ist das Thema des Buches.
Die Haltung der Führungskräfte ist entscheidend
Gewiss sind nicht alle seine Empfehlungen neu. Dass Wiederholung, einfache Sätze, Mündlichkeit oder Zuspitzung bewährte Überzeugungsmittel sind, wusste bereits die klassische Rhetorik. Der Autor reichert diese Erkenntnisse nicht bloß mit neuen Beispielen an. Ihm kommt es – und das ist sein Verdienst − vor allem auf die Haltung an, die sich Führungskräfte als Executives aneignen sollten. Haltung ist mehr als Kunstgriff. Und darin schimmert die klassische Idee des vir bonus durch: Mehr als die Botschaft wirkt der Kopf. Ausgedrückt in Zahlen: Für die Reputation eines Unternehmens ist glaubwürdiger Auftritt der Spitzenmanager zu 87 Prozent verantwortlich; Shareholder-Value dagegen nur zu 49 Prozent.
Gemeinplätze schaffen einen gemeinsamen Blick
Wohltuend ist vor allem, dass der Autor hartnäckige Vorurteile entkräftet, die sich in Rhetorik und Kommunikation festgesetzt haben: Gemeinplätze muss man vermeiden; Redner müssen authentisch sein; wir führen Dialoge. Wer Reden hält oder Reden schreibt, kennt die Mahnung: Vermeide Gemeinplätze, wie „Man weiß ja, wo so was endet“ oder „Alles zu seiner Zeit“...! Wachtel verweist zu Recht auf den Nutzen solcher Sätze, die zwar niemanden vom Hocker reißen, doch einen gemeinsamen Blick schaffen, einen akzeptablen Rahmen setzen, der Wirkung erst möglich macht. Ähnliches gilt für Authentizität. Entscheidend ist nicht, „so zu wirken, wie man ist“, sondern die richtige Balance zu finden zwischen der Rolle, die Spitzenmanager bekleiden und der eigenen Person. Und was den Dialog betrifft, erinnert Wachtel daran, dass es keinen „interesselosen“ Dialog geben kann. Führungskräfte müssen andere von ihrer Meinung überzeugen und diese Überzeugungsarbeit kann kein Dialog heißen, in dem erst gemeinsam Einsichten gewonnen werden. Die Dauerrede von Dialog hat Scheinheiliges an sich.
Wer führen will, muss an sich arbeiten
Der Autor betont eindringlich eine einfache Wahrheit, die offenbar viele vergessen oder missachten: Wer führen will, muss bereit sein, Zeit in die eigene rhetorische Bildung zu investieren. Übung, Übung, Übung. Zeitmangel als Rechtfertigung zählt nicht. Gerade Routinierte laufen Gefahr, sich in Selbstsicherheit zu wiegen und Auftritte spontan hinter sich bringen zu wollen. Auch sie müssen diese Komfortzone verlassen und an sich weiterhin planvoll arbeiten.
Einen falschen Eindruck könnte dieses Buch doch wecken, der sicher nicht Wachtels Absicht ist: Deutsche können nicht reden, Briten und Amerikaner schon. Mögen deutsche Spitzenmanager stumpfe Reden halten, aus ihrer „graumäusigen“ Rhetorik darf kein Schluss auf die Redekultur in Deutschland gezogen werden. Weder in Großbritannien laufen lauter Churchills herum noch in den USA lauter Kennedys. Dort werden genau so viele schlechte Reden gehalten, wie bei uns gute und umgekehrt. Der Autor selbst zitiert Beispiele guter Rhetorik aus Deutschland. Auffallend ist nur, wie sehr in ihnen Politiker vorkommen. Vielleicht sollten auch einmal Manager von Politikern lernen.
„Executive Modus. 12 Taktiken für mehr Führungswirkung“ von Stefan Wachtel eignet sich für alle, die mit Reden führen und wirken wollen.
Stefan Wachtel: Executive Modus. 12 Taktiken für mehr Führungswirkung. 2016, 224 Seiten. 30 €. ISBN: 978-3-446-44931-2, Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, München
Autor: Vazrik Bazil (Foto), Publizist und Berater, Präsident des Verbandes der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS), Leiter des DPRG-Arbeitskreises Sprache und Unternehmenskultur