Die DPRG Landesgruppe Berlin/Brandenburg lud für den 30. November zu einem exklusiven Ausstellungsbesuch nach Potsdam ein: “Reformation und Freiheit. Luther und die Folgen für Preußen und Brandenburg“. Meine Tochter und ich, wir bekommen an diesem Abend im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte am Neuen Markt in Potsdam exzellente Luther-Einblicke. Denn durch die Ausstellung führt uns auf freundliche Vermittlung von Kulturland Brandenburg mit Leidenschaft die Kuratorin, Ruth Slenczka. Die hat Humor und enorme Sachkenntnis über den größten Kommunikator der frühen Neuzeit. Wir erinnern uns möglicherweise: In der Geschichte vom Thesenanschlag Luthers an der Tür der Wittenberger Schlosskirche 1517 hat der Beginn der Reformation sein dauerhaftes Symbol gefunden. Ohne Sinnbild blieb dagegen die ungeheure kommunikative Sprengkraft von Luthers Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“, mit der er 1520 öffentlich auf den gegen ihn gerichteten päpstlichen Bann reagierte.
Die 30 Thesen reformatorischer Glaubensinhalte elektrisierten Luthers Zeitgenossen und machten das Buch zum meistgedruckten und publizierten Werk des 16. Jahrhunderts. Ausgehend von dieser Schrift Luthers fragt die Ausstellung in Potsdam, die wir heute erleben können, nach der Sprengkraft der reformatorischen Glaubensinhalte in der Zeit des Umbruchs am Beginn der Neuzeit. Sie begreift dabei Freiheit als Dreh- und Angelpunkt der Reformation: Freiheit vom Papst, politische Autonomie, Rebellion und Widerstand sowie Freiheit als Grundrecht.
Ich kann diese Ausstellung gerade für Kommunikationsleute nur empfehlen. Sie ist noch bis zum 21. Januar 2018 zu sehen. Ruth Slenczka, bei der man sich über Kulturland Brandenburg gut anmelden kann, hat uns auf konzise Weise gezeigt, wie der Reformator Luther seinerzeit Grundlagen für ein erfolgreiches Kommunikationsmanagement bereitete. Die Parallelen zur Gegenwart, das wird mir in der Ausstellung schnell klar, sind mindestens verblüffend.
Zu Luthers wilden Zeiten, in der religiös und gesellschaftlich transformativen, durchwirbelten Welt des beginnenden 16. Jahrhunderts also, kamen auf wundersame Weise etwa „Content“, „Visualisierung“ und „Neue Medien“ zusammen. Der Buchdruck ist erst wenige Jahrzehnte alt und liegt im Dornröschenschlaf. Wie niemals zuvor wird ein Konterfei, Luthers Kopf nämlich, gezeichnet von Cranach, in solch hoher Auflage hergestellt und überregional verbreitet. Luther war Stratege und Geschäftsmann mit eigenem Label. In seiner ‚Agentur‘ kombinierte er kommunikatives und gesellschaftliches UMBRUCH-Wissen. Das hatte es in dieser ausgeklügelten Verbindung bis dato so nicht gegeben.
In Luther kamen auf eine ganz verblüffende Weise politische, wirtschaftliche, kulturelle und kommunikative Strömungen zusammen, die er zu deuten und zu nutzen wusste. Umso bedauerlicher, dass er auch als Antisemit frühe Weichen stellte. Aber darum geht es in dieser Ausstellung nicht und muss es ja auch nicht. Luther arbeitete, stets von der Idee der Freiheit bis aufs Mark durchsotten, wenn man so will zugleich als Übersetzer für Volk und Adel (siehe nur selten zu bestaunende, handgearbeitete silberne Bibeldeckel in der Ausstellung), als Vertriebsprofi (siehe sein europaweites Netz an Vertriebspartnern und -wegen) und als Public Affairs Manager (siehe seine stringente Netzwerkpflege in Richtung Preußen). Also: Nix wie hin. Potsdam ist immer eine Reise wert. Mit und ohne Luther. Und das Kulturland Brandenburg sowieso.
Autor: Gerhard Mahnken (Foto) arbeitet als Coach und Kommunikationsberater und ist Beisitzer im DPRG-Landesvorstand Berlin-Brandenburg.
Bildunterschrift: Lucas Cranach d.Ä.: Martin Luther, um 1532, Foto: The Duke of Buccleuch & Queensberry KBE, Bowhill, Selkirk, Schottland.
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