Jeder Jurist, Mediziner oder Journalist kommt im Laufe seines Studiums mit dem Thema Ethik in Berührung. In der PR hingegen ist das Thema nicht ganz so präsent. Dies erklärte Günter Bentele zu Beginn seines Vortrags „Moral und Ethik der Kommunikationsmanager“ am 3. Mai in Stuttgart. Seine These lautet: Die Verantwortung der PR in Bezug auf Ethik wird zunehmen. Bentele ist emeritierter Professor für Öffentlichkeitsarbeit/Public Relations am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig und Vorsitzender des Deutschen Rats für Public Relations (DRPR). Die DPRG Baden-Württemberg hatte die Veranstaltung organisiert.
Angehende Ärzte setzten sich heute immer noch mit dem Eid des Hippokrates auseinander, der bis ins Jahr 460 v. Chr. zurückreicht und damit als erste Formulierung einer ärztlichen Berufsethik gelte. Im PR-Bereich geht die Historie hingegen nicht so weit zurück. In den meisten PR-Studiengängen werden Fragen der Ethik schon häufig behandelt, doch spielt das Thema immer noch eine untergeordnete Rolle.
Dabei legte der deutsche PR-Experte Carl Hundhausen in seinem Werk „Werbung um öffentliches Vertrauen“ bereits 1951 erste Prinzipien zur PR-Ethik dar, und spätestens mit dem Athener Kodex für Public Relations (1965) und dem Code de Lisbonne (1978) wurden auch in der PR ethische Grundsätze geschaffen, die schließlich im Kommunikationskodex des Deutschen Rats für Public Relations (2012) in moderner Form ausgedrückt wurden. Letzterer enthält sechs Grundpfeiler zu den zentralen Normen und Zielwerten, auf die sich Public Relations und Kommunikationsfachleute berufen: Transparenz, Integrität, Fairness, Wahrhaftigkeit, Loyalität und Professionalität.
Offenheit von Unternehmen gegenüber Kodizes
„Gerade das Aufkommen von Social Media, aber auch verstärkte Compliance-Anstrengungen der Unternehmen sowie Internationalisierung zwingen PR-Verantwortliche zunehmend zu neuer Verantwortung in Bezug auf Ethik und moralischen Fragen“, ist sich Bentele sicher. Zwar belegen Studien, dass mittlerweile auch viele Unternehmen auf schriftlich formulierte Kommunikationsregeln in ihrer Arbeit zurückgreifen. Doch bleiben diese Richtlinien zumeist intern und werden nicht offen nach außen kommuniziert. Dabei bieten gerade ethische Leitplanken eine wichtige Legitimationsfunktion für das Handeln gegenüber Stakeholdern und Öffentlichkeit. „Sie können helfen, das Berufsfeld PR weiter zu professionalisieren“, sagte Bentele, der auch im Feld der Öffentlichkeitsarbeit eine zunehmende Verrechtlichung des Handelns prophezeit, wie man sie beispielsweise heute schon in der Finanz- oder der Gesundheitskommunikation vorfindet.
Was können PR-Kodizes leisten?
In der Diskussion von Fallbeispielen wurde deutlich, dass PR-Kodizes vor allem als Orientierungshilfe, aber auch der Professionalisierung und der gesellschaftlichen Legitimierung des Berufsfeldes dienen. Manche PR-Aktivitäten, die bisweilen in Grauzonen stattfinden, sind grundsätzlich nicht verboten (zum Beispiel ist Lügen in der Organisationskommunikation nicht grundsätzlich verboten), wohl aber ethisch unzulässig. Ob Kodizes hingegen einen zusätzlichen Gewinn für Mitarbeiter bedeuten, durch die auch bestimmte zweifelhafte oder unmoralische Aufgaben im Berufsalltag abgelehnt werden können, blieb unter den Teilnehmern indes umstritten. Zur Reflexion über das eigene Handeln tragen ethische Grundsätze und Kodizes jedoch allemal bei. Für den Deutschen Rat für Public Relations sei wichtig, den Kommunikationskodex als „dynamisch lebendiges Leitsystem“ zu begreifen, das einer ständigen Anpassung und Verbesserung unterliegt, so Bentele abschließend.
Autor: Pascal Murmann, Sympra GmbH (GPRA), Stuttgart. Murmann unterstützt von Mai bis Ende Juli 2016 als Praktikant das Team von Sympra. Im April 2016 hatte er an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg sein Studium mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen.
Fotocredit: Sympra GmbH (GPRA), Stuttgart
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