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News / Virtueller Workshop zur Gewaltfreien Kommunikation
12.04.2019   Berlin/Brandenburg
Virtueller Workshop zur Gewaltfreien Kommunikation
Kommunikation lebt von direkter Interaktion. Die Ebenen dafür sind vielfältig. Wer in der Schulzeit vor dem Pult saß oder später dozierend dahinter, kennt das. Direkte Interaktion folgt bei virtuellen Veranstaltungen mit Kamera und Mikrofon vor dem Rechner jedoch eigenen Dynamiken. Deren Erprobung steckt vielerorts noch in den Anfängen.
Wir fragten uns deshalb: Kann ein virtueller Workshop zur stark sinnlichen Methode Gewaltfreie Kommunikation (GFK) überhaupt klappen? Wir haben das einfach einmal ausprobiert. Und waren positiv überrascht. Nachdem wir in den letzten zwei Jahren von der Landesgruppe Berlin-Brandenburg der DPRG zusammen mit der Diploma Hochschule in Berlin zwei Präsenzworkshops zur Gewaltfreien Kommunikation (siehe Beiträge hier und hier) durchgeführt hatten, starteten wir am 4. April unser Pilotprojekt mit 35 Teilnehmern im virtuellen Raum der Hochschule, die zu den Pionieren der virtuellen Lehre in Deutschland gehört.
 
Gewaltfreie Kommunikation (GFK)
Gewaltfreie Kommunikation wird als Methode wiederentdeckt. Wir meinen, die GFK kann ein gesundes methodisches Gegengewicht zu digitalen Kommunikationsstilen, Diskursformen und Qualifizierungsmöglichkeiten für PR-Profis bieten.
Das GFK Konzept wurde von Marshall B. Rosenberg vor dem Hintergrund der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung in den sechziger Jahren entwickelt. Zentrale Ideen sind: Zuhören, auf Sprache konzentrieren und fundmentale kontextbestimmende Bedürfnisse des Gegenübers erkennen sowie Sensibilisierung des Individuums für Fremd- und Selbstwahrnehmungen und Wirklichkeitskonstruktionen. Das Konzept ist heute weltweit verbreitet und wird auf einer Vielzahl von Ebenen genutzt. So wird es im internationalen Zusammenhang bei Institutionen wie der UNO oder im Bildungsbereich angewendet, aber auch zur Lösung von Konflikten in privaten Beziehungen. Als grundlegende Methode trägt die GFK dazu beipielsweise in den Bereichen Therapie, Beratung, Verhandlungen, Diplomatie bei, Bedürfnisse und Motivationen hinter Konflikten zu erkennen, zu benennen und aufzulösen. Im Coaching-und Mediationsgeschäft ist die GFK längst die zentrale Methode zur Auseinandersetzung und Aufdeckung offener und verdeckter Gewaltformen in Kommunikationen geworden.
Ziel der GFK ist ein professionellerer, bewussterer Umgang mit Sprache, Emotionen, Affekten, Wahrnehmungen und Konflikten. Übergeordnetes Ziel ist die Erhöhung der Selbst- und Fremdwahrnehmung und die souveräne Steuerung von Kommunikation unter schwierigen Bedingungen.
 
Hoher Nutzwert für PR-Agenturen und Berater
Man könnte auch sagen: Es geht bei der GFK um Emotionsmanagement. Es geht dabei nicht um die Eintrittskarte für Gutmenschen in den Kommunikationshimmel. Es geht um Effektivität, Kostenersparnis und um die weitestgehende Vermeidung unnötiger Reibungskosten im Kommunikationsgeschäft gegenüber Kunden und Kollegen. Erstaunlicherweise ist das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation in der PR-Branche bisher wenig bekannt. Dabei bietet die Methode konkrete Potentiale für das Kommunikationsmanagement. Hier eine Auswahl:
  • Steuerung von offenen digitalen Gewaltformen
  • Steuerung von verdeckten digitalen Gewaltformen
  • Erhöhung der Kundenzentrierung
  • Verbesserung der Mitarbeiterbeziehungen
  • Vermeidung von Konfliktkosten im Unternehmen
  • Differenziertere Briefings- und Re-Briefings
  • Implementierung subjektiver Bedürfnis-Ebenen (für Konzepte)
  • Identifizierung von Konflikten im Kundenumfeld
  • Identifizierung von Konflikten im Mitarbeiterumfeld
  • Selbst-Reflexion für Berater und Beraterinnen

Das Konzept der GFK fokussiert dabei − wie gesagt − auf direkte Kommunikation und geht in wertschätzender und emphatisch-professioneller Grundhaltung eher analog auf Individuen ein. Meist eher Auge in Auge also. Dies widerspricht eigentlich den Möglichkeiten einer virtuellen Veranstaltung, wie wir sie im April 2019 in Berlin ausprobierten. Wir wurden eines Besseren belehrt.
 
