Die Schlagzeilen der letzten Monate haben unser Vertrauen in die kommunikative Onlinewelt stark erschüttert. Social Bots und Fake News sollen uns den Brexit und Donald Trump beschert haben. Aber was genau sind eigentlich Social Bots und welche Arten von Bots gibt es? Antwort auf diese und viele weitere Fragen gab am 22. Februar der Experte Giovanni Bruno, DPRG-Mitglied und Inhaber einer Digitalagentur. „Hinter allen Bots und Fake News stecken Menschen, die diese digitalen Armeen züchten, steuern und damit gefälschte Informationen und Meinungsklima verbreiten. Dabei sehen die transportierten Medien meist verblüffend echt aus, wie etwa Kopien der Tagesschau oder vom Spiegel.“
Die DPRG setzte mit dieser morgendlichen Veranstaltung ihre EarlyBird-Reihe fort. Der Einladung ins Berliner Spreegold sind viele Mitglieder und Interessierte gefolgt. Bruno verwies auf Informations- und Erklärungsgrafiken und spricht über die Entwicklung und Steuerung von Social Bots. „Bots erkannte man auf Twitter häufig an der hohen Frequenz der Postings. Heutzutage wird nur wenige Male pro Tag gepostet, was einen erschreckenden Lerneffekt aufzeigt: Programmierer und Bots reagieren auf Reaktionen mit Anpassungen und entwickeln damit eine Immunität gegen automatisierte Alarmsysteme, wie das von Facebook“.
Social Bots agieren und lernen wie menschliche Profile
Ein Thema, das für viele der Zuhörer neu zu sein schien, ist, dass offene Freundeslisten die Bots zur Profil-Nachahmung einladen und damit eine „eigenständige Fortpflanzung“ der Bot-Netzwerke ermöglicht wird. Giovanni Bruno schildert, dass Bots Algorithmen und Befehlen nachgehen und imstande sind zu „lernen“. Diese Social Bots beziehungsweise Fake-Profile entwickeln innerhalb kurzer Zeit eine Vita, die für Außenstehende häufig echt wirkt und auf vermeintlich menschliches Verhalten beziehungsweise vermeintlich menschliche Meinungsäußerung hindeutet. Dass Bots anhand der vielen Shares, anonymen Profile und anderen „Indizien“ erkennbar sein sollen, hält Bruno für unwahrscheinlich. Sie sehen nicht nur wie menschliche Profile aus, sie agieren und lernen auch so. Die Daten zum Befüllen der Website kämen aus dem Internet, es soll sogar ganze Handelsplattformen im Darknet geben, die einsatzbereite Accounts und „Daten-Befüllungsmaterial“ anbieten.
Verifikation für jedes Nachrichtenmedium
In einer abschließenden Diskussion wurden Lösungsansätze für die Risiken, die diese Fake-Profile mit sich bringen, gesucht. Auch hier zeigte sich, wie tief dieses Thema wirklich geht. Denn wussten Sie, dass Bots auf Facebook nur deshalb agieren können, weil Facebook eine offene API − eine sogenannte Applikation Programming Interface, also eine freie „Schnittstelle“ − zur Verfügung stellt? Wir auch nicht. Eine Möglichkeit, gegen die Social Bots anzugehen, so schließt das Plenum, wäre die generelle Einführung einer Verifikation für jedes Nachrichtenmedium. Kontrolliert oder geführt werden könnte dies von einer unabhängigen Initiative oder einem Journalistenverband. Seitenbetreiber könnten zum Beispiel einen grünen Haken, ein Siegel oder Ähnliches erhalten und sich als unabhängiges Nachrichtenmedium auszeichnen lassen.
Quintessenz des EarlyBird Vortrages ist, dass User im Web generell wachsamer sein sollten und dass eine stärkere Auseinandersetzung mit den Medien, die man konsumiert, notwendig ist.
Referent Giovanni Bruno und Sabine Clausecker, Vorstandsvorsitzende der Berliner Kommunikationsagentur CB.e und DPRG-Schatzmeisterin, sind froh, „dass das EarlyBird auf ein breites Interesse gestoßen ist, immerhin trägt die DPRG als PR-Verband eine große Verantwortung in der Kommunikation mit Stakeholdern. Wir haben uns für die Zukunft vorgenommen, mehr Events zu veranstalten, um Mitgliedern, PR-Fachleuten und Interessenten einen informativen Austausch innerhalb eines bunten PR-Netzwerkes zu ermöglichen“, so die abschließenden Worte von Sabine Clausecker. Auf die Frage, welches aktuelle Thema im nächsten EarlyBird behandelt werde, antwortet sie schmunzelnd: „Lassen Sie sich überraschen, es wird wieder am Puls der Zeit und relevant für die PR-Branche sein.“
Fotocredits: Thomas Scharfstädt, Berlin
Sabine Clausecker
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