Der Arbeitskreis Interne Kommunikation, Change und Leadership Communication sowie die DPRG Landesgruppe Nord zu Gast bei der Otto Group in Hamburg
Kulturwandel und digitale Transformation waren die beiden thematischen Blockbuster der ersten gemeinsamen Veranstaltung des Arbeitskreises Interne Kommunikation, Change und Leadership Communication und der Landesgruppe Nord der DPRG am 23. April. Knapp 60 Gäste hatten sich auf den Weg nach Hamburg gemacht und waren der Einladung der Otto Group gefolgt.
„Moin, ich bin Tobi, und wer duzen doof findet, muss da durch.“ und „… die Welt ist böse und gemein.“ Schon mit der Einleitung des Eröffnungsvortrages von Tobias Krüger, Division Manger Cultural Transformation in der Otto Group, war schnell klar, dass mit einer anfassbaren und griffigen Auseinandersetzung mit dem Thema Kulturwandel 4.0 zu rechnen ist. Zusammenarbeit, wie wir sie bisher kennen, wird in der Zukunft nicht mehr funktionieren, ist sich „Tobi“ sicher. Für den deshalb erforderlichen Aufbruch in eine neue Zeit ohne Silodenken und ohne internes Konkurrenzdenken gibt es in der Otto Group Grundsätze des Kulturwandels. So wird sich unter anderem von der Illusion verabschiedet, es könne in einer Unternehmensgruppe eine einheitliche Kultur geben und damit das Schlagwort „one size fits all“ zu Grabe getragen.
Was es stattdessen dazu braucht, sind vor allem zweierlei, Mut und Demut. Mut, die Dinge auch wirklich anzugehen und Demut, sich immer wieder klar zu machen, dass jede Organisationseinheit am besten weiß, was sie braucht. Kulturwandel funktioniere schließlich nur in einem partizipativen und offenen Prozess ohne „per order de mufti“. Viel wichtiger ist, dass alle Beteiligten sich in einer gemeinsamen Verantwortung sehen und diese in einer dezentralen Umsetzung leben.
Lieber Chef, über folgende Themen möchte ich mit Dir sprechen
Sinnbildlich für den Wandel in der Otto Group beschreibt „Tobi“ den ehemaligen Prozess der Abstimmung zu relevanten Themen mit dem Top-Management. Aus einem „Sehr geehrter Herr .., anbei finden Sie meinen Entwurf der Unterlage für die Sitzung des XY-Gremiums am kommenden …“ wurde mittlerweile ein agiles „Lieber Chef, über folgende drei Themen möchte ich am Montag mit dir sprechen.“
Eine gute Zusammenfassung der beeindruckenden Veränderungen innerhalb der Otto Group lag abschließend im Résumée: „Flexibilität ist das Mittel gegen den Nebel der Zukunft.“
Führungskräfte sollten die Bereitschaft zeigen, sich selbst in Frage zu stellen
Im zweiten Vortrag des Tages teilte Thomas Voigt seine Buzzword-freien Thesen zur Digitalisierung. Voigt verantwortet seit 2004 als Head of Corporate Communications die Kommunikationslandschaft in der weltweit tätigen Otto Group und ist sich sicher
„Kommunikation in Unternehmen ist das entscheidende Element, damit Digitalisierung auch tatsächlich funktioniert.“ Begonnen werden sollte sie beim CEO. Wichtig ist, dass die Veränderung in den Unternehmensbereichen sichtbar wird. Dazu sollte jede Führungskraft die Bereitschaft zeigen, sich auch selbst grundlegend in Frage zu stellen. Erst dann werden Begriffe wie Vertrauen, Glaubwürdigkeit und Authentizität nicht auf einer Meta-Ebene ausgetrocknet, sondern für Mitarbeiter anfass- und lebbar. Die Vorbildfunktion der Führungskräfte gilt als einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren der digitalen Transformation. In der Otto Group zählt dazu auch, sich innerhalb des Vorstands monatlich einen kompletten Tag mit der Kultur auseinander zu setzen oder mit den Mitarbeitern in der Kantine zu essen und keinen festen Arbeitsplatz mehr zu haben.