Erfahrungen im virtuellen Raum
Auch eine virtuelle Veranstaltung lebt nämlich von der Interaktion. Diese gilt es sorgfältig so zu steuern, dass die Teilnehmenden gleich am Anfang zu eigenen Wortbeträgen und zur Beteiligung ermutigt werden. Schließlich kann man in einer Präsenzveranstaltung genauso wegdösen, wie man sich virtuell wegschalten kann. Allerdings können Bildschirm und Technik gerade für Anfänger als besondere Hürde wirken. Letztendlich ging es uns um Beteiligung möglichst vieler Teilnehmer. Das klingt banal, hat es aber in sich: Viele Webinare sind immer noch dadurch gekennzeichnet, dass nur eine oder wenige Personen zuhören. Deshalb muss man im Vorfeld einer virtuellen Veranstaltung nach unseren bisherigen Erfahrungen Pluralität organisieren. Alles andere ist nach unserer Überzeugung pseudo-interaktiv. Erste Gehversuche nur im neuen Raum … .
Wie viele Teilnehmer schalten sich mit Kamera dazu, wie viele beteiligen sich direkt per Mikrofon an Fragen und Diskussionen und wie viele sind im Chat aktiv? Welche Beteiligungs-und Aktivierungsformen sind möglich? Das sind die Fragen, die uns umtreiben. Auch das Bündeln von Ergebnissen und die Dokumentation waren uns in unserem GFK-Pilot-Workshop ganz wichtig. Wir haben beispielsweise Arbeitsgruppen in sechs virtuellen Arbeitsräumen mit Ergebnispräsentationen in der Gesamtgruppe durchgeführt und verschiedene Abstimmungstools eingesetzt. Wie in der der realen Lehre: Es zählt die Methodenvielfalt, der Inhalt und die interessante, lebendig gesprochene Präsentation!
Hilfreich war es auf jeden Fall, die Veranstaltung zu zweit durchzuführen. Eine Person ist nur für den vitalen Vortrag und Antworten verantwortlich und die andere kümmert sich um die Moderation und Teilnehmerfragen im Chat. Wir, Carsten Kolbe-Weber und Gerhard Mahnken, saßen beide als Veranstalter im gleichen Raum. Für einen Abend waren wir Thomas Gottschalk und Günter Jauch. Das hat Spaß gemacht. Es gab für uns eine unverhoffte Verschränkung mit der virtuellen Realität am Bildschirm vor uns und mit dem Blick und der Abstimmung über den Bildschirm hinweg im realen Raum. Alles mit einem Hauch Humor und Selbstironie in diesem verflixten virtuellen Raum.
 
Mehrwert für die DPRG insgesamt
Für uns als Landesgruppe Berlin-Brandenburg war die Veranstaltung also ein Pilotprojekt. Was könnte es für die Zukunft bringen? Zum Beispiel dies: Eine Reihe von Mitgliedern wohnt in Brandenburg ("jwd"), hat familiäre Verpflichtungen oder ist noch beruflich abends eingespannt. Kurzum: Es gibt bekanntlich eine Reihe von Gründen, an Veranstaltungen nicht dabei sein zu können, obwohl man es gerne möchte. Virtuelle Veranstaltungen vom heimischen Rechner aus können hier eine Lösung sein, mehr am DPRG-Verbandsleben teilzunehmen und die berühmt-berüchtigte No-Show Quote womöglich etwas zu senken (also sich anmelden, aber nicht kommen).
Unser Eindruck war so durchweg positiv wie auch das Feedback der Teilnehmer, die sich ausdrücklich eine weitere Veranstaltung wünschten. Wir haben mit unserem Pilotprojekt als DPRG-Landesgruppe Berlin-Brandenburg gestartet. Das Schöne am virtuellen Raum ist ja eben, dass es geographische Grenzen so nicht mehr gibt. Was spricht also dagegen, dass bei der nächsten Veranstaltung nicht alle DPRG-Mitglieder von Flensburg bis Passau, von Dresden bis Saarbrücken teilnehmen könnten? Wir hätten dazu Lust. Sie auch?
Mit herzlich-virtuellen Grüßen
Dr. Carsten Kolbe-Weber & Gerhard Mahnken
 

Landesgruppe

Berlin/Brandenburg

Mit Seminaren, Workshops und Tagungen engagiert sich unsere rund 300 Mitglieder starke Landesgruppe für die Professionalisierung des PR-Berufsstandes. Die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg bietet uns als herausragender Politik-, Wissenschafts-, Kultur- und Medienstandort die ideale Plattform, um Praktiker*innen und Theoretiker*innen sämtlicher Kommunikationsdisziplinen zusammenzuführen. Aktives Networking für den kreativen, innovativen Dialog ist unsere Devise. Wir verstehen uns als offenes, transparentes, auf fachlichen Austausch ausgerichtetes Netzwerk von und für Entscheider*innen, Mitarbeiter*innen und Young Professionals in der PR- und Kommunikationsbranche.

Kontakt: berlin-brandenburg(at)dprg.de

Ansprechpartner

Vorsitzender
André Puchta
Stv. Vorsitzende
Sandra Pabst
Stv. Vorsitzende
Beate Kiep
Beisitzer: Giovanni Bruno, Raymond Naseem, Dr. Carsten Kolbe-Weber