„Die Zukunft der PR ist für mich …“ – Einen Notizzettel mit diesem noch unvollständigen Satz fanden die Teilnehmer der Ringvorlesung auf ihren Plätzen vor. Denn zum Abschluss der Ringvorlesung “Aktuelle Themen aus PR und Unternehmenskommunikation“ ging es im Rahmen einer Roundtable-Diskussion mit angeschlossenem Worldcafé um die Zukunft der PR. Die Veranstaltung fand am 24. Januar an der Stuttgarter Hochschule der Medien statt.
Im Laufe des Abends füllten sich die noch freien Zettel schnell mit Notizen, denn es gab viele Impulse und Anregungen der Diskutanten, den Satz für sich persönlich zu vervollständigen. Unter der Moderation von Norman Baumgartner blickten Hauke Hannig, Leiter der Unternehmenskommunikation bei ebm-papst, sowie Jens Cornelißen, im aktuellen Jahrgang der “30u30“ und tätig bei der Daimler Fleetboard GmbH, aus der Unternehmensperspektive auf die Zukunft der PR. Veit Mathauer, Geschäftsführer von Sympra, zeigte die Herausforderungen aus Sicht von PR-Agenturen auf und Helena Stehle von der Universität Hohenheim ergänzte die Diskussion um wissenschaftliche Impulse.
Der unsicheren Zukunft mit Mut begegnen
Welche Trends beobachten die Experten in der Kommunikation und welche Konsequenzen ziehen sie daraus? Mit Blick auf die PR-Praxis ist es wichtig, mutig zu sein – und zwar sowohl im Hinblick auf den Umgang mit Content als auch mit den Kanälen, aber auch auf individueller Ebene im eigenen Netzwerk. Um für die Unternehmen als Lotse in der sich verändernden Medienlandschaft fungieren zu können, ist es für Veit Mathauer auf Agenturseite wichtig, neue Plattformen und Kanäle auszuprobieren.
Aus der Warte der Unternehmen warnt Hannig davor, sich nicht zu verzetteln, sondern in der Kommunikation thematische Schwerpunkte zu setzen und dabei „Mut zur Lücke“ zu beweisen. Die Zeiten einer „One Voice Policy“ seien vorbei. Da spätestens durch das Social Web jeder zum Kommunikator werden könne, erfülle die professionelle Kommunikation die Funktion eines Dirigenten.
Kommunikation sei dann vielmehr eine „One Song“-Idee, den viele Stimmen als Chor prägen, so Cornelißen. Mut ist vor allem im Hinblick auf den wahrgenommenen Kontrollverlust der Kommunikation und der damit einhergehenden Entwicklung, dass die Kommunikation durch viele einzelne Stimmen geprägt wird, wichtig, beschreibt Helena Stehle. Dabei ist zentral, ein Ohr an den Stakeholdern zu haben und zuzuhören, statt vorrangig zu sprechen oder zu senden.
Beobachtung und Reflexion als Schlüsselfunktionen der PR
In der Fülle an potenziellen Kommunikationswegen zu den Stakeholdern ist es wichtig zu wissen, auf welchen Plattformen sie sich bewegen − und zwar auch zu welchen Zeitpunkten und in welchem Kontext, ergänzt Cornelißen. Das Umfeld einer Organisation rückt in den Mittelpunkt. Gerade für den PR-Nachwuchs in der Ausbildung ist es daher entscheidend, Entwicklungen im Umfeld auf der einen Seite zu beobachten, aber insbesondere auch zu hinterfragen, beschreibt Helena Stehle die Herausforderungen der Aus- und Weiterbildung in der PR. Analytische Kompetenzen sind besonders wichtig und werden ergänzt durch die Reflexion: Was bedeutet das für die Organisation? Welche Schlüsse kann ich für meine Arbeit daraus ziehen? Schließlich erfüllt die PR für das Management eine Beratungsfunktion und sollte konkrete Antworten auf Fragen der Manager zu Veränderungen und Entwicklungen in der Unternehmensumwelt liefern können.
Grenzstellenfunktion von organisationaler und individueller Natur
So verstanden befindet sich PR heute mehr denn je an der Schnittstelle zwischen Organisationen und ihrem Umfeld. Die PR berät das Unternehmensmanagement in Umfeldfragen, weil sie die Umwelt besser kennen sollte als alle anderen Abteilungen im Unternehmen. Aber die Grenzaufhebung macht auch keinen Halt vor dem Inneren des Unternehmens: Kommunikation beginnt im Unternehmen und Abteilungsgrenzen brechen auf. Mitarbeiter aus dem Marketing, Personalmanagement und der PR setzen sich im Idealfall an einen Tisch, um gemeinsam über wichtige Themen zu sprechen und zu entscheiden, so Hannig. Die Idee der Grenzstelle ist dabei nicht nur organisational, sondern auch auf der individuellen Ebene eines Kommunikators wichtig. Es geht darum, offen zu sein für die Belange der Stakeholder, aber auch für die Expertise anderer Abteilungen im Unternehmen. Veit Mathauer ergänzt, dass auch PR-Berater in Agenturen eine Grenzstellenfunktion erfüllen. Denn neben den Trends in der Kommunikationsbranche ist für sie essentiell, immer auch die Entwicklungen im und rund um die zu beratenden Unternehmen im Blick zu behalten.
„Die Zukunft der PR ist für mich …“
Um abschließend noch auf den Notizzettel zurückzukommen: Wie sieht sie nun aus, die Zukunft der PR? Auf die persönliche Ebene heruntergebrochen, geht es um ein kontinuierliches Ausloten der eigenen Arbeit zwischen proaktivem, mutigem Ausprobieren, das auch Fehler aushält und toleriert, und einem reflektierten Blick auf die Geschehnisse in und um die Organisation sowie das eigene Tun. Beim anschließenden Get-Together tauschten sich die Teilnehmer zu ihren persönlichen Einschätzungen zur Zukunft der PR aus, kamen mit den Podiumsgästen ins Gespräch und ließen den Abend gemeinsam ausklingen.
Autoren: Alena Kirchenbauer und Andreas Biesinger sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Fachgebiet Kommunikationswissenschaft und Journalistik der Universität Hohenheim und Sprecher der Young Professionals der DPRG Landesgruppe Baden-Württemberg.
Fotocredit: Andreas Biesinger
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