Sieben Thesen zur Kulturveränderung
Doch nicht nur dem CEO und den oberen Führungsebenen kommt im Zuge der Kulturveränderung eine wichtige Rolle zu. Thomas Voigt stellte zusätzlich folgende 7 konkrete Thesen auf, die aus seiner Sicht die kommenden Monate in den Kommunikationsbereichen der Unternehmen beeinflussen werden:
- Move from „May be“ to „Must have“
- Move from „How“ to „Why“
- Inside out und outside in
- More than just digital communication
- Move from Desktop to Mobile to Conversational
- Move from Transparency to Relevance
- Move from Control to Empowerment.
Massiv verändert habe sich laut Thomas Voigt die externe Kommunikation. Deshalb auch plädiert er dafür, sich im Selbstverständnis als eine Unternehmenseinheit sehen, die den Kollegen zeigt, wie es besser funktioniert, wenn sie im digitalen Kosmos über ihren Arbeitgeber sprechen möchten. Eine Freigabe von externer Kommunikation durch den Pressesprecher ist zu Zeiten sozialer Netzwerke schon lange nicht mehr relevant und eher Hemmschuh denn Unterstützung im Veränderungsprozess.
Eine immer bedeutendere Rolle in den Unternehmen spiele laut Voigt die Interne Kommunikation. Ausschließliche Erklärungen, das und was sich verändern werde, ohne Mitarbeitern gegenüber das „Warum“ zu erklären und einzuordnen, ist auf Dauer wenig sinnvoll und hilfreich – ein Vortragsteil wie Wasser auf die Mühlen der Arbeitsgruppe Interne Kommunikation & Change.
In der laufenden Transformation will die Otto Group durch maximale Vernetzung Teil eines digitalen Ökosystems sein, in dem Wertschöpfung über die Unternehmensgrenzen hinaus geht. Selbst mit direkten Wettbewerbern ergeben sich schon heute enge Verbindungen, die für beide Vorteile bringen.
Und zu guter Letzt gab es noch eine gute Nachricht für die Anhänger von KPIs: Es wird sie weiterhin auch in der Digitalisierung geben. Sie werden allerdings weniger quantitative Aussagen liefern und für ein Controlling geeignet sein als vielmehr beurteilen, inwiefern beispielsweise eine Plattform in der Lage ist, die Beteiligung von Menschen zu ermöglichen.
Den Abschluss dieses informativen Tages bildete eine Führung durch den Otto Campus und die Bürowelten der Otto Group, für die sich Diana Winzer der Herausforderung stellte, diese mit mehr als 50 Personen durchzuführen. Ein großes Projekt für alle Beteiligten, eine auf insgesamt sieben Jahre ausgelegte Umbauphase am Standort, um für 4.500 Menschen auf 90.000qm den Arbeitsplatz der Zukunft zu gestalten.
Desksharing und Begegnungen auf dem Boulevard
Auch vor den Räumen macht ein neues Führungsverständnis der Otto Group keinen Halt. So gibt es in jeder Etage künftig noch drei Einzelbüros. Entschieden wird vom Chef, ob er diese selbst nutzen oder seinem Team zur Verfügung stellen möchte. Neu gestaltete Orte wie Küchen oder ein aus einer ehemaligen Asphaltwüste gestalteter Boulevard sollen Begegnungen untereinander forcieren und den Dialog fördern. Und Desksharing ist kein aus der Effizienz getriebener Ansatz, sondern soll jedem Mitarbeiter die Möglichkeit bieten, für seine aktuelle Aufgabe das ideale Arbeitsumfeld zu finden.
Wenn es einen roten Faden durch diesen Tag bei der Otto Group gab, dann, dass eine erfolgreiche Unternehmenskultur immer etwas mit Leidenschaft und Begeisterung zu tun hat. Erlebbar wurde das in den Vorträgen ebenso wie in dem Arbeitsumfeld und den dem offiziellen Teil folgenden Diskussionen.
Autor: Oliver Nissen, stv. Vorsitzender der DPRG-Landesgruppe Nord, VP Social Media & Services, Deutsche Telekom Service GmbH